Planschen ohne Seepferd: Etliche können nicht schwimmen

30.7.2013, 19:18 Uhr
Vorbildlich: Diese Kinder besuchten einen Schwimmkurs.

© Karlheinz Daut Vorbildlich: Diese Kinder besuchten einen Schwimmkurs.

Die aktuelle Badesaison hat bereits einige Opfer gefordert  – auch Franken blieb nicht verschont. Dabei ist sich die DLRG sicher: „Schwimmkenntnisse hätten in manch einem Fall Leben retten können“, sagt Elisa Klum von der DLRG.

Der Fürther Bäderleiter Ralf Döhler, der für das Fürthermare ebenso zuständig ist, wie die Hallenbäder Scherbsgraben und Stadeln, merkt die verschlechterten Schwimmkenntnisse seiner jungen Badegäste: „Früher mussten wir zwei bis drei Kinder pro Saison aus dem Wasser ziehen. Heuer sind wir schon bei neun – und die Saison hat ja erst im Mai begonnen.“ Er  hat bereits Konsequenzen gezogen: „Statt vier haben wir erstmals fünf Beckenaufsichten.“

Spaßbad statt Baggersee

Doch woran mangelt es dem Nachwuchs? Zwar gibt es sehr wohl Eltern, die mit ihren Kindern zum Babysschwimmen gehen, doch auch das Gegenteil ist oftmals der Fall. Döhler gibt deshalb den Eltern eine Teilschuld: „Manche  führen ihre Kinder nicht mehr ans Wasser heran.“ Besuchte man früher einen Baggersee, gehe man heutzutage hauptsächlich in Spaßbäder, die nur geringe Wassertiefen haben. Die Folge: Der Bezug zum tiefen Wasser fehlt.

Immer wieder erlebe er es, dass die meist Vier- bis Siebenjährigen ins tiefe Becken springen, obwohl sie nicht schwimmen können. Die Bademeister müssen die fehlende Erziehung im wahrsten Sinne des Wortes ausbaden. Ähnlich sieht es die Direktorin des Fürther Schulamtes, Ulrike Merkel: „Es ist oft nicht mehr so, dass man vor der Einschulung einen Schwimmkurs macht. Der Auftrag wird dem Aufgabenbereich der Schule übertragen.“ In Fürth gelinge es zwar sehr häufig, dass die Kinder zum Ende der Grundschulzeit „wenigstens Grundkenntnisse haben, im Idealfall sogar das Seepferdchen“. Doch nicht überall ist dies der Fall, weiß Elisa Klum von der DLRG: „Viele Lehrer sind zu zweit oder gar alleine  im Schwimmunterricht. Je höher die Nichtschwimmerrate, desto schwieriger wird es.“

Öfter Schwimmen ist nicht möglich

Anja Kotter, Betriebsleiterin der Fackelmann Therme Hersbruck formuliert es drastischer: „Schwimmen lernen während des Unterrichts ist nur mit ganz, ganz großem Engagement der Lehrkräfte möglich.“ Dies sei zwar bei den Schulklassen in ihrem Umkreis durchwegs gegeben, dennoch muss sie sich als Betriebsleiterin eingestehen: „Wir können gar nicht alle bedienen.“ Vereine und Schulklassen würden gerne öfter in der Woche zum Schwimmen kommen. Das sei aufgrund der Kapazitäten aber gar nicht möglich.

Während in Erlangen das Hallenbad Frankenhof sowie die Hannah-Stockbauer-Halle zum Bahnenziehen dienen, hüpfen die Schüler in Nürnberg ins Nordostbad, das Südstadtbad, das Katzwangbad oder in die Schwimmhalle in Altenfurt. Wer wann wo wie lange schwimmen darf, entscheidet das Schulreferat. Neben den vier Nürnberger Bädern wird auch das alte Langwasserbad noch eifrig genutzt: Zwar entsteht direkt nebenan eine neue, riesige Schwimmhalle, doch bis zur Eröffnung bleibt das  alte Bad   geöffnet: „Dort findet so viel Schwimmunterricht statt. Eine Schließung wäre für Schulen und Vereine katastrophal“, berichtet Manuela Haunberger, Pressesprecherin der städtischen Bäderverwaltung „NürnbergBad“.

Der Bedarf an Wasserflächen ist auch im Landkreis Fürth enorm. Geschäftsführer Andreas Steinhart vom Palm Beach berichtet: „Wenn im Landkreis Bäder geschlossen oder saniert werden, steigen bei uns die Anfragen. Aber auch wir bringen gar nicht alle unter.“ Seit 20 Jahren sind montags bis freitags, von 8 bis 16 Uhr, die Bahnen im Sportbecken für Schulklassen und Vereine gesperrt.

Unterstützung der Lehrkräfte soll helfen

Dem Lehrplan zufolge muss Schwimmen die gesamte Grundschulzeit über angeboten werden. „Ein durchgängiger Unterricht ist in der Praxis aber gar nicht möglich“, schildert Gerald Klenk, der stellvertretende fachliche Leiter des Staatlichen Schulamtes im Landkreis Nürnberger Land:  „Bislang habe ich  keine Klagen von Schulfachberatern, Eltern oder Lehrern gehört, dass es so nicht klappt.“ Klenk versichert: „Wir haben ausreichend Kapazitäten im Landkreis.“ So besitze die Grund- und Mittelschule Velden ein eigenes Bad. Altdorf würde gerade ein neues Schwimmbad bauen, um seine Kapazitäten zu erweitern.  Dennoch möchte er sich kein Urteil darüber erlauben, „ob wirklich alle Kinder nach der vierten Klasse richtig schwimmen können.“

Hier setzt das Angebot „Seepferdchen für die Metropolregion“ an. Das Forum Sport für die Metropolregion Nürnberg kooperiert hierfür mit Schulen, damit diese ihren Anteil an Nichtschwimmern senken können. Zwei Freiwilligendienstler helfen den meist ein bis zwei Lehrkräften im Schwimmunterricht aus. Durch die Verstärkung soll besser auf die schwachen Schwimmer eingegangen werden können, ohne dass die guten allzusehr darunter leiden.

Die DLRG lobt das Angebot – hat sie doch ein ähnliches Angebot in petto. Doch Elisa Klum geht noch einen Schritt weiter: „Das Seepferdchen ist eine gute Basis, aber kein ausreichendes Schwimmabzeichen. Denn die dafür benötigten 25 Meter Schwimmen schafft man auch mit Hundegepaddel.“ Erst das Bronzeabzeichen versetze Kinder in die Lage, sich im Notfall selbstständig wieder an Land zu retten und auch bei einem Sturz in tiefes Wasser oder beim Wasserschlucken noch souverän zu reagieren.

19 Kommentare