Gewalt gegen Schiedsrichter: "Jeder Fall ist einer zu viel"

6.11.2019, 13:56 Uhr
Gewalt gegen Schiedsrichter:

© Foto: Sportfoto Zink / ThHa

Herr Laumer, wurden Sie selbst schon mal auf dem Platz attackiert?

Laumer: Ich bin persönlich noch nicht tätlich angegriffen worden, allerdings waren schon Situationen dabei, die bedrohlich waren. Nach dem Spiel ist mal der Leiter des Ordnungsdienstes mit dem Regenschirm schwingend auf mich zugelaufen. Einer, der eigentlich für meine Sicherheit zuständig sein soll, war der, der die Meute angeführt hat.

Wie ist Ihre erste Reaktion, wenn sie von Streiks erfahren? In Berlin gab es kürzlich nicht den ersten Schiedsrichter-Boykott ...

Laumer: Ich denke mir schon: Muss das wirklich sein? Wie schlimm ist die Situation vor Ort wirklich? Ein Streik ist für mich immer nur der allerletzte Ausweg. Ich glaube, dass man davor viele andere Dinge machen muss – etwa, was wir gerade in Bayern machen. Runde Tische, mit denen wir versuchen rauszugehen, in den Dialog zu kommen, um über das Thema Wertschätzung mit den Vereinen zu sprechen, um die Beteiligten sensibler für das Thema Schiedsrichtergewinnung und -erhalt zu machen. Ein Streik sendet ein Signal aus – es ist in den Medien, aber dann auch wieder verschwunden. Vielmehr muss man an den kontinuierlichen Dingen arbeiten, um das Verhältnis auf den Plätzen zu verbessern.

Gewalt gegen Schiedsrichter:

© Foto:–Robert Schmitt

Sie stehen im Kontakt mit vielen Kollegen - wie weit ist man hier im Bezirk entfernt von einem Streik?

Laumer: Ich wüsste jetzt nicht, dass ein Streik im Bezirk oder in Bayern diskutiert würde. Weil wir eben sagen, dass wir auf anderem Weg den Dialog suchen wollen. Leider sind die runden Tische schlecht besucht. Am Montag waren im Kreis Erlangen/Pegnitzgrund nur etwa 13 Vereine von fast 200 vertreten. Noch nicht mal zehn Prozent sagen also, wir interessieren uns für das Thema ...

Nun lässt sich die gesellschaftliche Realität nicht ändern – es wird der Eindruck vermittelt, dass Gewaltexzesse zunehmen. Gilt das auch auf dem Platz?

Laumer: Wir verfolgen die Zahlen in Bayern, Gewalt gegen Schiedsrichter findet bei uns im ganz, ganz geringen Bereich statt. Es sind Einzelfälle, die da passieren. Die Zahl hat auch nicht zugenommen. Was aber natürlich passiert: Durch soziale Medien und das Internet kommen diese Themen noch stärker in die Öffentlichkeit. Einen Vorfall, wie er jetzt in Hessen am Wochenende passierte, hätten wir früher wahrscheinlich gar nicht mitbekommen, jetzt geht er durch die sozialen Netzwerke natürlich viral. Aber natürlich: Gewalt gegen Schiedsrichter ist da. Jeder Fall ist einer zu viel!

Fühlen Sie sich von Sportgerichten eigentlich entsprechend geschützt?

Laumer: Jeder Vorfall, der da passiert, muss mit allem Nachdruck sportgerichtlich oder zur Not auch zivilrechtlich verfolgt werden. Wir hatten kürzlich wieder ein Urteil beim Bayerischen Fußball-Verband, das einen Verbandsausschluss zur Folge hatte. Generell sind unsere Sportgerichte da nicht schlecht. Ich finde auch interessant, was im Saarland passiert ist. Da wurde eine Polizeistelle geschaffen, die in erster Linie dafür verantwortlich ist, Anzeigen von Schiedsrichtern zu bearbeiten. Um damit zu sagen: An den könnt ihr Euch zentral wenden.

Für Schiedsrichter in Funktionen wie der Ihren existiert da ja ein gewisser Zwiespalt: Einerseits Entwicklungen anzuprangern und auf das Negative zu zeigen, andererseits Nachwuchs für das Amt zu begeistern. Was würden Sie einem jungen Menschen sagen, warum sollte er Schiedsrichter werden?

Laumer: Lass Dich nicht entmutigen! Die Tätigkeit als Schiedsrichter ist eine perfekte Schule fürs Leben. Ich verweise da gerne auf meinen Karriereweg, der hat mich immerhin auf einen Lehrstuhl gebracht. Den hätte ich, glaube ich, niemals ohne das Schiedsrichterwesen genommen. Sowohl die Tätigkeit auf dem Platz, als auch mein Engagement im Ehrenamt haben mich da sehr stark geprägt.

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