Georgensgmünd: Trauer um toten SEK-Beamten

20.10.2016, 16:35 Uhr
Georgensgmünd: Trauer um toten SEK-Beamten

© Foto: Claudia Weinig

„Von jetzt auf gleich“, so sagt es der Leiter der Rother Polizeiinspektion André Sewald immer wieder, kann einem Polizisten, einer Polizistin so etwas passieren. Jetzt ist tatsächlich ein 32 Jahre alter Kollege des SEK bei dem Schusswechsel mit dem „Reichsbürger“ in Georgensgmünd so schwer verletzt worden, dass er in der Nacht darauf verstorben ist.

„In sich gekehrt“ sei die Stimmung im Haus und „sehr ruhig“, bei einer Nachbesprechung will Sewald den beteiligten Beamten Gesprächsangebote machen und sich erkundigen, „wie es ihnen jetzt geht“.

Denn obwohl die Beamten der Inspektion nicht unmittelbar betroffen waren bei dem Schusswechsel mit dem 49-jährigen Mann, der sich zu der obskuren Bewegung der „Reichsbürger“ zählt: „Von jetzt auf gleich“ könne es eben jeden Beamten im Einsatz treffen. Aber Sewald betont im selben Atemzug: „Wir werden auch immer wieder darauf hingewiesen.“ Die Eigensicherung sei für den Schutz eminent wichtig.

Zu dieser Eigensicherung hätten die Beamten natürlich auch bei dem Einsatz in Georgensgmünd beigetragen: „Selbstverständlich sind wir nicht mit dem Martinshorn dort vorgefahren“, sagt der Rother Polizeichef, aber in dem Moment des Zugriffs schalten die Kollegen an den stehenden Fahrzeugen Martinshorn und Blaulicht ein — eben auch in diesem Fall. So weiß der Adressat (in diesem Fall der Hausbewohner), dass er nicht etwa von einem Einbrecher bedroht wird, gegen den er sich wehren darf und soll, sondern dass staatliche Beamte im Einsatz sind.

Genau davor hat auch Ben Schwarz, Bürgermeister von Georgensgmünd, besondere Hochachtung. „Die SEK-Leute sind dem Mann offen entgegengetreten — trotz des Wissens um seine Waffen — und gehen nach rechtsstaatlichen Prinzipien vor, obwohl der Mann die ablehnt.“

Schwarz beschreibt einen Tag nach der Razzia mit dem tödlichen Ende die Atmosphäre im ganzen Ort als „sehr bedrückt“, aber auch Beunruhigung sei deutlich spürbar. Der Moment sei „beängstigend, dass die Systemkritik eines Menschen plötzlich in Gewalt gegen dieses System umschlägt“.

Zusätzlich beunruhigend findet der Bürgermeister, dass es für dieses Verhalten in den sozialen Netzwerken „auch noch Sympathisanten gibt“: Da werde kolportiert, der „Reichsbürger“ habe sich lediglich verteidigt, als die Polizei sein Haus gestürmt habe. Schwarz ist entsetzt: „Die Hemmschwelle für eine solche Haltung ist offenkundig gesunken.“

Der „Reichsbürger“, der vor seinem Haus eine Fantasieflagge gehisst hatte, sei ihm, Schwarz, erst Anfang 2016 behördlich aufgefallen: Damals habe der 49-Jährige mit zwei „Zeugen“ beim Einwohnermeldeamt seinen Personalausweis abgegeben — ihn also liegengelassen. Einige Wochen später habe er sich bei der Gemeinde abgemeldet — das ist laut Schwarz allerdings „nur ein Melderechtsverstoß“. Als er aber seine Kfz-Steuer nicht mehr bezahlte, kam der Zoll auf den Plan und forderte das Geld ein. Der Mann zahlte und reagierte weiterhin nicht, und alle „Vollstreckungsversuche“ scheiterten, er ließ niemanden auf sein inzwischen mit gelber Farbe markiertes „extraterritoriales“ Grundstück. Der Zoll wandte sich ans Landratsamt, dort zweifelte man dann an, dass der Mann seine immerhin 31 Waffen „zuverlässig“ hat, und entzog ihm die Erlaubnis für das Arsenal.

Als der Mann immer noch nicht reagierte, forderte die Behörde gemeinsam mit der Rother Polizeiinspektion das SEK als Unterstützung für den Zugriff an. Dass der so tragisch endete, bewegt die Kollegen und die Menschen in Georgensgmünd tief, aber Ben Schwarz setzt hinzu: „Dazu kommt jetzt die Verunsicherung.“

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