Notunterkunft:

Für Obdachlose: Kein Bedarf an Nestern

16.5.2021, 06:04 Uhr
Für Obdachlose: Kein Bedarf an Nestern

© Foto: Claudia Weinig

Für die Obdachlosenunterkunft im Rother Kiefernweg soll es demnächst einen Ersatzbau in Containerbauweise geben. Aber auch für die obdachlosen Menschen, die bei unter null Grad nicht dort schlafen (wollen), wird nach Lösungen gesucht.

Sie heißen "Ulmer Nester" und sollen auch so schützend und heimelig sein wie ein kleines Nest. Richtig kuschelig sind die hölzernen Kisten zwar nicht, aber ihren Zweck erreichen sie: In Ulm bewahren sie Obdachlose im Winter vor eisigen Nächten im Freien. In Roth werden die "Nester" aber noch nicht angeschafft.


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In Ulm sind die Schlafkapseln, längliche sechseckige Kisten aus Holz, durch das Material etwas isolierend, mit abschließbarer Öffnung nach oben und zwei Sichtfenstern an den Längsseiten, seit dem Winter 2019 im Einsatz. Wohnungslose, die öffentliche Schlafstellen meiden, können eine oder mehrere Nächte darin verbringen und werden damit unter Umständen vor dem Erfrieren gerettet.

In Roth hat Martin Winkler, der für "Die Partei" im Stadtrat sitzt, einen Antrag an die Stadtverwaltung gestellt, sich genauer über die Ulmer Nester zu erkundigen. Denn aus einem Gespräch mit einem unterkunftslosen Mitbürger wisse er, Winkler, dass dieser Mann aus "Sorge um die eigene Privatsphäre, aber auch um körperliche Unversehrtheit" die Rother Obdachlosenunterkunft meidet und deshalb "selbst bei Temperaturen unter dem Gefrierpunkt im öffentlichen Raum schläft".

Alle untergebracht

In Roth konnte man aber bisher alle Menschen unterbringen, die unfreiwillig obdachlos sind, erklären vor dem Finanzausschuss sowohl Ordnungsamtsleiter Rainer Hofer als auch SPD-Stadtrat (und Polizist) Andreas Buckreus. Wenn nicht bei Freunden oder Verwandten, dann in der Villa Kunterbunt, wo es in zwölf Zimmern, jeweils zirka 17 Quadratmeter groß, insgesamt 24 Schlafgelegenheiten gibt – mit je eigenem absperrbaren Spind, wie Hofer betont. Deshalb bestehe im Moment kein Handlungsbedarf.

Außerdem seien diese Nester, in denen die eigene Körperwärme auf engem Raum die Temperatur etwas anhebt, auch im Winter "nur bedingt einsetzbar". Generell stelle das Ulmer Nest also "keine Alternative zu Wohnraum dar", sondern "ist eine reine Notschlafgelegenheit".

Für die Vorstellung vor dem Finanzausschuss hat Hofer auch ein paar maßgebliche Zahlen und Daten in Bezug auf ein mögliches Nachahmen des schwäbischen Projekts ermittelt: In Ulm sei für die beiden Nester neben der Zeit für Reinigung alle ein bis zwei Wochen, für eventuelle Reparaturen und die Verwaltungsarbeit auch Zeit für begleitende Sozialarbeit notwendig.

Der Aufwand für Auf- und Abbau an öffentlichen Plätzen (mit Wasseranschluss und Toiletten) sei jedoch gering. Preise gebe es noch nicht, weil vorerst nur die Prototypen existieren und die Schlafkapseln noch nicht in Serie hergestellt werden.

Im Ausschuss votierte man einhellig – mit der Stimme von Martin Winkler – dafür, dass in Roth im Moment kein Bedarf am Kauf der Ulmer Nester herrscht. Auch vor dem Hintergrund, dass der strukturelle Unterschied zwischen beiden Städten doch deutlich ist: In Roth leben gut 25 000 Menschen, in Ulm sind es gut 125 000.

Neubau geplant

Trotzdem: Die bestehende Unterkunft am Kiefernweg, in der die Belegung ständig variiert und in der vorwiegend Männer – häufig Suchtkranke – leben, ist laut Hofer "in die Jahre gekommen". Also, heißt es von der Stadtverwaltung, sei für die nächsten Jahre zwischen Bahn und Asylbewerberheim ein Neubau in Containerbauweise geplant.

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