Prozess gegen Schläger von Amberg beginnt heute

23.4.2019, 05:56 Uhr
Prozess gegen Schläger von Amberg beginnt heute

Ab Montag wird im Amtsgericht Amberg ein Gewaltausbruch verhandelt, der zu Jahresbeginn ganz Deutschland aufgeschreckt hatte: Drei Afghanen und ein Iraner (zur Tatzeit 17 bis 19 Jahre alt) sollen, offenbar grundlos und im Rausch, am Abend des 29. Dezember auf Menschen losgegangen sein. Normalerweise eine Polizeimeldung für die Lokalzeitung, auch wenn die Zahl der Verletzten mit 15 unüblich hoch klingt.

Und doch sorgte die Prügelorgie bundesweit für Schlagzeilen. Immer mehr Kamerateams kamen in die Stadt, drei bis vier NPD-Anhänger reisten in die Oberpfalz und inszenierten sich als Bürgerwehr, Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der sich selbst einen "Gefühljuristen" nennt, sprach von einem "Gewaltexzess" und forderte via Bild-Zeitung schärfere Gesetze.

Ermittlungen dauerten vier Monate lang

Außerdem interviewte das Heute-Journal des ZDF Ambergs Oberbürgermeister Michael Cerny – und in bemerkenswertem Kontrast zu seinem Kollegen an der Parteispitze gab sich der oberpfälzische CSU-Politiker bedacht: Er nannte die bundesweite Aufregung in Politik und Medien "überdimensioniert", und beschrieb Amberg mit seinen 42.000 Einwohnern als schöne – und ziemlich durchschnittliche Stadt, in der es auch ein Nachtleben gibt, mit Jugendlichen, die um drei Uhr betrunken aus der Disco kommen, sich provoziert fühlen und auch mal schlägern. Dass es unter Alkoholeinfluss zu Körperverletzungen kommt, sei in ganz Deutschland immer wieder zu sehen.

Vier Monate später sind die Ermittlungen abgeschlossen, Anklage ist erhoben, die Staatsanwaltschaft geht von 21 attackierten Menschen aus. Die meisten der 15 verletzten Personen erlitten Prellungen und Blutergüsse, ein Jugendlicher kam wegen des Verdachts auf eine Gehirnerschütterung in ein Krankenhaus.

Die Polizei konnte an jenem Abend innerhalb von zwei Stunden die vier verdächtigen Schläger festnehmen, sie sitzen seither in U-Haft in verschiedenen Gefängnissen. Die Anklage wirft ihnen gefährliche Körperverletzung vor, drei von ihnen auch Beleidigung. Neben Alkohol sollen auch Drogen im Spiel gewesen sein.

Bürgermeister rät eigenen Kindern nicht zu besonderer Vorsicht

Wer regelmäßig Strafverfahren verfolgt, muss – leider – feststellen, dass Körperverletzungen und auch Prügel-Angriffe wie diese zum Alltag im Amtsgericht gehören. Häufig spielen Armut, Arbeitslosigkeit und Alkohol eine Schlüsselrolle, und weil im Leben von nicht wenigen jugendlichen Straftätern so gar nichts klappt, plustern sich viele auf, knacken Automaten oder verprügeln andere – dies verschafft wenigstens negative Anerkennung. Alkoholkonsum kommt hinzu. Gäbe es den Alkohol nicht, wäre die Arrestanstalt halb leer – erinnert sei nur an die Schlägereien, die sich jedes Wochenende rund um Nürnbergs Diskotheken abspielen. Erst trinken, dann schlagen. Dazu kommt Gruppendruck.

Zurück nach Amberg: Rathauschef Michael Cerny hat selbst Kinder, öffentlich betont er, dass er ihnen bis heute nicht zu besonderer Vorsicht in Amberg rät.

Um zu rekonstruieren, was an jenem Abend in Amberg geschah, kalkuliert das dortige Amtsgericht derzeit mit 25 Sitzungstagen – ein Zeitaufwand, der eher zu einem aufwendig geführtem Mordprozess passt oder einem Wirtschaftsstrafverfahren. Vermutlich ist das dem enormen öffentlichen Interesse an dem Gewaltausbruch und der überhitzt geführten Migrationsdebatte geschuldet.

Nicht lernfähig

Natürlich sträuben sich einem die Haare, wenn einige, die hier einreisen und Hilfe suchen, mit der Idee von Freiheit, Rechtsstaat und der Gleichberechtigung der Frau nichts anfangen können und sich nicht lernfähig zeigen. Wer wiederholt straffällig wird, verdient unsere Solidarität und unseren Schutz nicht mehr, haben Politiker wiederholt betont.

Ob es in Amberg aber um solche Straftäter geht, muss sich erst zeigen. Die 25 Sitzungstage, mit denen das Amtsgericht plant, deuten auch darauf hin, im öffentlichen Verfahren zu zeigen, dass die Bewertung von Recht und Unrecht in einem deutschen Gerichtssaal nicht von der Herkunft abhängt.