Qualität vom Landwirt bis zur Ladentheke? So läuft eine QS-Kontrolle ab

24.4.2019, 06:00 Uhr
Zusammen mit Landwirt Jürgen Dierauff misst der Auditor Peter Wißmüller die Fläche, die den Tieren im Stall zur Verfügung stehen.

© Anne Kleinmann Zusammen mit Landwirt Jürgen Dierauff misst der Auditor Peter Wißmüller die Fläche, die den Tieren im Stall zur Verfügung stehen.

Jürgen Dierauff steht schon bereit, da biegt der Wagen des Kontrolleurs gerade erst von der asphaltierten Landstraße auf den Schotterweg ab. Arme verschränkt, schwarze Gummistiefel, graue Hose, gelbe Handschuhe. "Leg mer gleich los," sagt er, nachdem der Wagen vor dem Stall zum stehen gekommen ist.

Dierauff, 48, Landwirt, betreibt Schweinemast in Markt Nordheim im Landkreis Neustadt-Bad Windsheim. Schon sein Großvater und sein Vater hatten einen Hof, erst durch ihn begann die Familie aber mit der Schweinemast. Einer seiner Ställe soll heute von dem Unternehmen QS Qualität und Sicherheit genau überprüft werden. Nervös ist Dierauff deswegen nicht. "Ich mache das ja jetzt schon lange, da entwickelt man eine gewisse Gelassenheit."

QS steht für "Qualität und Sicherheit". Mit ihrem zugehörigen Siegel, ein blauer Pfeil mit angedeuteten Stufen eines Kreislaufes, verspricht das Unternehmen "geprüfte Qualitätssicherung" - und zwar auf allen Stufen der Lebensmittelproduktion vom Stall bis zur Ladentheke. 2001 gegründet, sind mittlerweile fast alle Betriebe flächendeckend dabei, auch in Bayern: 17.575 Betriebe, die Schweine- Geflügel- oder Rinderhaltung betreiben, sind als Systempartner registriert. Die Teilnahme ist freiwillig, wird allerdings von fast allen Schlachthöfen als Mindeststandard vorausgesetzt, erklärt Dierauff. "Ohne QS-Siegel kann man seine Tiere nicht mehr verkaufen." Dass er an dem System teilnimmt, hat aber noch einen anderen Grund. "Das ist für mich auch eine Eigenkontrolle, schließlich habe ich hier die Beweislast, dass alles einem gewissen Standard entspricht."

Maximal zwölf Wochen, dann geht es zum Schlachter

Dass sich Dierauff daran hält, wird heute von Peter Wißmüller kontrolliert. Der Auditor — so nennt QS seine Kontrolleure — ist allerdings nicht bei dem Unternehmen selbst angestellt, sondern gehört einer unabhängigen Zertifizierungsstelle an. "Damit stellen wir sicher, dass die Auditoren neutral sind", heißt es dazu von dem Unternehmen.

Mit einem blauen Klemmbrett, auf dem deutlich das QS-Siegel prangt, steuert Wißmüller zunächst den Tiertransporter an, mit dem die neuen Ferkel für die Mast abholt werden. Etwas über 50 Quadratmeter verteilt auf drei Ebenen für rund 200 Ferkel, der Auditor fragt alles genau nach, prüft und kritzelt auf sein Klemmbrett. Dann will er den Stall sehen. Also Schuhe aus, Gummistiefel und Schutzanzug an, Hände waschen, erst dann öffnet der Landwirt die schwere Tür, auf der ein gelbes Schild mit der Aufschrift "Schweinebestand - für Unbefugte betreten verboten" angebracht ist.


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Der Stall ist in mehrere Räume aufgeteilt. Der erste ist aktuell unbesetzt, weil die Schweine bereits zur Mast abgeholt wurden. Dafür wird der Raum nun mit Sprühregen aus den Sprinkleranlagen an der Decke gereinigt, bevor die neuen Ferkel eintreffen. Die nächsten beiden Räume sind dagegen voll. Rund 300 Tiere hat Dierauff derzeit an diesem Standort; insgesamt sind es aktuell rund 2400. Keines der Tiere bleibt allerdings lange bei ihm. Vier Wochen werden die Ferkel gesäugt, sechs bis acht Wochen kommen sie in die Aufzucht, bevor es mit rund 110 Kilo zum Schlachter geht.

Ob sie in der Zwischenzeit genügend Platz zur Verfügung haben - bei einem 110 Kilogramm schweren Schwein, muss es mindestens ein Quadratmeter sein - überprüft der Auditor mit verschiedenen Messgeräten. Dabei muss er den Platz von Futter- und Wassertrog von der Nutzungsfläche der Tiere abziehen. Daneben überprüft Wißmüller auch noch die Größe der Fenster und die Temperatur. Entsprechen die nicht gewissen Standards, muss der Landwirt nachrüsten, verliert im äußerten Fall seine QS-Zertifizierung. Bei Dierauff findet der Auditor allerdings fast keinerlei Beanstandungen. Lediglich kleinere Hinweise, wie etwa seinen Lageplan für den Hof noch genauer zu beschriften, mahnt der Auditor an.


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Für Dierauff ist die Kontrolle damit vorbei. In diesem Jahr wird es allerdings nicht die Letzte bleiben, schließlich hat der Landwirt noch weitere Ställe. Genervt davon ist er trotzdem nicht: "Ich lerne ja auch immer was dabei." Überhaupt mache er seinen Beruf aus Leidenschaft. "Man hat zwar kein geregeltes Leben, aber das muss man halt mögen."

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