10 Jahre Rothmühl-Passagen: Kollektives Kopfschütteln

17.8.2019, 09:00 Uhr
10 Jahre Rothmühl-Passagen: Kollektives Kopfschütteln

© Günther Mühlöder

Ganz ernst hat er es nicht gemeint, aber ein bisschen schon: Auf die ungewisse Zukunft der Rothmühl-Passagen angesprochen, hatte Ralph Edelhäußer vor wenigen Wochen geflachst: "Das Gelände ist auch eine gute Gegend zum Wohnen."

Wobei der Rother Bürgermeister freilich weiß, dass das Gelände nicht der Stadt gehört und dass vor zehn Jahren darauf eine Einkaufswelt eröffnet worden ist, mit der der Rother Stadtrat mehrheitlich einverstanden war.

Aber das Thema Wohnen statt oder in Kombination mit Verkaufsflächen plus Hotel plus Hallenbad auf dem Gelände der früheren Vereinigten Aluminiumwerke (VAW) war damals schon im Gespräch. Und heute?

Als Ralph Edelhäußer jetzt — kurz vor dem zehnten Passagen-Geburtstag – mit Blick auf die leerer werdenden Ladenflächen vom Wohnen sprach, rief das gleich Elisabeth Bieber auf den Plan.

Bürger wollten die Passagen verhindern

Die Stadträtin der Freien Wähler hatte im Jahr 2006 zusammen mit mehreren Rotherinnen und Rothern sogar eine Bürgerinitiative gegründet und ein Bürgerbegehren angestoßen, um das damals geplante Fachmarktzentrum zu verhindern. Und den Bürgerentscheid gewonnen! Mit einer Dreiviertel-Mehrheit hatten sich die Bürgerinnen und Bürger kraftvoll gegen das Projekt ausgesprochen.

Doch der Bamberger Projektentwickler Peter Klappan zog eine abgespeckte Version aus der Schublade. In der war anfangs schon noch vom Wohnen die Rede, außerdem von kleinteiligen Verkaufsflächen. Später rutschten die Pläne eindeutig Richtung "Rothmühl-Passagen", wie das Projekt bald genannt wurde.

Heute sind manche Stadträte nicht glücklich über die Entwicklung der anfangs enthusiastisch gelobten Passagen. "Enttäuscht und traurig" sei sie, sagt Elisabeth Bieber, denn ihr Alternativ-Vorschlag – damals mit kleinen Verkaufsflächen, Café mit Terrasse, Wohnen in Südhanglage, Hotel und Hallenbad – habe im Stadtrat nur ein Drittel an Befürwortern gefunden. "Und zum guten Schluss kam in die Grube auch noch Kaufland", seufzt sie.

Traum vom Frequenzbringer ausgeträumt

Vorbei! Das wisse sie natürlich, und dass die Stadt schließlich nicht Eigentümerin des Geländes ist, weiß sie auch. Tun könne man also nichts, das wissen Vertreter der anderen Fraktionen ebenfalls.

Daniel Matulla (CSU), der seinerzeit noch nicht im Stadtrat saß, erinnert sich, dass die Stadt zunächst auf einen großen Frequenzbringer gehofft habe, "aber der kam halt nicht".

Ein Wohn- oder Naherholungsgebiet fände er an dieser Stelle heute prinzipiell gut und schmunzelt: "Wenn es für einen symbolischen Euro angeboten wird, könnten wir es kaufen."

Andreas Buckreus (SPD), vor 2014 ebenfalls noch kein Stadtratsmitglied, ist der Meinung: "Vielleicht war das vor zehn Jahren noch anders – aber Roth ist und wird keine Einzelhandelsstadt mehr werden." Er würde infrage stellen, ob die Entscheidung für das Bauprojekt Passagen richtig war, "aber heute eine Veränderung zu erreichen, ist uns als Stadt nur bedingt möglich".

Vorkaufsrecht ließ der Stadtrat ziehen

Ein Wohnquartier hätte sich Siegfried Schwab (Wählergemeinschaft) schon vor mehr als zehn Jahren gewünscht, "aber es hat sich kein Investor dafür interessiert", erinnert er sich. "Deshalb blieb nur die gewerbliche Nutzung." Er findet: "Wohnen in der Stadt ist immer positiv – aber wer macht‘s?"

Jutta Scheffler (Die Grünen) muss gar nicht explizit daran erinnern, dass sie von Anfang an gegen das Fachmarktzentrum war: Ihr Name steht auf den "pro-roth"-Flyern, 2006 hat sie für den Bürgerentscheid und gegen das Fachmarktzentrum geworben.

Eine andere Entscheidung "wäre weise gewesen", sagt sie. Aber das helfe heute nicht weiter, "wir brauchen eine Lösung". Wohnbebauung an der Stelle sei nicht schlecht, aber sie vermutet, dass die neuen Eigentümer die Passagen "als Spekulationsobjekt einfach stehen lassen". Die Stadt habe darauf keinen Einfluss, "denn wieder mal haben wir alles aus der Hand gegeben". Ihr Vorkaufsrecht hat die Stadt damals nicht ausgeübt – im Stadtrat fiel der Beschluss mit großer Mehrheit.

Und Elisabeth Bieber erinnert sich an den früheren Stadtratskollegen Loni Steib, der nach den Beschlüssen prognostiziert hatte: "Aus einer Fabrikbrache macht ihr eine Einzelhandelsbrache."

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