Der finale Tanz

22.11.2010, 15:17 Uhr
Der finale Tanz

© Klier

Am Anfang stehen die „Musikalischen Exequien“, eine Begräbnismusik, von Heinrich Schütz (1585 – 1672). Er war der führende deutsche Komponist sakraler Musik vor Johann Sebastian Bach. Timm Wisura, Leiter und Dirigent des Ensembles, beginnt mit Bassstimme: „Nacket bin ich von Mutterleibe kommen, nacket werde ich wiederum dahin fahren!“ Tenor (Matthias Faber, Thomas Hetzner, Christoph Hofbeck, Christoph Ramsenthaler, Josef Ramsenthaler und  Markus Strauß), und der Bass (Manfred Eiberger, Wolfgang Fürst und Jürgen Schmidt) unterstützen ihn alsbald. Die klaren Sopranstimmen von Johanna Landmann, Katrin Lederer, Silke Lederer und Bella Täffner trösten mit „Christus ist mein Leben“.

 In der Stimmlage Alt singen Andrea Lederer, Anja Schmidt und Andres Nein. Florian Morczinek spielt das Violoncello und Marco Mulzer die Truhenorgel. Ihm fällt neben Timm Wisura eine doppelte Aufgabe zu: Bedingt durch Erkrankung zweier Chormitglieder müssen sie gleichzeitig bei den Bässen mitsingen. Für beide kein Problem, wie einwandfrei zu erkennen ist.

Der finale Tanz

© Klier

In gewohnter Exaktheit leitet Wisura sein Ensemble, das einen präzisen und homogenen Klangkörper in diesen anspruchsvollen Werken darstellt. Soli (Katrin Lederer, Bella Täffner, Matthias Faber, Josef Ramsenthaler und Marco Mulzer) wechseln mit Capella- und Favoritchor in einer ergreifenden Darbietung, deren erster Teil mit einem mächtigen Schlusschor „Der Tod verschlingt das Leben mein“ beendet wird.

Im abgedunkelten Kirchenschiff hat der Chor nach einer kurzen Pause an der Rückwand Aufstellung genommen. Der Altarraum ist die Bühne im nun folgenden Totentanz von Hugo Distler (1908 – 1942), einem Nürnberger Komponisten, der als bedeutendster Vertreter der Erneuerungsbewegung der evangelischen Kirchenmusik nach 1920 gilt. Mit ekstatischer Gestik und hämischem Grinsen erscheint der Tod in Gestalt des Schauspielers Nigel Greenhalgh und fordert zum Tanz auf, zum Totentanz.

Zu Beginn hat Pfarrer Tontarra bereits auf den Bilderzyklus „Totentanz“ hingewiesen, der in diesem 10 mal 20 Meter großen Kirchenraum vom Kirchenmaler Michael Paul Weingartner aus Pfaffenhofen in den Jahren 1953 bis 1959 geschaffen worden ist. Ähnlich wie  Alois Wünsche-Mitterecker in der Allersberger Pfarrkirche hat er auch hier Bürger aus dem Ort porträtiert.

Adäquater Chorgesang, gesprochenes Wort und das instrumentale Zwischenspiel von Johanna Landmann auf der Querflöte ergänzen sich in Distlers Werk, dessen Texte aus der Lübecker Marienkirche, sowie von Angelus Silesius stammen. Die beeindruckende schauspielerische Leistung von Nigel Greenhalgh ergreift das Publikum und lässt Schauer über den Rücken laufen.

Laterhaftes Leben

Die Grafiken von Katrin Lederer vervollständigen die Szene. Ob Kaiser, Bischof, Edelmann, Arzt, Kaufmann, Landsknecht, Seemann, Klausner, Bauer, Jungfrau, Greis und Kind: Sie alle werden vom Tod zu einem finalen Tanz geladen. Fast alle betteln um ihr Leben, fast allen wirft der Tod ihr lasterhaftes Leben vor, das auf Schriftrollen festgehalten ist. Lediglich der Bauer und der Klausner dürfen auf Gnade im Jenseits hoffen. Der kranke Greis freut sich sogar: „Wie hab‘ ich auf dich geharrt!“ Das kleine Kind sorgt sich mehr um seine weinende Mutter.

Nach dem Schlusschor „Die Seele, weil sie ist gebor’n zur Ewigkeit, hat keine wahre Ruh in Dingen dieser Zeit“ dauert es eine geraume Zeit, bevor die ergriffenen Zuhörer zum verdienten, lange anhaltenden Applaus ansetzen.

Als hätte es noch eines weiteren Leistungsbeweises bedurft, folgt die Zugabe von Johann Michael Bach, einem Cousin des großen Barockmeisters, „Unser Leben währet siebenzig Jahr“. Eine wahre Meisterleistung vollbringt der Sopran, indem er diese getragene Weise mit dem Choral „Herr Jesu Christ, erhöre mich“ unterlegt.kli