Windkraft

Funktioniert im Landkreis Roth Aiwangers Verstecken im Wald?

24.6.2021, 06:00 Uhr
Im Landkreis Roth tauchen Windkraftanlagen (blau) nur an den äußersten Rändern auf. Die dunkelgrünen "Flecken" sind günstige, aber nicht unbedingt bewaldete Gebiete.

© Bayerisches Staatsministerium, NN Im Landkreis Roth tauchen Windkraftanlagen (blau) nur an den äußersten Rändern auf. Die dunkelgrünen "Flecken" sind günstige, aber nicht unbedingt bewaldete Gebiete.

Aiwangers Vorschlag ist der Versuch, die in Bayern seit 2014 vom Koalitionspartner CSU forcierte 10-H-Regel auszumanövrieren, dass ein Windrad mindestens das Zehnfache seiner Höhe von Wohnbebauung entfernt sein muss. Die Kommunen hätten da ja Entscheidungsspielraum, und umgeben von Wald gäbe es wohl weniger Widerstand von Bürgern gegen eine Errichtung innerhalb der 10-H-Grenzen. Seit Herbst gibt es im Freistaat sohar Windkümmerer, die bei Projekten unterstützend eingreifen sollen.

Von hinten aufgezäumt

Da die Stadt Hilpoltstein eine der Kommunen ist, die anno 2014 durch die 10-H-Regel ganz erheblich in ihrem Energieplan ausgebremst wurde, ist Bürgermeister Markus Mahl bestens betraut mit der Materie. Er ist überzeugt, „dass hier das Pferd von hinten aufgezäumt wird“: „Erst wenn die 10-H-Regel fällt, lässt sich ein Verfahren durchziehen. Ich kriege doch sonst nie eine einheitliche Meinung und muss immer mit Widerstand rechnen. So kann ich niemand überzeugen.“
Skeptiker ist Mahl auch, weil Bayern da nicht längst mit gutem Beispiel vorangegangen ist: „Der Staat ist doch der größte Waldbesitzer in Bayern.“ Hilpoltstein hat es immerhin auf zwei Windräder zwischen Solar und Meckenhausen gebracht. Dann war Schicht. Der gecancelte Standort bei Jahrsdorf ist noch als Vorranggebiet ausgewiesen. „Das ist Vergangenheit“, sagt Mahl, „ob wir das halten würden, ist eine andere Frage.“
Nach Auskunft von Sebastian Regensburger vom Regionalmanagement des Landratsamtes wurde der Energie-Atlas nicht um mögliche Waldstandorte modifiziert, sondern unverändert gelassen. Eine forstliche Übersichtskarte kann man gleichwohl einblenden. Und da ist Jahrsdorf sowieso außen vor.

So stellt sich Hubert Aiwanger das vor, eine im Wald „versteckte“ Windkraftanlage. Diese hier bei Göggelsbuch wurde 2002 schon lange vor der 10-H-Regel verwirklicht.  

So stellt sich Hubert Aiwanger das vor, eine im Wald „versteckte“ Windkraftanlage. Diese hier bei Göggelsbuch wurde 2002 schon lange vor der 10-H-Regel verwirklicht.   © Tobias Tschapka, NN

Das ist kein Einzelfall: In der Stadt Heideck gab es 2015 einen Bürgerentscheid, der einem Windpark auf der Achse Liebenstadt, Rambach und Schloßberg eine Abfuhr erteilte. Die ist zwar immer noch als Vorbehaltsgebiet eingetragen, ist aber aus der Karte eigentlich verschwunden. Stattdessen gibt es jetzt einen Gürtel um Laibstadt, den Hauptamtleiter Roland Hueber für reichlich optimistisch hält: „Das sind fast ausschließlich landwirtschaftliche Flächen, höchstens eingestreut kleine Waldstücke.“ Und liegen teilweise im Naturpark Altmühltal.

Volle Transparenz

Südöstlich davon trifft man auf das Windkraftzentrum des Landkreises Roth. An der Grenze zum Landkreis Eichstätt ist es der Gemeinde Thalmässing gelungen, rechtzeitig und in überwiegender Eintracht bei Landersdorf einen Bürgerwindpark hinzustellen. Wie der Geschäftsleiter und Kämmerer Martin Obermeyer war ein Erfolgsgeheimnis, dass mit voller Transparenz agiert und die Bürger ins Boot geholt wurden.
Westlich dieser Fläche, im Dreieck zwischen Waizenhofen und Ruppmannsburg und Reichersdorf, wäre noch ein „günstiges Gebiet“ vorhanden. Doch Ambitionen, dort den Windpark zu erweitern gibt es nicht. Mitten auf der Hochfläche befindet sich der privat betriebene Flugplatz für Gleitschirmflieger. Der Besitzer bedankt sich sicherlich für Spargel im Startbereich und beim Landanflug. Und die Gemeinde forciert sowieso Solaranlagen auf Dächern.
Der Ausbau der Solarenergie ist „das tatsächliche Thema“ auch für Bürgermeister Manfred Preischl in der Nachbarstadt Greding: „Wir speisen mittlerweile mit der Freiflächenvoltaik dreimal so viel ein wie wir selbst verbrauchen.“ Das günstige Gebiet um Röckenhofen in der Verlängerung der Windkrafträder von Litterzhofen (Kreis Eichstätt) erfüllt nicht das Wald-Kriterium. Da gäbe es schon welche sogar mit guter Anströmlage in Blickrichtung Attenhofen, doch diese Zone ist tabu wegen der „wehrtechnischen Dienststelle für Informationstechnologie und Elektronik“.
Im westlichen Part des Landkreises hat man in Abenberg die auch im Regionalplan ausgewiesenen Vorranggebiete bei Dürrenmungenau und Ebersbach noch nicht aus den Augenverloren, doch auch hier „haben wir uns vorwiegend mit Photovoltaikflächen beschäftigt“, wie Bürgermeisterin Susanne König die Prioritäten klarstellt. Nach der Devise „eins nach dem anderen“ werde man sich frühestens ab Januar nächsten Jahres dem Thema Windkraft widmen.
In der Stadt Spalt gibt es ein Vorbehaltsgebiet nördlich vom Mosbach, das allein schon deshalb kompliziert ist, weil es auch zu Abenberg und Georgensgmünd gehört. Kurz vor Mauk ist ein weiteres Vorbehaltsgebiet eingezeichnet. Nach Auskunft von Stefan Blum von den Gemeindewerken Georgensgmünd reicht da der Wind nicht aus. Außerdem: „Bei Solar sind wir voll dabei.“

Noch nie ein Thema

Im Westen der Gemeinde Kammerstein ist ebenfalls ein Vorbehaltsgebiet ausgewiesen. Das kennt man wohl, aber "Windkraft war bei uns noch nie ein Thema", sagt dazu Stefan Barthel von der Finanz- und Bauverwaltung. Die Präferenz der Kommune zeigt sich in einer bestehenden und zwei entstehenden PV-Anlagen. Außerdem leistet man einen Beitrag mit einem Nahwärmenetz.

An der Schottleite nördlich von Büchenbach und am Geisbuckel bei Meckenlohe haben sich zwei weitere Vorbehaltsgebiete eingeschlichen. Mehr hat der nördliche Landkreis nicht zu bieten.

Zum Energie-Atlas

Dunkelgrün: Überwiegend aus Gründen des Immissions- und Naturschutzes für Windkraft voraussichtlich mögliche Flächen gößer als mit mittleren Windgeschwindigkeit ab 5 m/s in 130 m Höhe. (Hellgrün: Windgeschwindigkeit 4,5 bis 4,9 m/s)
Vorbehaltsgebiete: In ihnen ist einem fachlichen Belang bei der Abwägung mit konkurrierenden Nutzungen besonderes Gewicht beizumessen. Sie werden von den Regionalen Planungsverbänden festgelegt.
Vorranggebiet: Die Festlegung bewirkt, dass in diesem Gebiet andere raumbedeutsame Nutzungen ausgeschlossen werden, soweit diese mit dem Belang der Windenergienutzung nicht vereinbar sind.

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