"D-Mark war Symbol des Wirtschaftswunders"

28.12.2018, 11:43 Uhr

© F.: E. Wodicka

Am 1. Januar 1999 wurde der Euro als Buchgeld eingeführt, was genau kann man sich darunter vorstellen?

Hans Jürgen Rohmer: Beim Buchgeld geht es um den gesamten bargeldlosen Zahlungsverkehr, insbesondere Überweisungen, Lastschriften oder Scheckzahlungen. Sozusagen alles, was nicht Bargeld ist.

Dr. Carsten Krauß: Man unterscheidet Bargeld und Buchgeld: Bargeld, wie Banknoten und Münzen, waren erst ab 2002 Zahlungsmittel. Buchgeld, also Geld, das sich auf den Bankkonten befindet, konnte bereits ab 1999 in Euro verarbeitet werden. Dies betraf beispielsweise auch Überweisungen und Lastschriften. Seit Anfang 1999 wurden die Beträge auf den Kontoauszügen sowohl in D-Mark als auch in Euro ausgewiesen.

 

Welche Auswirkungen hatte die "unsichtbare" Währung auf die Bevölkerung?

Rohmer: Die Buchgeldumstellung hatte keine direkte Auswirkung auf die Kunden. Sie half aber drei Jahre lang, bis zur Ausgabe des Bargeldes in 2002, sich schon mal mit der neuen Währung und den neuen Beträgen anzufreunden.

Krauß: Zunächst einmal nicht. Die Preise von Waren und Dienstleitungen unseres täglichen Lebens wurden ja weiterhin in D-Mark ausgewiesen. Richtig greifbar wurde die neue Währung für die Menschen erst, als sie Ende 2001 ihre ersten "Euro-Starterkits" in den Händen hielten und ab Anfang 2002 mit der neuen Währung auch bar bezahlen konnten. In den Banken und auf den Finanzmärkten wurde hingegen bereits ab Anfang 1999 in Euro gerechnet. DAX-Aktien notierten beispielsweise ab 1999 nur noch in Euro.

 

Wie nahm die deutsche Allgemeinheit die neue Währung an?

Rohmer: Viele sahen den Euro skeptisch, denn die stabile D-Mark war ein Symbol des Wirtschaftswunders in Deutschland. Es kam sogar die Bezeichnung "Teuro" auf. Hierbei handelt es sich um eine Wortbindung zwischen "teuer" und "Euro". Es bezieht sich auf das Gefühl der Menschen, dass sich durch den Euro vieles verteuert hat. Teuro wurde 2002 auch das Wort des Jahres.

Krauß: Die Menschen nahmen die Währung mit gemischten Gefühlen an. Einerseits mit großer Neugier hinsichtlich der neuen Münzen und Banknoten, andererseits aber auch skeptisch: Schließlich bot die Umrechnung der Preise von D-Mark auf Euro den Händlern die Gelegenheit, kräftig aufzurunden. Und nicht zuletzt hatten die Menschen eine sehr hohe Meinung von ihrer alten "harten" Währung.

 

Welche Vorteile brachte eine gemeinsame Währung mit sich?

Rohmer: Die wesentlichen Vorteile für die Kunden waren der Wegfall des Umtausches von Währungen, die verbesserte Preistransparenz in Europa und Erleichterungen für den europäischen Handel.

Krauß: Die Vorteile des Euro hat jeder bei seiner ersten Reise ins europäische Ausland gespürt: Die Währung musste nicht mehr getauscht werden, Wechselgebühren sind weggefallen, Preise konnten leichter verglichen werden. Besonders profitiert hat die deutsche Wirtschaft: Der Wegfall von Wechselkursrisiken sparte den Unternehmen Transaktionskosten in erheblichem Umfang. Durch den Wegfall von Handelshindernissen konnte der europäische Binnenmarkt gestärkt werden. Im Jahr 2017 gingen 40 Prozent der deutschen Exporte in Länder der Eurozone. Und nicht zuletzt sollte der Euro ein Symbol für die europäische Integration sein. Er steht für die Absicht, künftige wirtschaftliche und politische Herausforderungen gemeinsam angehen zu wollen.

 

Was bedeutete die Umstellung für die Banken?

Rohmer: Die Einführung in Deutschland war nach Einschätzungen der kreditwirtschaftlichen Verbände mit Kosten in Höhe von 3,4 Milliarden Euro verbunden. Zudem war es eine gigantische logistische Herausforderung mit vielen Fragen im Vorfeld.

Krauß: Die Umstellung war für Banken ein technischer, organisatorischer und personeller Kraftakt. Schließlich sollte zur Euro-Einführung alles reibungslos funktionieren. Bereits zu Jahresbeginn 1999 mussten alle technischen Voraussetzungen geschaffen sein, um Dienstleistungen, wie Überweisungen, Kredite und Spareinlagen auch in Euro anbieten zu können.

2001 kam dann ein hoher logistischer Aufwand hinzu. Alte Banknoten und Münzen mussten durch neue ersetzt werden, die Geldautomaten technisch umgerüstet und mit neuen Scheinen bestückt werden. Parallel dazu haben die Banken viel Öffentlichkeitsarbeit geleistet, um die Kunden über die Euro-Einführung auf dem Laufenden zu halten und die Berührungsängste mit der neuen Währung abzubauen.

 

Kann man heute immer noch D-Mark in Euro tauschen?

Rohmer: Bei den Banken und Sparkassen ist das nicht mehr möglich. Alle Filialen der Deutschen Bundesbank tauschen aber weiterhin in unbegrenztem Umfang Scheine und Münzen. Denn immerhin sollen laut aktuellen Statistiken noch mehr als 12 Milliarden D-Mark im Umlauf sein.

Krauß: Der Umtausch von DM-Banknoten und -Münzen ist nach wie vor in den Filialen der Bundesbank gebührenfrei möglich. Für unsere Region ist dies beispielsweise die Bundesbank-Filiale in Nürnberg. Der amtliche Umtauschkurs beträgt nach wie vor ein Euro für 1,95583 D-Mark.

 

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