Höher, krasser, kreativer: Slackline Meisterschaft in Roth

14.8.2016, 15:31 Uhr
Krasse Tricks: Teilnehmer der deutschen Slackline Meisterschaft 2016 in Roth.

© Andreas Regler Krasse Tricks: Teilnehmer der deutschen Slackline Meisterschaft 2016 in Roth.

Moritz Gmelch ist an diesem Nachmittag viel unterwegs und eigentlich immer beschäftigt. Mal schaut er schnell im Verpflegungszelt vorbei, dann schnappt er sich kurz das Mikrofon und moderiert ein wenig, bevor es weiter zur Jury oder zum kurzen Plausch mit den Athleten geht. Da ist es fast schon von Vorteil, dass der 23-Jährige, der selbst am Wettkampf teilnimmt, schon früh ausscheidet.

Der Allersberger leitet die noch junge Slackline-Abteilung der DAV-Sektion Roth, die in diesem Jahr die Deutschen Meisterschaften ausrichten darf. Dass dieser Event überhaupt in der Kreisstadt stattfindet, ist auch sein Verdienst. "Wir haben uns gedacht, das probieren wir einfach und haben den Deutschen Slacklineverband angeschrieben."

Rund sechs Monate planen und organisieren er und einige Helfer aus der Slackline-Abteilung anschließend den Wettkampf. Wobei: Verbissen kämpfende Athleten gibt es hier nicht. Moderatoren kommentieren die Kombinationen auf der Slackline, die Sportler klatschen sich entspannt gegenseitig ab, während des kompletten Wettbewerbs läuft fetzige Musik. Das Ganze ähnelt eher einer großen Party unter Freunden als einem bierernsten Kampf um Medaillen.

Ein großes Familientreffen unter Gleichgesinnten

"Man kennt sich einfach untereinander", beschreibt es Gmelch. Die Szene in Deutschland ist überschaubar, jede Veranstaltung eine Art Familientreffen. In Roth sind insgesamt 14 Jungs und Mädels am Start. Damit "sind wir schon fast einer der größeren Contests", macht Gmelchs Vereinskollege Andreas Matulla die Relationen deutlich.

Und um es vorwegzunehmen: Der Event kam richtig gut an. Zwar bemängelten einige Starter die  mit rund 16 Metern recht kurze Slackline. "Das macht es schwieriger", erklärt Marius Kitowski, einer der Favoriten, "da man weniger Zeit zum Überlegen zwischen den Tricks hat." Dennoch: "Die Rother sind super im Organisieren", fasst es die auch international aktive Berlinerin Christine Chau zusammen. "Die Stimmung ist gut, auch wenn teilweise leider etwas wenig Zuschauer da waren. Insgesamt aber ein tolles Event." Die Organisatoren zeigten sich ebenfalls sehr zufrieden. Vielleicht gibt es ja im kommenden Jahr eine Fortsetzung? "Wir werden das erst in Ruhe im Team besprechen", meint Moritz Gmelch, "aber im Prinzip gerne wieder." Und zwar am liebsten mit internationalen Startern.

Trickline - eine neue Herausforderung

Trickline, eine besonders dynamische Form des aus der Kletter-Szene kommenden Slackline-Sports, ist nicht nur interessant zum Zuschauen, sondern eigentlich auch ganz einfach – zumindest theoretisch. Jeweils zwei Sportler treten gegeneinander an. Insgesamt zwei Minuten hat ein Athlet Zeit, um möglichst spektakuläre Sprünge, Drehungen, aber auch statische Elemente, sprich eine perfekte Show zu zeigen. Der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Muss er vom Band absteigen, stoppt seine Zeit und der Gegner ist an der Reihe.

Die Judges genannten Kampfrichter verteilen derweil Punkte. "Höhe, Vielfalt, Schwierigkeit und Kreativität" der Kombinationen werden bewertet, erklärt Andreas Matulla. "Und auch die Interaktion mit dem Publikum" wird einbezogen. So weit, so gut. In der Praxis fangen die Probleme für den Ottonormalsportler allerdings meist schon beim Aufsteigen auf das elastische Band, die sogenannte Line, oder beim einfachen Hinstellen an. Die Line ist nämlich zum einen in Schulterhöhe zwischen zwei Bäume gespannt und zum anderen gerade einmal 50 Millimeter breit. Für Slackline-Verhältnisse ist das zwar durchaus komfortabel. Darauf aber ohne Absturz Salti und andere Kunststücke zu zelebrieren, das verlangt schon einiges an Training, Mut und vor allem eine ordentliche Portion Körperbeherrschung.

Einer, der weiß, wie das in Perfektion geht, ist Tobias Basler. Der Deutscher Meister von 2015 hat vor Kurzem seine aktive Karriere beendet und nun quasi die Seiten gewechselt. Sich zurücklehnen und einfach genießen kann der junge Mann aus der Nähe von Göppingen trotzdem nicht. Denn er ist einer von drei Judges an diesem Tag. "Die Leistungen zu bewerten, ist gar nicht so einfach", verrät er.

Zwar helfe ihm natürlich seine eigene Erfahrung mit dieser Sportart. Nur ist zum Beispiel derselbe Trick "für den einen leicht, für den anderen die Hölle." Honoriert wird deshalb auch, wie gefährlich oder schwer zu lernen ein Element ist. Eine feste Choreografie gibt es übrigens nicht. "Natürlich hat man einige Lieblingstricks, aber ich hab mir vorher nie überlegt, was ich mache. Andere studieren dagegen Kombinationen ein und improvisieren den Rest. Das ist Geschmackssache."

Mittlerweile laufen im Freizeitbad die Finalduelle an. Bei den Mädels gibt es einen Dreikampf um den Titel, den am Ende Christine Chau aus Berlin vor Christine Rank und Ilka Peters gewinnt. Im Gesamtklassement stehen sich im Kampf um Platz drei Jonas Dieterle und Tim Hirtle gegenüber – mit dem besseren Ausgang für Hirtle.

Das große Finale bestreiten Marius Kitowski und – dank ihrer souveränen Vorstellung in den Vorrunden – erneut Christine Chau. In einem hochklassigen Duell setzt sich schließlich der Student aus Rosenheimer gegen die aktive Kunstturnerin und angehende Lehrerin durch. In seinem ersten Jahr, "wo’s nicht nur Spaß ist", sei er nach Roth gekommen, "um was zu holen" Mission erfüllt.
 

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