Die Kunden stehen auf ihre Region

15.10.2020, 17:36 Uhr
Die Kunden stehen auf ihre Region

© Foto: Jürgen Leykamm

Die Idee dazu ist beim Bayerischen Bauernverband (BBV) vor etwa einem Jahr entstanden, wie Bezirksgeschäftsführer Ottmar Braun beim Pressetermin erläutert. Damals wusste noch niemand etwas von einer Corona-Krise, die aber dann auf ihre Weise den Sinn in der Bevölkerung für die Bedeutung von kurzen Wegen bei der Herstellung von in der Region erzeugten Lebensmitteln und deren Konsum geschärft hat.

So dürfte also die bayernweit gestartete Kampagne "#EssenAusBayern" auf umso offenere Ohren stoßen. In Passau sorgte der bunt beklebte Deutz-Traktor zuerst für Aufsehen. Bunt und schmackhaft verziert, macht er auf die Köstlichkeiten aufmerksam, die in unseren Landen zu finden sind. Aus Niederbayern rollte der Schlepper nach Mittelfranken, an die ähnlich farbenfrohe Halle der Hopfenverwertungsgenossenschaft (HVG) Spalt.

Seit Generationen in einer Hand

Ein wichtiges Glied einer regionalen Wertschöpfungskette, die als Musterbeispiel gelten darf. Der im hiesigen, weltweit ältesten Anbaugebiet geerntete Hopfen wandert genau in jene Genossenschaftshalle und von dort in die einzige kommunale Brauerei Deutschlands.

Dass dieser Kreislauf sehr gut funktioniert, weiß Friedrich Kolb zu berichten, Vorsitzender des Spalter Hopfenpflanzerverbands: "Die meisten unserer Betriebe werden schon in der sechsten oder gar siebten Generation geführt – wir sind ein zufriedener Bereich innerhalb der Landwirtschaft."

Die gut 50 Pflanzerfamilien könnten wirtschaftliche Dellen über ein bis zwei Jahre schon einmal aushalten. Dafür wiederum sorgten "die guten langfristigen Verträge" – eben mit der HVG, in der "alle Anbauer Mitglied sind", so Frank Braun, Vorsitzender und Geschäftsführer.

Eine vertragliche Anbindung, die hilft, auf dem Weltmarkt zu bestehen. Denn auf dem gilt es sich natürlich zu behaupten, da freilich nicht aller Spalter Hopfen in die Stadtbrauerei wandert. Die wiederum ist froh, dank des Anbaugebiets vor Ort bei diesem Rohstoff so richtig aus dem Vollen schöpfen zu können. Auch sie hat natürlich die negativen Folgen der Corona-Krise zu spüren bekommen. Doch was die Umsatzentwicklung anbelangt, "sind unsere Zahlen besser als der Bayerntrend", sagt Brauerei-Geschäftsführer und Bürgermeister Udo Weingart.

Es scheint, als hätte man hierzulande die Bedeutung heimischer Wertschöpfungsketten seitens der Kunden auch wieder mehr schätzen gelernt, so das Fazit. Und auf ihn, den Verbraucher, "kommt es auch an", so der Rathauschef.

Die Industrie muss nachsitzen

In der Pflicht seien aber auch die weiterverarbeitenden Unternehmen, so BBV-Kreisobmann Thomas Schmidt, der die Aufmerksamkeit hin zum Hafer lenkt. Von diesem gäbe es in Deutschland zu wenig, habe vor gar nicht allzu langer Zeit ein Haferflockenhersteller beklagt – und damit seine Importe gerechtfertigt. Das sei nur die halbe Wahrheit, so Schmidt: "Es gibt alles bei uns, auch Hafer. Da sind die Landwirte sehr flexibel. Wenn die Erzeugerpreise passen, dann können die Bauern ihre Abnehmer förmlich mit Hafer zuschütten!"

Die Wertschätzung heimischer Rohstoffe in der Lebensmittelerzeugung müsse also auch vom weiterverarbeitenden Sektor besser gelernt werden. Helfen können hier strahlende Botschafterinnen wie die Spalter Hopfenkönigin Stefanie Pschera und die Spalter Bierkönigin Johanna Merkenschlager. So wie ihr Bruder Tobias Merkenschlager, der sich als Hopfenpflanzer für den genossenschaftlichen Ansatz stark macht: "Wir müssen die Vermarktung regionaler Agrarprodukte wieder selbst in die Hand nehmen!"

So wie es in Spalt schon geschieht. Aber nicht nur dort, wie dem Tourplan zu entnehmen ist. Der "#EssenAusBayern"-Traktor ist noch bis Mitte November im Freistaat unterwegs, im kommenden Jahr setzt sich die Reise in weiteren bayerischen Regionen fort.

Infos unter www.BayerischerBauernVerband.de/Traktortour-2020

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