Hilpoltstein: ,Prädestiniert für Preis’

13.10.2015, 17:41 Uhr
Hilpoltstein:  ,Prädestiniert für Preis’

© Foto: Jürgen Leykamm

Im Kulturausschuss befand man deshalb einstimmig, dass die beiden „geradezu prädestiniert für diesen Preis sind“, erklärte Bürgermeister Markus Mahl während der Feierstunde. Mit dem Preis sollen zugleich die Kreise gewürdigt werden, in denen die beiden Geehrten aktiv sind, sie seien ja „keine Einzeltäter“, so der Rathaus-Chef. Allein wäre die Vielfalt der jeweiligen Aufgaben auch gar nicht zu stemmen.

Sprachbarriere überwinden

Wie umfangreich die im Falle von Maria Müller sind, machte in ihrer Laudatio SPD-Stadträtin Hedwig Waldmüller deutlich. Sie selbst ist ebenfalls im Asylbewerberhelferkreis aktiv, in dem sich Maria Müller seit fast vier Jahren mit Leidenschaft engagiert. Es gilt, sich um den Empfang der Neuankömmlinge zu kümmern, sie innerlich aufzufangen und erst einmal so manche Sprachbarriere mit Händen und Füßen zu durchbrechen.

Dann geht die Arbeit erst richtig los: Kleiderspenden wollen verteilt, Dienste eingeteilt, Telefonate geführt werden. Die Kommunikation mit Behörden, Rechtsanwälten und Banken, Ärzten und Therapeuten sowie Schulen und potenziellen künftigen Arbeitgebern nimmt breiten Raum ein. Als gelernte Bankkauffrau und emsige Mitstreiterin in der Messebaufirma ihres Mannes weiß Maria Müller bestens mit Menschen umzugehen und zu organisieren. Genau diese beiden Fähigkeiten sind bei ihrem ehrenamtlichen Engagement gefragt: Umzüge in die Wege leiten, Fahrräder beschaffen oder deren Reparatur delegieren.

Auch auf der zwischenmenschlichen Ebene ist der Einsatz der 61-Jährigen gefragt. Oft reicht bloßes Zuhören, wenn die Flüchtlinge über ihre traumatischen Erlebnisse berichten. Auch Streit zu schlichten oder Erste Hilfe zu leisten ist nötig. Bei akuten Krisen schlägt Müller auch nachts auf der Burg auf. Und jeder Asylbewerber bekommt einen Geburtstagskuchen gebacken, auch das will organisiert sein — ebenso wie diverse Feste und der Helferkreis selbst.

Zudem verhilft Müller so manchem Verzweifelten zu Kirchenasyl. Dankbar zeigte sich bei der Feier etwa der Äthiopier Yabelo Kassa Eba, der kürzlich seine Lehre zum Maurer abgeschlossen hat – eine echte Erfolgsgeschichte. Das habe er „nur mit Hilfe von Frau Müller geschafft“. Sie selbst bedankte sich bei all ihren Mitstreitern im Helferkreis und würdigte zugleich deren Arbeit.

Das Engagement von Werner Geßler, beschrieben Claudia Großmann und Erich Bergauer, Vorsitzende und Kassier des Eine-Welt-Ladens „Senfkorn“, dessen treibende Kraft der Geehrte sei. Doch das Engagement des Heilerziehungspflegers geht noch weiter zurück als die Geschichte des seit 20 Jahren bestehenden Ladens. Vor drei Jahrzehnten habe Geßler in der evangelischen Jugend den Anstoß für die „Dritte-Welt-Arbeit“ gegeben, wie sie damals genannt wurde. Es begann mit einer einfachen, aber wirksamen Idee. Fair gehandelte Präsente wurden über Geßler bezogen und vertrieben.

Verkauf in Teestube

Das Modell zog immer weitere Kreise, bald kam der Verkauf in einer Teestube dazu. Die Waren fanden immer stärkeren Absatz und einen größeren Kundenkreis, der sich auch auf die katholischen Glaubensgeschwister ausdehnte, die nach der Messe im Hofmeierhaus faire Ware einkaufen konnten. Als die Nachfrage weiter stieg, wurde „Senfkorn“ ins Leben gerufen wurde – mit Geßler als Gründungsmitglied.

Derweil stellte sich der Faire Handel in Deutschland auf festere Füße. Eine Genossenschaft gründete sich, zu der der Hilpoltsteiner Laden Kontakte pflegte, was auch Geßler übernahm. Er sei „die Konstante und die Stütze des Vereins“, wie Bergauer und Großmann mehrfach betonten. Sein Wirken habe auch Bedeutung für die Stadt, die durch ihn erst Vorreiter in Sachen Fairer Handel geworden sei. Ob er weit gereiste Handelspartner bei sich übernachten lässt oder auf Märkten und Festen Ware verkauft – auf Geßler sei immer Verlass. Die Eine-Welt-Arbeit in Hilpoltstein „hat keiner so geprägt wie Du“, lautete das Lob für den 64-Jährigen, bei dessen Familienmitgliedern als die „noch stilleren Helfer im Hintergrund“ sich die Laudatoren ebenso bedankten. Geßler äußerte den Wunsch, Hilpoltstein möchte sich doch um das Zertifikat „faire Stadt“ bewerben, was Mahl für grundsätzlich gut befand. Allerdings müsse man hier wohl „dicke Bretter bohren“.

Der Bürgermeister überreichte beiden Urkunde und Ehrenmedaille, Blumen für die Damen und Wein für den Herrn gab es dazu. Mit der Auszeichnung wolle man, so Mahl, beiden Anerkennung und Wertschätzung zukommen lassen und hoffe, dass dies auch als Inspiration und Ansporn für andere diene. Aus solchem Einsatz im Zeichen der Nächstenliebe dürfte wohl so manche Treppenstufe auf dem „Stairway to Heaven“ gemacht sein. Den Rockklassiker brachte Musikschülerin Dascha Sawadski dann in einer beeindruckenden Akustik-Version zu Gehör.

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