Gerade kleine Betriebe vom „Tierschutz“ bedroht

21.1.2013, 17:23 Uhr
Gerade kleine Betriebe vom „Tierschutz“ bedroht

© Leykamm

Dabei muss es nicht einmal ein Skandal sein, der die negative Kette an Ereignissen nach sich zieht. Es genügen schon Bemühungen um das viel zitierte Tierwohl. Denn die Vorschläge, die diesbezüglich gemacht werden, „hören sich nur so an, als ob sie kleine Strukturen schützen würden", ist Thomas Schmidt, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes (BBV), überzeugt. Tatsächlich aber sei das Gegenteil der Fall.

Um ein Beispiel zu finden, muss er nur vor die eigene Haustür gehen. In seinem Wohnort Kraftsbuch gab es vor Kurzem noch drei Sauenhalter. Für die gilt ab heuer eine neue Verordnung mit Gruppenhaltungspflicht. Die Umstellung konnte keiner der drei wirtschaftlich stemmen — nun gibt es am Ort des Kreisobmanns keinen mehr.

Das Gastgeberehepaar des Pressegesprächs, Hermann und Ulrike Schlierf, hat die Kurve noch gekriegt. In seinen Ställen stehen 120 Muttersauen, die jährlich bis zu rund 2400 Ferkel zur Welt bringen. Hier lauert das nächste Problem: Denn es ist üblich, die männlichen Schweinchen zu kastrieren, um dem Ebergeruch in späteren Jahren vorzubeugen. Standard ist jetzt schon die Schmerzstillung mit Betäubung durch den Landwirt, der den Eingriff auch selbst vornimmt. Bestrebungen, Betäubung unter tierärztlicher Aufsicht verpflichtend einzuführen, sind noch nicht ganz vom Tisch.

„Aber das schießt übers Ziel hinaus", so Schmidt. Und führe zu Entwicklungen, die auch Tierschützern nicht recht sein könnten, meint Hermann Schlierf. Denn es seien die Großbetriebe, die den Einsatz eines Tierarztes sowohl logistisch wie finanziell locker wegstecken könnten. Im Gegensatz zu Kleinbetrieben, die dadurch vor enorme Herausforderungen gestellt würden. Die Kosten pro Schwein seien etwa um ein Vielfaches höher. „Tierschützer wollen bestimmt keine 2000-Muttersauenställe", so Schlierf, würden diese aber durch die eigenen Forderungen begünstigen und den Trend zur verpönten Agrarindustrie beschleunigen.

Die Wertschöpfung gehe damit der Region verloren, moniert Ortsbäuerin Rita Seitz. Und damit auch die eigentlich gewünschte nachhaltige Produktion rückverfolgbarer Lebensmittel. „Eigentlich schizophren", kommentiert Schlierf.

Hohe Qualität

Auch den Metzgern stößt das sauer auf. Zum Beispiel Innungsobermeister Willi Böbel und seinem Stellvertreter Max Gruber, der die vielen Aktionen eigentlich satt hat, die dem Verbraucher hohe Qualität des Fleisches beweisen sollen. „Das nervt mich mittlerweile", so Gruber. Wer wissen wolle, woher die Rinder kommen, die er schlachte, solle zu den Bauern der Region gehen, „da laufen sie herum". Buchstäblich vor der Haustür läge auch die Antwort auf die oft gestellte Frage: „Was kann man denn überhaupt noch essen?" Sie befriedigend beantwortet zu bekommen, braucht es nur kurze Wege, so die Ebenrieder Ortsbäuerin Rita Seitz sinngemäß.

Dass die Landwirte und Metzger verantwortlich und nachhaltig arbeiten, sei schon im ureigenen Interesse, so der Tenor der Teilnehmer beim Pressegespräch. Viele positive Entwicklungen forcierten die hiesigen Betriebe auch selbst. Wie etwa die Züchtung hornloser Tiere. Nur brauche es da eben ein paar Rindergenerationen, bis sich die Gene im Stall durchgesetzt haben. Ein fester Stichtag seitens der EU sei eher kontraproduktiv, so Schmidt. Doch schon jetzt gelte, dass es in den modernen Kuhställen sich für die Tiere wesentlich besser lebe als in früheren Zeiten. „Da möchte keine Kuh mehr tauschen", ist der Kreisobmann überzeugt.

Er geht noch weiter: Würde er heute seine Kühe so halten wie es in einem Bauernhofmuseum gezeigt wird, „dann würde man mich einsperren!" Der Tierschutzfaktor sei heutzutage eben wesentlich größer. Auch wenn die Ställe größer seien. Hier gingen Tierwohl und Wirtschaftlichkeit Hand in Hand. Das sei auch legitim. Überzogen hingegen wirke so mancher Verbraucherwunsch: „Man soll selber schlachten, aber nicht im Dorf", erwähnt Gruber einen solchen.

Schmidt holt zur Kritik an der Kritik an der Landwirtschaft aus. Etwa was das immer wieder aufkeimende Nörgeln am steten Bemühen um Optimierung der Milchleistung anbelangt. Denn laut Kreisobmann wird im Landkreis heutzutage die doppelte Menge Milch wie vor 20 Jahren erzeugt, man brauche dazu aber nur die gleiche Menge Mais, „der auch noch für die Biogasanlagen reicht".

Auch mit einem weiteren Vorurteil räumt der Kreisobmann auf. So seien die hohen Lebensmittelpreise nicht zwangsläufig für den Hunger in der Welt verantwortlich. Im Gegenteil: Sie stärkten die Agrarstrukturen in den armen Ländern, da sie dem dortigen Bauer höheres Einkommen bescherten. Zu seinem Fazit kehrt Schmidt dann wieder in den Landkreis zurück. Hier werde „ordentliche Tierhaltung" betrieben, der sich eine „ordentliche Verarbeitung" durch die Metzger anschließe. Deswegen könne es man sich hierzulande „einfach richtig gut schmecken lassen“.

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