Hembacher Kunstweg: Er wächst und wächst

23.8.2020, 08:56 Uhr
Hembacher Kunstweg: Er wächst und wächst

© Foto: Robert Gerner

Für das 57. Kunstwerk, das seit Donnerstagabend den Rednitzhembacher Kunstweg bereichert, muss der Sachkundige zunächst einmal Kopfarbeit leisten. Klaus-LEO Drechsels filigrane gläserne "Halmgespinste" thronen nämlich gut sechs Meter hoch an einem Gestänge aus Edelstahl. Also: Erst einmal den Kopf schön heben, um ein Gefühl für den Neuzugang in der Open-Air-Galerie zu entwickeln.

In mancherlei Hinsicht ist das 57. Kunstwerk auf dem Kunstweg einmalig. Es ist zum Beispiel das erste, das nicht in den Besitz der Gemeinde Rednitzhembach übergeht, sondern im Eigentum des Künstlers bleibt. Die Dauerleihgabe steht nämlich direkt vor Drechsels Haus, auf seinem Grundstück, Hembacher Straße 85.

In anderer Hinsicht erscheint es fast inflationär. Je nach Zählweise hat Drechsel, dieser Designer, Filigrantechniker, Astronomiebegeisterte, Bausachverständige, Statiker, Künstler und Monteur in Personalunion, schon fünf oder sechs Kunstwerke für den Kunstweg beigesteuert.

Hembacher Kunstweg: Er wächst und wächst

© Foto: Robert Gerner

Er selbst sagt sechs. Bürgermeister Jürgen Spahl glaubt fünf. Weil ein Kunstwerk in der Schule schon irgendwie am Kunstweg liegt, aber in der offiziellen Zählung nicht auftaucht.

Am Anfang: ein Paukenschlag

Sei’s drum. Die Drechsel’schen Werke tun dem Kunstwerk gut. Und schließlich war es ja auch der Mann mit der markanten Baskenmütze, der vor ziemlich genau 20 Jahren dem Rednitzhembacher Kunstweg zu einem fulminanten Start verhalf. Sein Sternentor, eingeweiht zur Herbst-Tag-und-Nachtgleiche am 23. September 2000, ist heute noch ein sensationeller Hingucker, dessen Mechanik nach wie vor reibungslos funktioniert.

20 Jahre sind seitdem vergangen. Der Rednitzhembacher Kunstweg ist gewachsen und gewachsen, und Klaus-LEO Drechsel hat seine Technik in der Arbeit mit Edelstahl und Glas immer weiter verfeinert. Er tüftelt und gestaltet selbst, aber auch für Auftragsarbeiten ist er sich nicht zu fein. Seine Kirchenfenster sind ein Beleg dafür.

"Ich spreche durch meine Werke"

Künstler ticken natürlich immer ein bisschen anders. Bei Klaus-LEO Drechsel merkt man das schon daran, dass der den LEO in der Mitte seines Namens in Versalien schreibt. Ansonsten, das gab er am Donnerstagabend bei der Eröffnung zu, hat er es nicht so mit den Worten. "Ich bin ja bildender Künstler. Ich spreche durch meine Werke", sagte er.

Für das Wort hatten er und die Gemeinde Kunsthistoriker Dr. Harald Tesan nach Rednitzhembach gelotst, der den Rednitzhembacher Kunstweg ganz allgemein und Klaus-LEO Drechsels Werk ganz speziell über den grünen Klee lobte. "Die Rednitzhembacher Freiluftgalerie hat eine Strahlkraft weit über die Region hinaus", fand Tesan. Sie sei immer weiter gewachsen, weil Rathauschef Spahl das identitätsstiftende Potenzial der Kultur früh erkannt habe.

Bei Klaus-LEO Drechsel fasziniert Tesan immer wieder diese Kombination von Technik und Kunst. Er habe sich im Laufe der Jahre zu einem regelrechten Glasartisten gemausert. Auch Drechsels "Halmgespinste", das sieht jeder Laie, der den Kopf nur weit genug in die Höhe reckt, erfordern sowohl künstlerisches wie handwerkliches Geschick.

Endlich wieder Kultur

Veranstaltungen wie die Enthüllung der "Halmgespinste" hat man seit Ausbruch der Corona-Pandemie kaum noch erleben können. Am Donnerstag konnten sich in Klaus-LEO Drechsels Garten aber doch einige Dutzend geladene Gäste und Kunstinteressierte tummeln. Abstands- und Hygieneregeln mussten aber penibel eingehalten werden, jeder Besucher wurde registriert, um im Falle eines Falles Infektionsketten nachvollziehen und unterbrechen zu können.

In diesem Stil wird es wohl noch einige Monate weitergehen, auch dann noch, wenn im September das 58. Kunstwerk auf dem Kunstweg eingeweiht wird. Und: Im Dezember will die Gemeinde den 20. Geburtstag des Kunstweges tatsächlich groß feiern. Mal sehen.

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