Cornett & Welbat: Das Herz des deutschen Blues schlägt in Hamburg

2.4.2017, 17:48 Uhr
Cornett &  Welbat: Das Herz des deutschen Blues schlägt in Hamburg

© Hans von Draminski

Jimmy Cornett ist ein schon notorisch zu nennender Tiefstapler. Er fragt mit ironischem Augenaufschlag, was er und seine "Deadman" – Dennis Adamus an der Leadgitarre, Frank Jäger am akustischen Kontrabass und Claudia Lippmann am Schlagzeug – eigentlich auf einem Bluesfestival zu suchen haben. Wo er und seine Leute doch eigentlich gar keinen Blues spielen würden.

Stimmt so natürlich nicht. Der Hamburger Cornett ist ein mit Alsterwasser gewaschener Bluesrocker, der sich zudem als Fan handgemachter, bodenständiger, ins Ohr und in die Beine gehender Rockmusik outet. Seine Songs haben Seele und Tiefgang, seine Soli sind brillant, aber nicht überzogen virtuos – und er macht sich so seine Gedanken über das Genre und seine Fans.

Vor allem betont der sympathisch knorrige Norddeutsche, dass er und seine Mitmusiker keine Stars sein wollen, dass sie vor allem emotionale Menschen seien und dass es beim Blues vor allem darum gehe, diese Gefühle, gute wie schlechte, in musikalischer Form auch heraus zu lassen. Ohne Attitüde, ohne mehr scheinen zu wollen, als man ist. Dafür mit einer kräftigen Portion Humor, der auch einmal eine Spur dunkler ausfallen darf.

Wichtig ist die Atmosphäre

Zum Beispiel dann, wenn der Bassist sich mit seinem großen Instrument auf der Bühne wälzt, wie ein Rock ’n’ Roller unter Drogen und dafür in der gut besuchten Kulturfabrik tosenden Applaus bekommt.

Wichtig ist Jimmy Cornett, dass die Atmosphäre familiär bleibt. So erzählt er Geschichten aus seinem Musikerleben, die spannend sind, weil sie immer ehrlich und echt bleiben. So kam beispielsweise Dennis Adamus zu ihm, als er in einem Club auf der Reeperbahn auftrat, und wollte mitspielen. Damals war Adamus noch minderjährig. "Ich sagte zu ihm, er soll sich verpissen — aber er war hartnäckig und kam immer wieder", erzählt Jimmy Cornett mit einem fast wehmütigen Lächeln.

Natürlich gab er nach und ließ den Nachwuchs-Gitarristen irgendwann auf die Bühne. "Und was soll ich euch sagen — der Junge hat uns weggeblasen", erinnert sich Cornett mit respektvollem Unterton. Als das Club-Engagement endete, nahm Cornett Adamus "einfach mit" und behandelt ihn heute "wie meinen eigenen Sohn". Ein Kompliment, das der so Gelobte zurück gibt: "Jimmy redet nicht, sondern ist da, wenn man ihn braucht."

Cornett &  Welbat: Das Herz des deutschen Blues schlägt in Hamburg

© Hans von Draminski

Ehe das Bluestage-Publikum von so viel Zuneigung unter harten Musikerpersönlichkeiten selbst den Blues bekommt, sogt Daniel Welbat für einen jähen Stimmungswechsel. Bei dem 27-jährigen Saitenhexer gehören flapsige Sprüche und ironische Seitenhiebe auf das Musik-Business dazu, er flachst und blödelt in einem fort und fuchtelt beim Singen mit den Händen in der Luft herum, als sei er ein Geistesbruder des verstorbenen britischen Blues-Barden Joe Cocker.

Zu ordinärer Popmusik halten Daniel Welbat und seine Begleiter — Lennard Eggers (Gitarre), Stefan Reich (Bass), Simon Andresen (Keyboard) und Basti Meyer (Schlagzeug) sowie Spezialgast Joachim Refardt an Tasten und Trompete — allerdings einen deutlichen Sicherheitsabstand.

Knackig arrangiert

Bei "Wellbad" darf es ordentlich krachen, werden die knackig arrangierten Stücke mit bewusster Hemdsärmeligkeit und einer Spur Rotzigkeit über die Rampe gebracht. Daniel Welbat ist zwar kein Blues-Innovator, aber er steht für eine Bühnenshow, wie sie witziger und pointenreicher eigentlich kaum sein kann.

Wer hier nicht wenigstens schmunzelt, ist ganz bestimmt im falschen Konzert. Und verkannt, dass der Blues nicht nur Lebensverdruss, sondern auch Lebenslust transportieren kann und will.

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