Die halbe Million ist voll

30.10.2019, 06:00 Uhr
Die halbe Million ist voll

© Archiv-Foto: Michael Matejka

Wobei man sagen muss: Schneider und sein Ehemann Heinz Röttenbacher sind die Antreiber, die Organisatoren, die Netzwerker. Eine der mittlerweile 50 Benefiz-Galas vorzubereiten, kostet sicherlich auch einiges an Geld. Aber die 500 000 Euro, die Schneider in den vergangenen Jahren an die Lebenshilfen Nürnberger Land und Schwabach-Roth, an das Nürnberger Bildungswerk für Blinde und Sehbehinderte, an das Schwabacher Frauenhaus, den Verein Herzpflaster, an die Jonas-Gabriel-Stiftung, an die Uwe-Feser-Kinderstiftung, an den Tierschutzverein Noris und an die Tierheime in Feucht, Roth und Hersbruck verteilt hat, kommen nicht aus dem eigenen Portmonee. Das ist alles Geld, das ihm andere Leute anvertraut haben. "Weil sie sicher sind, dass wirklich jeder Cent ankommt. Das ist für mich ein großer Vertrauensbeweis."

Er ist exaltiert und, so hat es das Schwabacher Tagblatt zu seinem 50. Geburtstag geschrieben, ein "Hans-Dampf in allen Gassen". Aber er ist auch einer, der es ehrlich meint, der mit behinderten Kindern mitfühlt, wenn es ihnen schlecht geht, der sich mit ihnen freut, wenn sie sich freuen. Ein Typ mit Empathie.

Engagement für andere, sagt Schneider, sei ihm schon in die Wiege gelegt worden. Seine Mutter habe ihm immer eingetrichtert, nicht nur an sich selbst zu denken. Mit Anfang 30 hat Schneider begonnen mit den Benefiz-Galas. Er lud Kunden in seinen Salon nach Nürnberg ein. Ein paar Künstler traten ohne Gage auf, die Kunden spendeten Geld. Schneider gab das Geld weiter. Zunächst floss es nach Rumänien.

Relativ schnell verlegte sich Schneider aber auf Adressaten aus der Region. "Ich will mir ja auch vor Ort anschauen können, was mit dem gespendeten Geld passiert", sagt er. Über Ute Scholz, der Frau des verstorbenen Nürnberger Oberbürgermeisters Ludwig Scholz, stieß er auf die Lebenshilfe Nürnberger Land. "Nach meinem ersten Besuch wusste ich, dass ich hier helfen musste."

Haupt-Spenden-Einnahmequelle sind seine Benefiz-Galas. Doch Schneider hat inzwischen auch einen gewissen Promi-Status. Als Opernball-Coiffeur darf er über einen Teil des Tombola-Erlöses entscheiden. 2018 ging Geld an das Schwabacher Frauenhaus, dieses Jahr an den Verein Herzpflaster.

Erst kürzlich hat ihm ein Schwabacher Transport-Unternehmer 3000 Euro anvertraut. Startkapital für
sein nächstes Lieblingsprojekt. Die Lebenshilfe Nürnberger Land plant in Lauf einen Therapiegarten für behinderte Kinder. 30 000 Euro werden benötigt. Mindestens die Hälfte will Marcel Schneider beisteuern.

Es gibt wohlhabende Leute, die 100 000 Euro für die Sanierung eines Gotteshauses spenden unter der Voraussetzung, dass ihr Name nirgendwo auftaucht. Marcel Schneider ist ein anderer Typ. "Tue Gutes und rede darüber", das ist sein Motto. "Anders wäre die halbe Million niemals zusammengekommen", sagt er. "Es ist wie ein Schneeballsystem, ein positives Schneeballsystem". Deshalb sind die 500 000 Euro, die der Friseur inzwischen zusammengetragen hat, wohl nur ein Zwischenschritt. Für die ersten 100 000 Euro benötigte der 50-Jährige zehn Jahre, für weitere 400 000 nur noch deren acht.

Tatsächlich begann alles ganz bescheiden. 2000, vielleicht 3000 Euro kamen bei seinen ersten Galas zusammen. Inzwischen erlöst er bis über 30 000 Euro pro Veranstaltung.

Hin und wieder erreichen den stellvertretenden SPD-Bezirksvorsitzenden aber auch Drohbriefe. Im Netz sieht er sich Neid, Hass und Häme ausgesetzt. Er mache das alles nur, um Werbung für seinen Salon zu machen, um sich im Glanz der Promi-Szene zu sonnen, hört er oft.

Das kränkt ihn. Aber es bringt ihn nicht von seinem Weg ab. "Früher hat mich das heruntergezogen", gibt er zu. Inzwischen antworte er aber: "Wenn Du meinst, dass das alles so einfach ist, warum tust Du es nicht selbst?"

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