Fehlgeburt führte zur Sucht nach Crystal Meth

11.6.2015, 17:09 Uhr

Eine junge attraktive Frau, die den Quali, dann eine Lehre gemacht hat und als Einzelhandelskauffrau arbeitete. Aber vor drei Jahren, nach einer Fehlgeburt, wie sie selbst erzählte, kam sie in Kontakt mit der Droge. Die half ihr, „das Gefühl wegzukriegen und nicht darüber nachzudenken“. Aber sie schaffte den Absprung, machte mit Hilfe ihrer Eltern einen „kalten“ Entzug. Doch nach drei Monaten gewann die Sucht wieder, die Eltern warfen sie raus, also wohnte sie mit ihrem neuen Freund zusammen, der ebenfalls viel Geld für Crystal brauchte. Geld, das sie kaum mehr hatte, auch weil sie es gar nicht mehr schaffte, zur Arbeit zu gehen.

Einmal bot sie ihre Fahrdienste als Drogenkurier an und bekam dafür 200 Euro und zwei Gramm Crystal. Ihr Durchschnittskonsum lag bei fünf bis sechs Gramm pro Tag, als die Richterin sie nach ihrer längsten Wachphase in dieser Zeit fragt, antwortet sie: „Vier Wochen.“ Der Staatsanwalt glaubt sich verhört zu haben.

Im Juli 2014 fuhr sie mit ihrem Freund mit dem Zug nach Tschechien, „dort kostet ein Gramm 15 Euro, hier 120“, erzählt sie. Auf der Rückfahrt steckten sechs Gramm Pulver in ihrer Handtasche, in einem Feuerzeug und einer Medikamentendose versteckte der Freund die restlichen vier. Die Polizei kontrolliert auf dieser Einfuhrschneise gründlich, die beiden fielen schnell auf. Das Crystal in der Tasche entdeckten die Beamten, den Rest gestand sie – was jetzt zu ihren Gunsten ausgelegt wird.

Als die Richterin den Polizisten im Zeugenstand nach Details der Drogenkontrollen fragt, berichtet er – auch in Richtung der Schulklasse im Gerichtssaal – vom Wahnsinn des Drogenschmuggels auch am und im Körper: „Es ist schweinegefährlich!“ Ein 23-Jähriger, der vor kurzem aus Angst vor der Kontrolle drei Gramm Crystal Meth geschluckt hatte, wand sich in der Polizeistation unter Krämpfen und starb trotz Reanimationsversuchen.

Für die Angeklagte ist die Drogenkarriere beendet, seit acht Monaten sei sie „sauber“, gehe allmonatlich zur (vom Gericht in Ansbach nach der Kurierfahrt bereits aufgetragenen) Suchtberatung, habe Freunde und Handynummer gewechselt und „baue mir mein Leben gerade neu auf“. Trotzdem wisse sie um die Gefahren des Suchtdrucks und habe dafür Strategien entwickelt – vom Joggen bis zum Schokoladeessen.

Für Staatsanwalt Jan Skibelski gibt es in diesem Fall zwei Seiten: Einerseits die große kriminelle Energie und die „nicht geringe Menge“, andererseits habe die junge Frau damit nicht gehandelt, sondern stand selbst unter dem Druck der Sucht, dann ihr Weg aus dieser Sucht, ihr Geständnis und die Aussicht auf Stabilität in Arbeit und neuem Freundeskreis. Sein Plädoyer auf zwei Jahre, die wegen des minder schweren Falls zur Bewährung ausgesetzt werden sollten, unterbietet Anwalt Jochen Horn mit der Forderung nach 15 Monaten deutlich. Sein Argument liegt auch in der Menge: Die zehn Gramm müssten ja eigentlich durch zwei (Konsumenten) geteilt werden, dafür gelte dann ein deutlich niedrigeres Strafmaß.

Doch Richterin Dr. Martin lässt sich von mathematischen Rechenspielen nicht von ihrer Haltung abbringen: „Crystal ist eine so große Gefahr für die Menschen, die Strafe muss auch eine abschreckende Wirkung haben.“ Auch sie und die beiden Schöffinnen würdigen, dass die Angeklagte ausgestiegen ist, sich aber „nicht in die eigene Tasche lügt“, schließlich sei „die Rückfallgeschwindigkeit bei Crystal sehr hoch“. Ihr Urteil: ein Jahr und neun Monate, strenge Auflagen mit Suchtberatung und Haarproben. Und ein guter Rat zum Schluss: „Noch haben Sie alles, was ein von drogenfreies Leben möglich macht.“

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