Hilpoltstein: Äthiopische Familie auseinandergerissen

25.5.2018, 07:00 Uhr
Hilpoltstein: Äthiopische Familie auseinandergerissen

© Elke Bodendörfer

"Das ist so ungerecht", sagt Daniels Schwager Reinhard Böhm, ein ehemaliger Polizist aus Wiesbaden, der mit der Halbschwester von Daniel verheiratet ist und sogar für die kleine Familie bürgen würde. Daniel war 2011 nach Deutschland geflohen, er gehörte wie seine Frau Medhanit den Amharen an, einer von der Regierung unterdrückten Volksgruppe.

Er lehnte sich gegen die repressive Regierung auf, war bei Demonstrationen mit dabei und versuchte auch in Deutschland auf die angespannte Situation in seinem Land aufmerksam machen, wie Dokumente und Fotos zeigen, auf denen Daniel als Demonstrant zu sehen ist. In Äthiopien sei er auch im Gefängnis gewesen, weiß seine Schwester, die derzeit mit ihrem Mann bei Medhanit und Töchterchen Imana ist, um sie zu unterstützen.

"Wir wollten eigentlich, dass die Familie in unsere Nähe zieht", sagt Reinhard Böhm. Doch das geht nicht. Daniel und auch seine Frau, die er in Nürnberg bei der evangelisch-äthiopischen Kirche kennenlernte, haben nur einen Duldungsstatus, das heißt, sie müssen alle drei Monate zur Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge, um die Duldung verlängern zu lassen. Sie unterliegen also auch der Residenzpflicht.

Arbeit verboten

Am 7. Mai war es wieder so weit. Doch als Daniel aus dem Amt kam, war er recht betrübt. Die Duldung wurde nur um eine Woche verlängert und die Beschäftigungserlaubnis wurde ihm gestrichen. Von heute auf morgen durfte er nicht mehr arbeiten, hatte – obwohl er seit vier Jahren in einem festen Arbeitsverhältnis stand – keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. "Das hängt wohl mit der Duldung zusammen", meint Böhm. Kindergeld für die kleine Imana gibt es ebenso wenig. Die Böhms schalteten einen Anwalt ein und halfen seiner Frau mit einer Geldschenkung über die Runden.

Geld für Rückflug abgenommen

Doch bereits wenige Tag später war selbst dieses Geld weg. Es wurde für den Rückflug nach Addis Abeba von der Polizei beschlagnahmt. Am Nachmittag des 11. Mai stand diese plötzlich vor der Tür des Anwesens in Solar und holte den Asylbewerber ab. Das Bayerische Verwaltungsgericht hatte endgültig entschieden, dass der Asylantrag von Daniel abgelehnt wird. "Der Anwalt hatte nicht einmal mehr eine Chance einzugreifen, weil er aufgrund des Feiertags erst einen Tag später davon erfuhr", erinnert sich Böhm.

Daniel wurde direkt nach Frankfurt zum Flughafen gebracht. Als er in das Flugzeug einsteigen sollte, zerriss er, so sein Schwager, wohl wutentbrannt die Bordkarte, was die Polizeibeamten veranlasste, ihn abzuführen. Am 12. Mai wurde er der Haftrichterin in Nürnberg vorgeführt, kam noch am gleichen Tag in Abschiebehaft nach Pforzheim und wurde am 14. Mai in ein Abschiebegefängnis nach Erding verlegt.

Appell vergeblich

Dort ist er kaum erreichbar. "Zehn Minuten am Tag darf er vom Gefängnis aus anrufen. Er selbst kann nicht angerufen werden", sagt Reinhard Böhm. Seitdem sitzen seine Frau und die kleine Imana allein im Wohnzimmer. Der Anwalt hat Haftbeschwerde und Verfassungsbeschwerde wegen der Trennung von der Familien eingelegt.

Auch eine Reihe von Hilpoltsteinern, wie LBV-Geschäftsführer Gerhard Koller, machen sich für das Schicksal der kleinen Familie stark, die in der Burgstadt als "gut integriert" galt. Koller schrieb an die Regierung von Mittelfranken mit der Bitte um Bleiberecht. "Ich appelliere an die Menschlichkeit."

Aus Ansbach kam bislang nur ein allgemeingültiges Schreiben mit Worten wie "Es entspricht der Rechtslage, dass vollziehbar ausreisepflichtige Personen nach Abschluss ihres Asylverfahrens das Land wieder zu verlassen haben." Und sollten sich noch weitere Familienmitglieder der betroffenen Person in Deutschland befinden, die ebenfalls ausreisepflichtig sind, so sei eine "getrennte Aufenthaltsbeendigung" möglich, da es den Angehörigen zumutbar sei, zur Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft ins gemeinsame Heimatland auszureisen. Mit Kollers Worten: "Familie trennen, Mann abschieben, Frau kann mit Kind nachkommen."

Sorge ums Mädchen

Was jetzt weiter passiert, ist ungewiss. Daniel hat Angst, dass er ausgewiesen wird und in Äthiopien aufgrund seiner regimekritischen Äußerungen inhaftiert wird. Und auch um das kleine Mädchen machen sich die Böhms Sorgen. Sie wurde vor acht Monaten in eine vermeintlich heile Welt geboren. Sollte sie nach Äthiopien ausreisen müssen, drohe ihr dort die qualvolle Beschneidung.

Es sei alles so ungerecht. "Ich glaube, die bayerische Landesregierung steht unter Druck", so Böhm, und schicke immer mehr Leute in ihre Heimatländer zurück, um Erfolge vorzuweisen und so die Wählerschaft zu besänftigen. Es sei so willkürlich, was in der Asylpolitik passiere. Der eine darf bleiben, der andere nicht, je nach dem welches Bundesland für ihn zuständig ist, so der Tenor des Polizisten, der eigentlich auch rechtsstaatlich eingestellt ist. Aber human sei das nicht.

 

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