20 Mass Bier und eine "Stehbrunzhose" beim Saumarktfest

10.9.2019, 13:00 Uhr
Damals wie heute: Das Saumarktfest in Spalt ist der Höhepunkt der Hopfenerntezeit.

© Jürgen Leykamm Damals wie heute: Das Saumarktfest in Spalt ist der Höhepunkt der Hopfenerntezeit.

Was bei Einheimischen wie Urlaubern für großes Interesse sorgt und die Gänsgasse mit Gästen und Neugierigen füllt. Weltoffen geht es eben auch in der neuen Version der Veranstaltung zu. Das wurde gleich nach dem deftigen Mittagessen mit Kesselfleisch, Bratwürsten, Kraut und Brot deutlich, als der Akkordeonspieler Heinz Nüßlein und Sangesbruder Sepp Eder von Tisch zu Tisch zogen. Eine Gruppe aus Thüringen schunkelte da gerne mit. Die Vorzüge der Fränkischen und der Thüringer Bratwurst wurden sorgsam gegeneinander abgewogen, bevor Nüßlein wieder loslegte: "Im Wald, da sind die Räuber" – und die Hopfenpflücker beim Saumarktfest.

Wo es sich auch bei Kaffee, Kuchen und "Baunzen" (einem Hefegebäck) gut aushalten lässt. Tief in Geschichte blickte Fremdenführer Walter Bachmann. In die Zeit vor 120 Jahren, als Franken noch "führend im Hopfenanbau war – mit Spalt als Zentrum". Mit einer Anbaufläche von 15 000 Hektar – in der Hallertau habe es damals nur gut halb so viel gegeben.

Das Blatt hat sich freilich längst gewendet. Heutzutage sind es bei der Konkurrenz im Süden stolze 17 000 Hektar, im Spalter Gebiet nur noch 415. Zur Hopfenernte in der Spalter Blütezeit des "Grünen Goldes" muss es laut des Spaltkenners ziemlich rund gegangen sein, wenn die Erntehelfer aus allen Richtungen nach Spalt kamen. "Am schlimmsten waren die aus Schopfloch", wagt Bachmann zu behaupten.

Höhepunkt des Geschehens

Die auswärtigen Pflücker hätten auch eine eigene Sprache entwickelt. In dieser sei der Metzger etwa der "Bossardfetzer" gewesen, das Wirtshaus die "Drehscheibe" und eine Beerdigung habe sarkastisch nur "Kistlashochzeit" geheißen. Höhepunkt des Geschehens: Das Saumarktfest am zweiten Erntesonntag. Dabei wurde "getanzt und getrunken, geliebt und gerauft". Zum letzten Mal im Jahre 1912 – danach zogen die Verantwortlichen die Notbremse und verboten das Fest wegen der Ausschweifungen.

Bis es 1989 eine Renaissance in neuer, friedlicher Form erlebte. Erst am Gabrieliplatz, seit vielen Jahren in der Gänsgasse. Lustig aber ist es immer noch in Spalt, wie auch im Böhmerwald. Sang Nüßlein, bevor Hajo Ermer und Norbert Heckl ein "typisches Gespräch" unter Hopfenbauern von sich gaben: Er habe sich überlegt, heuer nichts gegen den Schädling "Rote Spinne" zu unternehmen, sagte der Eine. Denn laut aktuellen Meldungen "werden die Roten ja eh immer weniger." Auch der immer wieder aufkeimenden Diskriminierungs-Diskussion trugen die beiden Rechnung: Einen "Bauernknecht" hat nämlich keiner von ihnen, höchstens einen "Erdschollenbewegungs-Assistenten."


Zeitreise ins alte Spalt: Wenn die Hopfenzupfer von Eisbären reden.


Beim von dem "Spalter Sommernachtsspielern" präsentierten "Nachbarschaftsstreit" ging es kräftig zur Sache. "Schandgoschn" und "Lumperdurl" nannten sich da zwei Damen, Als die eine von ihnen des Tragens einer "dreifarbigen Stehbrunzhose" bezichtigt wird, drohte das Fest vermeintlich zu eskalieren, bevor ein "Pfarrer" die Gemüter beruhigte.

Belustigt verfolgten Dietlinde und Roland Hertlein das Geschehen, in das sie bald selbst eingebunden wurden. Sie wurden von den Vertretern des veranstaltenden Heimatvereins kurzerhand zu "Königin Cenzi" und "König Karl" ernannt – auch in alten Zeiten gab es seitens der Hopfenpflücker die Wahl eines "Königspaares". Diesmal hat es die Richtigen "erwischt", denn das Schwabacher Paar beehrte das Saumarktfest schon des Öfteren und schwört zudem auf das Spalter Bier.

Davon floß früher reichlich: Laut Aufzeichnungen musste, wer sich als Regent empfehlen wollte, bis zu 20 Liter Bier am Tag trinken können. Diese Aufnahmeprüfung blieb dem neuen Königspaar aus Schwabach erspart.

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