Ein Experiment im Klassenzimmer und seine Folgen

6.10.2015, 16:52 Uhr
Ein Experiment im Klassenzimmer und seine Folgen

© Foto: Tobias Tschapka

Das Stück „Die Welle“ basiert auf einem Experiment des US-amerikanischen Lehrers Ron Jones sowie dem davon inspirierten Roman „The Wave“ von Morton Rhue. Sein Experiment führte der Geschichtslehrer Jones zusammen mit seinen Schülerinnen und Schülern im Jahre 1967 durch. Auslöser waren Aussagen der Klasse, dass Verhaltensformen des Nationalsozialismus „bei uns nicht vorkommen könnten“. Die Schüler bekamen Rollen zugeteilt und wurden Einschränkungen unterworfen. Verhaltensnormen wurden aufgestellt und streng durchgesetzt. Aufgeschreckt durch die Leichtigkeit, mit der die Schüler sich vereinnahmen ließen, brach Jones das Experiment abrupt ab, indem er in einer Schulversammlung den begeisterten Anhängern seiner so genannten „Dritten Welle“ einen direkten Vergleich mit Jugendorganisationen im nationalsozialistischen Deutschland vorführte.

Im Stück der Theatergruppe heißt der Lehrer, der dieses Experiment wagt, Ben Ross (gespielt von Maximilian Peisl). „Die Welle“, so der Name der autoritären Gemeinschaft, für die Ross seine Klasse zu überzeugen beginnt, stützt sich auf in aufeinanderfolgenden Unterrichtsstunden aufgestellten Prinzipien: Die erste Stufe „Macht durch Disziplin!“ besteht aus der Einübung von Disziplin in Form einer straffen Fixierung auf den sich autoritär gebenden Lehrer.

In der zweiten Stufe „Macht durch Gemeinschaft!“ wird die Klasse auf ein unbedingtes Gemeinschaftsgefühl eingeschworen, und erhält vom Lehrer das gemeinsame, identitätsstiftende Symbol der „Welle“ samt dem dazugehörigen Gruß. Bei der dritten Stufe „Macht durch Aktion!“ schließlich verpflichtet der Lehrer seine „Anhänger“ auf geschlossenes Handeln und die Pflicht, neue Mitglieder anzuwerben.

Diese „Welle“ verfügt trotz der eingeführten autoritären Strukturen über keine inhaltlichen Grundsätze, Ziele oder eine Ideologie, wie sie totalitäre Systeme wie Nationalsozialismus, Stalinismus oder religiöse Sekten zu eigen haben. Trotzdem entwickelt das Experiment eine unheilvolle Eigendynamik. Die Grundsätze werden immer mehr verinnerlicht, dafür nimmt das kritische Denken ab, und das eigentlich sinnlose Unterfangen wird nicht mehr hinterfragt.

Am Donnerstag, 8. Oktober, 19.30 Uhr, findet in der Aula des Gymnasiums Hilpoltstein die Uraufführung statt. Einlass ist ab 19 Uhr. Der Eintrittspreis für Erwachsene liegt bei fünf Euro, Schüler zahlen drei Euro. Weitere Aufführungen sind am Freitag und Samstag, jeweils um die gleiche Zeit.

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