"Pygmalion" verschoben

Corona und die Rother Schlosshofspieler: Eliza wartet ein Jahr länger

6.4.2020, 11:00 Uhr
Corona und die Rother Schlosshofspieler: Eliza wartet ein Jahr länger

© Archivfoto: Hans von Draminski

Werner Müller klingt ein wenig müde, aber alles andere als resigniert. Der Stammregisseur der Rother Schlosshofspiele sitzt zwar wie viele andere im "Home Office" daheim in Weißenohe (Landkreis Forchheim) – doch über Arbeitsmangel kann sich der Bühnenprofi auch in diesen Krisenzeiten nicht beklagen. So hat Müller für das Ansbacher "Theater Kopfüber" erst vor kurzem ein Dreipersonenstück vollendet; Theaterchefin Claudia Kucharski ist "gnadenlos optimistisch", wie Müller betont, und hofft, im Sommer wieder spielen zu können.

Die Schlosshofspieler wollten das Risiko dagegen nicht eingehen, gleichsam "ins Blaue hinein" zu proben – für eine Inszenierung, die dann aufgrund der Corona-Verordnungen nicht auf die Bühne gebracht werden kann. "Und selbst wenn wir spielen dürften, hätten wir keine Garantie dafür, dass auch Zuschauer kommen", sagt Müller.

Zu tief sitze bei vielen derzeit die Angst vor Ansteckung. Müller verrät, dass aus fast den gleichen Gründen auch das neue Stück des Nürnberger Stadtmusicals, das ebenfalls von ihm geschrieben wurde, bis zum Winter 2021 auf Eis liegt. Sei es doch längst nicht ausgemacht, dass sich bis zum Herbst dieses Jahres genug Sänger beziehungsweise Schauspieler fänden, um das erfahrungsgemäß umfangreiche Rollen-Portfolio dieses Nürnberger Traditions-Events abzudecken.

Fränkisch statt Cockney

Den "Pygmalion" von George Bernard Shaw, der auch die Grundlage für das bekannte Musical "My Fair Lady" lieferte, hat Werner Müller wie gewohnt umgeschrieben, aus dem Londoner Cockney-Dialekt, den das Blumenmädchen Eliza Doolittle spricht, astreines Fränkisch gemacht. Und einen Story-Rahmen mit Menschen aus der Unterschicht von der Kindergruppe bis zu schrägen "Dullnraamern" entworfen.

"Shakespeare ist abgegrast, Shaw ist abgegrast", meint Werner Müller zu den Gründen für die Stückauswahl. Der Anstoß kam von Docky Schattner, mit der sich Werner Müller schon seit einiger Zeit die Regiearbeit teilt.

Besonderer Gag, auf den das Publikum nun ein Jahr länger warten muss: Das Stück hat zwei verschiedene Schlussszenen, am Ende dürfen die Zuschauer darüber abstimmen, ob Professor Higgins und Eliza ein Paar werden oder nicht.

Corona sorgt übrigens dafür, dass die Schlosshofspiele bei "Pygmalion" sogar Geld sparen können: In diesem Jahr steht der 70. Todestag George Bernard Shaws im Kalender. "70 Jahre nach dem Tod des Urhebers werden die Rechte an den Stücken frei, aber der Verlag bestand darauf, dass noch für das ganze Jahr 2020 Lizenzgebühren bezahlt werden müssen", erzählt Werner Müller. Als klar wurde, dass die Premiere auf 2021 verschoben werden muss, habe Docky Schattner sofort einen Freudenruf ausgestoßen: "Dann müssen wir wenigstens keine Tantiemen zahlen."

Karl Schnitzlein, Noch-Vorsitzender des Schlosshofspieler-Vereins – er will das Amt im November nach 16 Jahren abgeben – macht klar, welchen Sachzwängen das Rother Semiprofi-Ensemble derzeit unterworfen ist: "Wir müssten jetzt im April mit den Proben anfangen, wenn ,Pygmalion’ bis zum Juli aufführungsreif sein sollte. Das ist in der jetzigen Situation nicht machbar."

Ein wenig Hoffnung hat Schnitzlein gleichwohl: Sollte bis zum Hochfrühling oder Sommer das Versammlungs- und damit auch das Aufführungsverbot aufgehoben werden, würden sich die Rother Schlosshofspieler auf ihre ureigene Domäne besinnen – und kleine Stücke von Hans Sachs spielen.

Man hätte ein paar von Docky Schattner bearbeitete Sachs-Werke "in der Schublade", die man im Schlosshof aufführen könnte. "Aber auf keinen Fall mit elf Vorstellungen und auch ohne Karten-Vorverkauf", schränkt Schnitzlein ein. Karten für Hans Sachs soll es nur an der Abendkasse im Schlosshof geben. "Wer kommt, ist da", meint Schnitzlein.

Keine Einnahmen, keine Kosten

Im Gegensatz zu anderen freien Theatergruppen können die Schlosshofspieler den Corona-"Lockdown" relativ gelassen abwarten: "Wir haben zwar keine Einnahmen, wenn wir nicht spielen, aber auch keine echten Kosten", erklärt Schnitzlein. Was der Vorteil einer auf ehrenamtlicher Basis agierenden Theatertruppe sei. Die Kostüme und Requisiten für die Hans-Sachs-Sketche haben die Schlosshofspieler beispielsweise im Fundus. Und was für den "Pygmalion" bereits gekauft wurde, hängt nun halt ein Jahr länger im Schrank.

So bleibt für die Theaterfans der Region und die Freunde der Schlosshofspieler zumindest ein Hoffnungsschimmer.

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