Gegen Rehe haben die jungen Bäume keine Chance

14.2.2016, 16:14 Uhr
Gegen Rehe haben die jungen Bäume keine Chance
Gegen Rehe haben die jungen Bäume keine Chance

© Fotos: Jürgen Leykamm

Herbert Fuchs muss zusehen, wie sein kleines Stück Forst eine Entwicklung nimmt, die niemand will: Er „entmischt“ sich. Bald schon könnten hier nur noch Fichten stehen. Im Jahr 1900 haben die Vorfahren des jetzigen Eigentümers hier aus einem Acker einen Mischwald gemacht und damit große Weitsicht bewiesen. Er verjüngte sich von selbst, bis dann vor 30 Jahren die Verbissprobleme zunahmen und „nur noch die Fichte durchkam.“

1986 gab es das erste forstliche Gutachten, das gleich 100 Prozent Verbiss attestierte. Die paar Gehölze, die es irgendwie „nach oben“ schaffen, leiden oft unter den Fegeschäden, die ihnen die Rehe zufügen. Die so einsetzende Rotfäule bringt den Bäumen Krankheit und Tod.

Dabei gäbe es hier „ideale Voraussetzungen für eine naturnahe Waldwirtschaft“, sagt Markus Ganserer, forst- und jagdpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag und studierter Forstwirt. Er hat einen Tag vor seinem Besuch in Ebenried die Anträge eingereicht. Ein paar kleine eingezäunte Flächen in dem Wald geben Grünen-Politiker recht: Hier wachsen die Bäume gut.

Das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten hat Herbert Fuchs schon zu verstehen gegeben, dass er in den nächsten zwei Jahrzehnten 30 Prozent des Altbestands der Bäume ernten solle, bevor dies die Stürme tun. Aber es fehlt an Baumnachwuchs, denn die jungen Pflanzen landen am Ende im Maul der Rehe – vor allem Tannen sind beliebt. Die Zahl der Tiere sollte dezimiert werden, fordert Fuchs seit zehn Jahren. Die letzte Abschussquote (die auf dem forstlichen Gutachten fußt) hat der betreffende Jagdpächter zwar fast erfüllt, „aber das reicht nicht“, so Fuchs. Im neuen Gutachten wird der Verbiss als „deutlich zu hoch“ eingestuft.

Das Areal des Ebenrieders ist eingebettet in ein 35 Hektar großes Waldstück, in dem sich drei Jagdreviere überschneiden – neben Mörlach mit knapp 260 Hektar sind auch Ebenried und Mörsdorf mit von der Partie. Dass es auch anders gehen kann, als mit zu hohem Verbiss, beweist Fuchs selbst. Der 53-Jährige ist als Jungjäger mit der Flinte unterwegs für die Alfershausener Jagdgenossen, die ihre Wälder in Eigenbewirtschaftung bejagen und mit ihrem Angestellten aus Ebenried bislang zufrieden sind. Im Landkreis Roth sähe die Lage düster aus, rechnet Ganserer vor: In nur drei der zwölf Hegegemeinschaften ist die Verbisssituation tragbar.

Herbert Fuchs wurde in der Vergangenheit auf verschiedene Art aktiv. Gut zwei Jahrzehnte hatte er ein ganzes Hektar eingezäunt, was ihm prompt den Vorwurf einbrachte, damit den Verbissdruck auf umliegende Flächen zu erhöhen. Er baute den Zaun wieder ab, reichte kurz darauf eine Petition im Landtag ein – vergeblich. Seine Befürchtung: Bald werden bloß noch eingezäunte Waldflächen eine Chance auf Verjüngung haben.

Für Ganserer ist dies ein Unding, denn das bayerische Waldgesetz wolle ja gerade standortgerechte Wälder erhalten. Und die sollen dank der Prämisse „Wald vor Wild“ ohne Schutzmaßnahmen wachsen können. Doch dem Rechtsanspruch auf wenig Verbiss fehle selbst der Biss. Laut Ganserer entsteht so „ein rechtsfreier Raum, der nicht akzeptiert werden kann — der Freistaat muss den Waldbesitzern zu ihrem Recht verhelfen!“ Dass jetzt stattdessen wieder Verbissschutz gefördert wird, hält er „für eine Verzweiflungstat“.

Die Grünen plädieren in ihren Anträgen auf Dezimierung des Wildes. So wird in ihnen etwa der „körperliche Nachweis für rote Hegegemeinschaften“ gefordert. Überall dort, wo bei zwei Kontrollen in Folge der Verbiss als nicht tragbar eingestuft wird, sollen also die erlegten Tiere als Beweismaterial für den Abschuss dienen. Dann wären keine so genannten „Postkartenabschüsse“ mehr möglich.

Die Einführung eines Zwangsgeldes bei Nichterfüllung des Abschusses, so lautet eine weitere Forderung. Auch die Schonzeit für weibliches Rehwild soll verkürzt werden, damit die Quote besser erfüllt werden kann. Und nicht zuletzt brauche es eine Flexibilisierung der Abschussregelungen für Rot- und Gamswild im Bergwald.

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