Fliegerkaserne in Roth: Ein Platz für Millionengräber

30.6.2017, 05:45 Uhr
In der Bundeswehrkaserne in Roth soll jetzt eine Offiziersschule entstehen.

© Tobias Tschapka In der Bundeswehrkaserne in Roth soll jetzt eine Offiziersschule entstehen.

Einen besonders drolligen Vorschlag für die ungenutzten Einrichtungen der Otto-Lilienthal-Kaserne hatte Peter Hufe vor einigen Jahren gemacht. Nach Ansicht des früheren kultur- und medienpolitischen Sprechers der SPD-Landtagsfraktion seien unter anderem die beiden gigantischen Wartungshallen eine weltweit ziemlich einzigartige Kulisse für große Filmproduktionen. Deshalb schrieb Hufe damals an den Ausschuss für Kultur und Medien im deutschen Bundestag und bat zu prüfen, ob möglicherweise ein Filmprojekt in Vorbereitung ist, das einer solchen Infrastruktur bedarf.

Ein Anruf von Roland Emmerich oder James Cameron blieb aber wohl aus. Die nächsten Blockbuster wurden nicht im beschaulichen Roth gedreht, keine Hollywood-Dollars hübschten die Kassenlage der chronisch unterfinanzierten Bundeswehr ein wenig auf. Und die teuren Gebäude, unter anderem die damals modernste Luftfahrzeuginstandsetzungshalle in Deutschland, standen weiterhin mehr oder weniger nutzlos herum. Ein Monument der Geldverbrennung, dem nun mit dem Bau einer Offiziersschule in der Otto-Lilienthal-Kaserne eine weitere umstrittene Millioneninvestition folgt.

Die beeindruckende Anlage mit Landebahn, Tower und Flugsimulator war damals für den "Tiger" errichtet worden, der dann aber nie nach Roth kam. 80 Exemplare dieses Mehrzweck-Hubschraubers hatte die Bundeswehr im Jahr 1999 bestellt, einige Jahre später begannen die Bauarbeiten am Truppenstandort Roth, die im Jahr 2011 abgeschlossen waren und laut der Schätzungen von Experten 160 bis 200 Millionen Euro verschlungen hatten.

"Tiger" schrumpfte zusammen

KT-zu-Guttenberg-Gedächtnishallen sollten die Hangars genannt werden, lästerte damals der Rother Landrat Herbert Eckstein (SPD) angesichts der in seinen Augen dilettantischen Bundeswehrreform, die der adlige Verteidigungsminister durchgepeitscht hatte und der unter anderem das in Roth stationierte Kampfhubschrauberregiment 26 zum Opfer fiel. Das Personal im mit einer Fläche von 360 Hektar größten Bundeswehr-Standort Bayerns schrumpfte im Laufe der Jahre von 2800 auf etwa 500.

Ursprünglich hätte der "Tiger" sowohl in dem traditionsreichen fränkischen Fliegerhorst als auch im hessischen Fritzlar stationiert werden sollen, doch dann verzögerten technische Probleme die Auslieferung. Außerdem stiegen die Kosten für das von Airbus Helicopters gefertigte Fluggerät, das mit einem Stückpreis von über 40 Millionen Euro zu Buche schlug. Und so verkündete zu Guttenbergs Nachfolger Thomas de Maizière kurz nach Fertigstellung der Infrastruktur, dass die Bestellung der "Tiger" für Roth storniert worden sei.

Die restlichen 40 Exemplare kamen nach Fritzlar, dafür wurde das fränkische Kampfhubschrauberregiment 26 im Jahr 2014 aufgelöst, und seitdem sind die Hallen in der Otto-Lilienthal-Kaserne verwaist. Lediglich einige Eurocopter der Polizeihubschrauberstaffel Bayern starten noch regelmäßig vom Flugplatz vor den haushohen Toren der drei silbernen Giganten.

Spatenstich für Neubau

Nun wurde das neueste Kapitel in der wechselvollen Geschichte der Otto-Lilienthal-Kaserne aufgeschlagen. In Roth trafen sich Bayerns Innenminister Joachim Herrmann und hochrangige Bundeswehr-Vertreter zum Spatenstich für den Neubau der Offiziersschule der Luftwaffe. Die soll vom bisherigen Standort in Fürstenfeldbruck nach Roth verlegt werden und Ende 2021 ihren Betrieb aufnehmen. Eine Investition, die wahrscheinlich erneut den Bundesrechnungshof auf den Plan rufen wird, denn der Umzug kostet erheblich mehr als die Sanierung der bestehenden Gebäude in Oberbayern. Offiziell wurde die Sanierung in Fürstenfeldbruck auf 80 bis 100 Millionen Euro veranschlagt, für die Rother Lösung hat die Bundeswehr bislang knapp 200 Millionen in ihrem Etat bereitgestellt.

Die Verantwortlichen im Verteidigungsministerium begründen den Umzug damit, dass der komplette Neubau in Roth funktionaler und langfristig auch günstiger sei, doch der Wehrbeauftragte Hans-Peter Bartels (SPD) hatte in seinem jüngsten Jahresbericht gefordert, das Projekt einer eingehenden Kosten-Nutzen-Analyse zu unterziehen. Schließlich hat sich der Bau schon jetzt gegenüber den ursprünglichen Planungen erheblich verzögert.

2013 zum Beispiel hatte Christian Schmidt (CSU), damals noch parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium, bei einem Roth-Besuch davon gesprochen, dass die neue Offiziersschule Ende 2017 bezugsfertig sein solle. Hundertprozentig festlegen wollte sich Schmidt allerdings nicht: "Ich bin schon so lange dabei im Geschäft der Verteidigungspolitik. Da habe ich gelernt, dass man sich mit endgültigen Aussagen zurückhalten soll", erklärte der jetzige Bundeslandwirtschaftsminister damals.

Der Mann wusste, wovon er sprach, und wegen der immer wieder neuen Kehrtwenden in der Standortpolitik und der vielen sinnlos verpulverten Millionen im Verteidigungshaushalt steht die Bundeswehr inzwischen in einem ziemlich schlechten Licht da. Auch deshalb, weil das für Investitionsruinen wie in Roth ausgegebene Geld an anderen Stellen fehlt. Etwa für eine optimale Ausrüstung vieler Soldaten, die bei Auslandseinsätzen ihr Leben riskieren. Angesichts dessen sind schon die bisherigen Millionengräber in der Otto-Lilienthal-Kaserne ein echter Skandal.

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