Hilpoltstein: Lammfelle statt Daunendecken

17.5.2019, 17:26 Uhr
Hilpoltstein: Lammfelle statt Daunendecken

© Foto: Johannes Lenz

Hinter der authentischen Gewandung verbergen sich natürlich Menschen, die abseits der Mittelaltermärkte und -Feste ein Leben in der Gegenwart führen. So auch Christoph und Eva Leikam aus Hilpoltstein, die seit fünf Jahren mit ihren beiden Kindern (fünf und sieben Jahre) für das Lager des Faberhofs am Mittelalterfest teilnehmen.

"Für uns ist das jedes Mal ein gefühlter kleiner Kurzurlaub", erzählt Christoph Leikam. Im ersten Jahr entschied sich die Familie noch dazu, zuhause zu übernachten, doch schon wollten sie über das Wochenende voll und ganz in das historische Leben eintauchen. Seitdem campieren die Leikams über die gesamte Dauer des Festes am Burganger.

Das bedeutet: Kein Handy, keine Uhr und kein warmes Bett, sondern ein historisch getreues Nachtlager auf Strohballen und Felldecken. Doch im geräumigen Zelt der Familie, in dem dank Rauchabzug sogar eine Feuerstelle eingerichtet werden kann, lässt es sich auch ohne moderne Komfortausstattung aushalten. Außerdem bietet das Nachtlager einen willkommenen Rückzugsort, um eine "Verschnaufpause" vom bunten Treiben auf dem Fest einzulegen.

Die Leikams sind nicht die Einzigen, die mit der kompletten Familie am Lagerleben teilnehmen. "Unsere Kinder haben hier schon Freundschaften mit anderen Gleichaltrigen geschlossen", erzählen sie.

Auch gegessen wird traditionell: Über der Feuerstelle werden Bohnensuppe mit Würstchen oder Kartoffeleintopf zubereitet. Die häusliche Küche vermissen die Kinder an den mittelalterlichen Wochenenden aber nicht. "Die finden das spitze", sagt Christoph Leikam und verweist dabei auch auf die deftigen Brotzeiten mit Schinken und Geräuchertem aus eigener Herstellung des Faberhofs.

Neben dem Spaß am Lagerleben verfolgt das Ehepaar aber auch ein ethisches Ziel. Mit dem Verein Lernfelder e.V. wollen sie die Besucher über traditionelle Handwerksarbeit und Landwirtschaft informieren. Dazu gehören beispielsweise das Verarbeiten von Wolle mit einem historischen Spinnrad oder das Haltbarmachen von Nahrung ohne Konservierungsstoffe oder Plastikverpackungen. "Viele dieser Verfahren sind im Zuge der Industrialisierung leider verloren begangen", kritisiert Eva Leikam.

Die Begeisterung für das mittelalterliche Leben wurde bei Christoph Leikam während des Studiums geweckt. Der Geschichtslehrer findet es schade, dass die Epoche immer noch als "dunkles Zeitalter" in den Köpfen vieler Menschen verankert sei. Zwar sei es nicht zu leugnen, dass die Zustände vor allem im sanitären Bereich katastrophal waren, aber insgesamt "ist dieses Geschichtsverständnis ein Zerrbild".

Mit Verweis auf das "dunkle Mittelalter" fügt Eva Leikam hinzu, dass gerade die Kleidung äußerst farbenfroh war, und verweist auf die hoch entwickelten handwerklichen Methoden dieser Zeit. Trotz aller Mittelalter-Romantik möchten die Leikams nicht gänzlich auf gewisse Fortschritte der Neuzeit verzichten. Lachend zieht Christoph Leikam einen ledernen Kulturbeutel hervor und sagt "Zähneputzen muss schon sein".

Das Mittelalterfest findet noch am Samstag und Sonntag jeweils ab 11 Uhr auf der Hilpoltsteiner Burg statt.

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