Vorstand geht in den Ruhestand

Ade "ewige Baustelle": Werner Rupp verlässt die Rother Kreisklinik

22.9.2021, 06:04 Uhr
Dauerbaustelle Kreisklinik Roth: 2008 war der Umbau des OP-Bereiches an der Reihe: Werner Rupp (Zweiter von links) und Landrat Herbert Eckstein (rechts) mit dem damaligen Leiter der „Steri“, Dietmar Mailer (Mitte) und der damaligen Pflegedienstleiterin Ingrid Hautum bei der Besichtigung der neuen Zentralsterilisationseinheit. Eine Mitarbeiterin der Herstellerfirma (links) erklärt gerade die Funktionen.

© Kreisklinik, NN Dauerbaustelle Kreisklinik Roth: 2008 war der Umbau des OP-Bereiches an der Reihe: Werner Rupp (Zweiter von links) und Landrat Herbert Eckstein (rechts) mit dem damaligen Leiter der „Steri“, Dietmar Mailer (Mitte) und der damaligen Pflegedienstleiterin Ingrid Hautum bei der Besichtigung der neuen Zentralsterilisationseinheit. Eine Mitarbeiterin der Herstellerfirma (links) erklärt gerade die Funktionen.

In der Erinnerung scheint es, als hätten sich bei der Kreisklinik Roth seit der Eröffnung im Jahr 1984 die baulichen und technischen Veränderungen nahtlos aneinandergereiht. Doch irgendwie muss zwischendurch auch mal Zeit zum Atemholen gewesen sein. Ansonsten hätten die Verantwortlichen, an der Spitze Landrat Herbert Eckstein und Klinikvorstand Werner Rupp, den Wandel vom reinen Krankenhaus zum Dienstleistungszentrum mit insgesamt 550 Mitarbeitern wohl kaum meistern können.

Seit mehr als einem Vierteljahrhundert verantworten Eckstein und Rupp die Geschicke der wohl wichtigsten Einrichtung im Landkreis Roth. Nachdem die anstehenden personellen Veränderungen in der ärztlichen Leitung abgeschlossen sind, der Um- beziehungsweise Neubau der Klinik voranschreitet und die für Klinik und Personal kritische Phase der Corona-Pandemie vorerst überstanden ist, endet der gemeinsame Weg des Verwaltungsratsvorsitzenden und des Klinikchefs.

Werner Rupp (64) geht Ende des Monats nach über 26 Jahren in leitender Funktion am Krankenhaus, davon die letzten 16 Jahre als Vorstand, in den Ruhestand. Die Nachfolge ist geregelt: Rupps bisherige Stellvertreterin, Nadine Ortner (40), wird ab 1. Oktober die Klinikleitung übernehmen.

Seit 19 Jahren selbstständig

Eine der wichtigsten Zukunftsentscheidungen der Klinik in den vergangenen Jahrzehnten betraf weder ein Bauvorhaben noch personelle Veränderungen. Vielmehr entließ der Rother Kreistag sein Krankenhaus als Kommunalunternehmen in die Selbstständigkeit. Bis Juni 2002 musste vor wichtigen Entscheidungen der Krankenhausausschuss, der Kreisausschuss und womöglich auch der Kreistag zusammengerufen werden.

Erweiterungsbau und das „alte“ Haupthaus wachsen zusammen: Der scheidende Vorstand Werner Rupp (rechts) und seine Nachfolgerin Nadine Ortner (links) mit Chefarzt Dr. Albert Götz (Zweiter von links) und Chefarzt Dr. Andreas Stegmaier.

Erweiterungsbau und das „alte“ Haupthaus wachsen zusammen: Der scheidende Vorstand Werner Rupp (rechts) und seine Nachfolgerin Nadine Ortner (links) mit Chefarzt Dr. Albert Götz (Zweiter von links) und Chefarzt Dr. Andreas Stegmaier. © Kreisklinik, NN

Was Zeit kostete, die in einem sich rasant verändernden Markt auf dem Gesundheitswesen nicht mehr vorhanden war. Zwar ist der Landkreis in Form eines neunköpfigen Verwaltungsrats, der sich aus Landrat und acht Kreisräten zusammensetzt, nach wie vor für die strategische Ausrichtung des Hauses verantwortlich. Das Tagesgeschäft aber obliegt seit 2002 dem jetzt unabhängigen Klinik-Vorstand.

Seit zwei Jahrzehnten prägt gegenseitiges Vertrauen das Zusammenwirken von Aufsichtsgremium und der Klinikleitung. „Ein Vertrauen, das man sich verdienen muss“, sagt der scheidende Klinikchef, der es dem Kreistag beziehungsweise dem Verwaltungsrat hoch anrechnet, dass die Klinik nie zum „parteipolitischen Spielball“ geriet.

Zufriedene Patienten, motivierte Mitarbeiter

Werner Rupp erinnert sich bei seiner Ernennung zum Vorstand noch gut an eine Aussage von Landrat Eckstein, der augenzwinkernd meinte: „Im Grunde hat der Vorstand einen leichten Job. Er muss nur für zufriedene Patienten, motivierte Mitarbeiter und für ein wirtschaftlich positives Ergebnis sorgen.

„Das Wohl der Patienten und ein gutes Verhältnis zu den Mitarbeitern hatte bei Rupp stets Priorität. Dass die Kreisklinik seit drei Jahrzehnten beim Jahresabschluss bis auf eine Ausnahme stets ein leichtes Plus aufwies, ist bei einer sozialen Einrichtung, die ständig Veränderungen unterworfen ist (Rupp: „Eine ständige Baustelle“), auf das stabile Fundament zurückzuführen, das Politik und Klinikverwaltung geschaffen haben.

Eine wichtige Station auf dem gemeinsamen Weg von Verwaltungsrat und Klinikleitung war 1998 die Erweiterung des sogenannten Akuthauses durch 30 Betten für die Geriatrische Rehabilitation und zusätzlich 30 Betten für die Innere Medizin. 2003 begann man an der Kreisklinik mit dem ambulanten Operieren. Ein Jahr später ging das erste Ärzte- und Geschäftshaus samt Therapiezentrum an den Start, 2006 die viel beachtete Palliativ-Station für Schwerstkranke und Sterbende.

Im Januar 2011 öffnete ein zweites „Gesundheitszentrum“ seine Pforten. Die 15 medizinischen Partner in den beiden Ärztehäusern auf dem Gelände kooperieren seitdem eng mit der Klinik. Für Werner Rupp war es mit der größte Kraftakt als Vorstand, mit niedergelassenen Ärzten und Einrichtungen wie beispielsweise der Onkologie die Basis dafür zu schaffen.

Begleitung bei Demenz

2015 richtete die Kreisklinik einen Aufenthaltsraum für Demenzkranke ein. Das nach einer Idee der ehrenamtlichen Demenzbegleiter entstandene und vom Förderkreis der Kreisklinik finanzierte Zimmer im Stil der 1950er Jahre wirkt sich auf die Psyche der Patienten positiv aus. Eine der jüngsten Errungenschaft an der Kreisklinik ist eine ärztliche Bereitschaftspraxis, die zur besseren medizinischen Versorgung und zur Entlastung der Notfallaufnahme eingerichtet wurde und sich bislang sehr bewährt hat.

Für Werner Rupp war zudem die Einführung einer Spezialisierten ambulanten Palliativversorgung (SAPV) zusammen mit dem Klinikum Altmühlfranken und den Hospizvereinen der Landkreise Roth und Weißenburg-Gunzenhausen ein wichtiges Anliegen. Seit Januar 2018 läuft dieses Projekt mit dem Ziel, die Lebensqualität und die Selbstbestimmung von Palliativpatienten so weit wie möglich zu erhalten. Inzwischen liegt die jährliche Zahl von Patienten, die die ambulante Palliativversorgung in Anspruch nehmen, bei rund 300. Zusammen mit Jürgen Winter (Gunzenhausen) leitete Werner Rupp diese sogenannte SAPV-Südfranken eG von Anfang an.

An Arbeit und Aufgaben mangelte es nie. Die Aufwertungen des auf 300 Betten angewachsenen Rother Hauses, dem eine Berufsfachschule mit 60 Ausbildungsplätzen für Krankenpflege und Krankenpflegehilfe angegliedert ist, bedingten neben Planung und Maßnahmen zur Finanzierung auch reichlich Detailarbeit. Rupp: „In einer Klinik mit Berufsgruppen wie den Ärzten, Therapeuten und nicht zuletzt den Pflegekräften hängt alles davon ab, dass ein Rädchen ins andere greift.“ Und dies unter dem Aspekt, das im Gesundheitswesen ständig Bewegung herrscht.

So musste auch in Roth auf die ständig sinkende Verweildauer von Patienten reagiert werden. Der Ausbau des ambulanten Bereiches war eine der Antworten. Außerdem nimmt die Gesundheitsvorsorge einen immer größeren Raum ein. In Vor-Corona-Zeiten beispielsweise umfasste das jährliche Kursprogramm der Rother Klinik schon einmal über 150 Veranstaltungen.

Patienten immer älter

Einstellen musste man sich auch auf immer ältere Patienten. Der höhere Pflegeaufwand bedingt wiederum mehr Personal. Für den gelernten Diplom-Verwaltungswirt und studierten Krankenhausbetriebswirt Rupp und die Klinikleitung einer von vielen Aspekten, die es immer schwieriger machen, die Finanzierungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen.

Werner Rupp ließ es sich nicht nehmen, einmal im Jahr den Ehrenamtlichen mit Blumen und kleinen Präsenten für ihre wertvolle Arbeit persönlich zu danken.

Werner Rupp ließ es sich nicht nehmen, einmal im Jahr den Ehrenamtlichen mit Blumen und kleinen Präsenten für ihre wertvolle Arbeit persönlich zu danken. © Kreisklinik, NN

In der Rother Klinik, in der jährlich rund 20.000 Patienten behandelt werden, gelang dies in den vergangenen 30 Jahren erstaunlich gut. Bislang wurden nur 2012 rote Zahlen geschrieben. Grund: Die Instandhaltungsaufwendungen waren in diesem Jahr besonders umfangreich. „Den Fehlbetrag konnten wir aus der Gewinnrücklage der Vorjahre ausgleichen“, erinnert sich Werner Rupp.

Rupps damalige Prognose, dass in absehbarer Zeit in das inzwischen 30 Jahre alte Haus viel Geld in die Modernisierung der Technik und des Baukörpers gesteckt werden muss, ist schnell zur Realität geworden. Westlich des bisherigen „Pflegesterns“, so die liebevolle Bezeichnung des einst als Jahrhundertbauwerk gefeierten Kreiskrankenhauses, ist inzwischen der Neubau aus dem Boden gewachsen. Platz ist darin unter anderem für die Operationssäle, die Intensivmedizin, den Kreißsaalbereich, die Endoskopie, eine Tagesklinik, für die neue Küche und das Labor.

Neubau in einem Jahr fertig

Bis Herbst 2022 soll der Neubau bezugsfertig sein. Im Bauabschnitt II soll der jetzige Funktionstrakt generalsaniert werden. In ihm sollen unter anderem die Notaufnahme, die Radiologie und ein Herzkathederlabor eine Heimat finden. Augenfälligste Veränderung im Erscheinungsbild der Klinik wird in Bauabschnitt III der Neubau des Pflegetraktes und der anschließende Abriss des „Pflegesterns“ sein.

Dort, wo der Pflegestern steht, werden anschließend als Bauabschnitt IV Haupteingang und Verwaltung neu konzipiert. Insgesamt werden wohl bis Ende dieses Jahrzehnts mehr als 120 Millionen Euro für die Erweiterung und die Generalsanierung der Kreisklinik Roth fließen. Das Projekt ist damit das teuerste in der knapp 50-jährigen Geschichte des Landkreises Roth. In unmittelbarer Nähe zur Klinik hat bereits eine Tagesklinik für psychisch kranke Erwachsene des Bezirks Mittelfranken ihre Pforten geöffnet.

Die Fäden des Neu- und Umbauprojektes laufen seit einiger Zeit bei Nadine Ortner zusammen. Der scheidende Klinikchef Werner Rupp wünscht sich von seinen Mitarbeitern, dass sie seine Nachfolgerin genauso unterstützen wie ihn. „Sie packt das“, ist sich Rupp sicher. Rückblickend auf seine 16-jährige Arbeit als Klinikchef stellte er heraus, dass es für ihn stets Vorrang hatte, zusammen mit vielen Anderen die regionale Gesundheitsversorgung zu gestalten und eine qualitativ hohe Patientenversorgung zu gewährleisten.