Bunt statt grau

8.11.2010, 22:59 Uhr
Bunt statt grau

© Raithel

Das Licht in der Aula der Büchenbacher Grundschule erlischt, der Chor betritt den Raum und, nein, betritt nicht die Bühne, sondern nimmt auf Klappstühlen erst einmal neben dem Publikum Platz. „Guten-Abend-Smalltalk“, doch schon bald fragt der Dirigent: „Wollt ihr denn nicht auf die Bühne?“.

Ja, die Sängerinnen und Sänger von „vocalipur“ wollen - zum Glück, denn schon beim ersten Lied, dem Rock-Hit „It’s my life“ von Bon Jovi ist klar: Das Chorkonzert wird dynamisch, stimmgewaltig und sängerisch von hoher Qualität. Eine wahrlich frohe Abwechslung zum Novembergrau, wie es Bürgermeister Helmut Bauz bereits vorab versprach.

Nach dem Einstieg startet der Leiter der Freystädter Formation, Wolfgang Kellendorfer, mit einer Vorstellungsrunde. Und gleich bei den ersten beiden Besucherinnen, Roswitha und Daniela, zeigt sich: Chorgesang begeistert, da beide selbst in einem Chor singen.

Weiter geht es mit Alkohol. Nein, nicht in der Pause, sondern mit der Single Herbert Grönemeyers von 1984. Die über 40 Sänger doubeln schmetternde Gitarrensoli, gestalten die Leitstimme und begleiten sich selbst. Der Chor singt laut und kräftig, tritt dann aber in den Hintergrund und wird ganz leise, als eine Sängerin die bedrückenden Zahlen von Alkoholopfern vorliest.

Auf die Fährte der britischen ACapella-Gruppe „The Flying Pickets“ begeben sich die Oberpfälzer mit „Only You“ – Gänsehautstimmung.

Zwei brandneue Stücke sollen bereits einen Vorgeschmack auf das nächste Jahr geben, dann nämlich feiert der Chor seinen zehnten Geburtstag. Mit dem sehr anspruchsvollen „Halleluja“ von Jens Johansen zeigt der Chor seine volle Klangweite. Zuerst zweistimmig, am Ende siebenstimmig, und das alles in wunderbarer Harmonie.

Wesentlich rockiger wird es, als sich „vocalipur“ den „Red Hot Chili Peppers“ zuwenden und deren Hit „Under the bridge“ mit einer gekonnten Bühnenperformance verbinden.

Nach einer A-Capella-Reise durch Rock und Pop, durch ruhige und stimmgewaltige Stücke findet sich der Chor am Ende bei Reinhard Fendrich wieder. Zu Gitarrenbegleitung verabschieden sich die Oberpfälzer mit „Weu’sd a Herz hast wia a Bergwerk“.

Bühne statt Kneipe

Nach der Pause begrüßt eine Frankfurter Kellnerin das Publikum in ihrer Äbbelwoi-Kneipe. Für den heutigen Abend hätten sich bereits zwei größere Gruppen angekündigt, lässt sie wissen. Die erste lässt auch nicht lange auf sich warten. Eine Männerrunde will sich mit Apfelwein stärken. Der Ober schenkt aus, und auch ein Lied ist schnell angestimmt, „Kuck mal, nur schöne Leute“. Man ist sich einig, „das Beste was es gibt“ sei „Ein Freund, ein guter Freund“.

Die zweite Gruppe, die kurz darauf in die Kneipe, alias die Bühne in der Büchenbacher Schule, kommt, ist eine fröhliche Frauengruppe. Dass es sich bei dieser Begegnung nicht um reinen Zufall handelt ist klar, die beiden Gruppen sind der Frauenchor und der Männerchor der Sängervereinigung aus dem Frankfurter Stadtteil Seckbach. Thomas Deichmann, Dozent beim Chorfestival Cantamus 2010 im Landkreis , hatte seine beiden Chöre mit einem Auszug aus ihrem Programm („Männerabend, Frauenabend: Eine Begegnung mit unvorhersehbarem Ausgang“) in den Landkreis gebracht.

Dann starten auch die Damen durch, es dirigiert der Kellner, alias Kreischorleiter Oliver Seiter. Mit dem Abba-Hit „Dancing Queen“ und „Big spender“ von Queen stellen sich die Frauen selbstbewusst den Männern gegenüber, so beginnt ein Wettstreit.

Mit Roger Ciceros „Zieh die Schuh’ aus“ beklagen sich die Männer, dass man ja eigentlich ein „gestählter Don Juan, ein Bild von einem Mann“ sei. Doch wenn man nach Hause komme, höre man nur Befehle: „Zieh’ die Schuh’ aus, bring den Müll raus“.

Die Damen entgegnen darauf nur „Ich bin ich“. Der Song von Rosenstolz wird zum Ende hin aber doch versöhnlicher, wenn es heißt: „Wir sind Wir“.

Hier traf bester Gesang auf eine lustige Rahmengeschichte. So fragt sich die Kellnerin: „Wer kriegt hier wen?“. Darauf können die Damen aber nur sagen: „You can’t hurry love“.

Am Ende „kriegen“ sich dann aber doch alle und hoffen sängerischgemeinsam „Lass es Liebe sein“, dem Lied von Rosenstolz, welches das Klassik-/Pop-Crossover-Projekt Adoro neu auflegte.

Mit dem Lied, mit dem „vocalipur“ diesen außergewöhnlichen Abend begonnen hat, beendet der Sängerbund Seckbach selbigen: „It’s my life“.