Hundeschulen und Corona: Verdruss für Zwei- und Vierbeiner

6.5.2021, 15:00 Uhr
Hundefachwirt Joachim Füger von der Heidecker Hundeschule „Waldblick“ und einer seiner Hunde „Zippo“ beim Training auf  seinem Übungsplatz im Heidecker Industriegebiet.  

© Tobias Tschapka, NN Hundefachwirt Joachim Füger von der Heidecker Hundeschule „Waldblick“ und einer seiner Hunde „Zippo“ beim Training auf  seinem Übungsplatz im Heidecker Industriegebiet.  

Für viele Betreiber ging es um die Existenz ihrer Schulen. Weitergehende Sorgen hat das Tierheim in Roth, wo man auch Tiere erzieht. Dort sind momentan die Zwinger fast leer, aber Leiterin Carmen Nottrott und der Vorsitzende des Tierschutzvereines, Dr. Ulrich Pfeiffer, erwarten einen Andrang schlecht erzogener Jungtiere, wenn Beschränkungen aufgehoben werden.

Ralf Somann mit zwei seiner Hunde „Lotti“ und Georgi“ vor einer seiner 15 Holzhütten für vierbeinige „Hotelgäste“ in seiner Hundeschule und Tierpension „Somann´s“ in Ruppmannsburg.  

Ralf Somann mit zwei seiner Hunde „Lotti“ und Georgi“ vor einer seiner 15 Holzhütten für vierbeinige „Hotelgäste“ in seiner Hundeschule und Tierpension „Somann´s“ in Ruppmannsburg.   © Tobias Tschapka, NN

Das Klientel ist ausgedünnt: Das Tierheim hat momentan keine Katzen zu vermitteln, keine Kaninchen oder Meerschweinchen und nur neun Hunde. In der Hundeschule mit Tierpension Somann´s in Ruppmannsburg bei Thalmässing ist es auch ungewöhnlich ruhig, nur die eigenen Hunde flitzen vergnügt herum. Gerade einmal vier Pensionshunde sind dort derzeit zu Gast. „Normalerweise habe ich zehnmal so viel“, berichtet Inhaber Ralf Somann. Dabei handelt es sich auch um keine „Urlaubshunde“, denn kaum jemand fährt derzeit schließlich in den Urlaub. Vielmehr handelt es sich um die Hunde von Menschen, die derzeit einen Krankenhausaufenthalt hinter sich bringen.


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Für Hundefachwirt Joachim Füger, der in Heideck die Hundeschule „Waldblick“ betreibt und dort unter anderem mehrtägige Kurse mit Übernachtungsmöglichkeit für Mensch und Tier anbietet, war das Beherbergungsverbot „ein Desaster“. Außerdem ist er sich mit seinen Kollegen einig: „Ich vermute, dass sich im vergangenen Jahr viele Menschen einen ‚Alibi-Hund‘ angeschafft haben, damit sie zum Spazierengehen raus dürfen“. Inzwischen hätten diese allerdings gemerkt, dass sich das Leben mit einem Hund als gar nicht so einfach gestalte. „Die Leute sind verzweifelt und fühlen sich allein gelassen“, so Füger. „Das Telefon steht nicht still, ich habe derzeit gefühlt 60 Prozent mehr Anfragen als sonst“, pflichtet Ralf Somann bei.

Leere Tierheime und Welpen online

Das Problem mit der Tiererziehung hat eine internationale Komponente, denn die Leute haben nicht nur die Tierheim geleert, sondern sich über Online-Plattformen mit Welpen versorgt. „Die kommen gar nicht nach, so hoch ist die Nachfrage“, benennt Dr. Pfeiffer das Übel, das häufig in Osteuropa seinen Anfang nimmt, „die Tiere werden nicht gezüchtet, sondern nur noch vermehrt und schnell über die Grenze gekarrt. Die sind teilweise nicht einmal geimpft und landen krank bei uns.“

Erst recht und auch noch schlecht erzogen, wenn die Menschen später keine Zeit mehr haben. „Vielen ist gar nicht bewusst, was sie sich da mit einer Rasse angeschafft haben“, fasst Carmen Nottrott die Erfahrung mit der die jahrzehntelange Karawane an Vierbeinern zusammen, die schließlich im Tierheim gelandet ist.

Der „Horror“, den die Tierheimchefin auf die Einrichtung zukommen sieht, deutet sich mit telefonischen Nachfragen in den Tierschulen an. Damit die Leute zumindest ein bisschen Unterstützung erhalten, bietet etwa Somann kostenfrei telefonische Beratung an: „Aber wenn man Hund und Mensch nicht persönlich vor sich sieht, kann man kaum helfen.“

Training ohne Körpersignale

Das sieht genau so Sven Unkelbach, der heuer eigentlich das zehnjährige Jubiläum seiner „Hundeschule Rothsee“ feiern wollte, das aber lieber auf nächstes Jahr verschiebt. „Das kann man vielleicht zu Themen wie die Ernährung bei Hunden oder Krankheiten machen“, findet er. In Sachen Erziehung, „und speziell dazu haben die Hundehalter Fragen“, mache das wenig Sinn. „Jeder Mensch und jeder Hund ist anders, das ist eine sehr individuelle Geschichte, die man kaum vor einer Kamera sitzend beurteilen kann“, so Unkelbach. Telefonisch gibt er aber in Notfällen trotzdem, so gut es geht, kostenlos Tipps für seine Kunden. Auch Carmen Nottrott vermisst beim Videotraining die Körpersignale der Tiere.

Sven Unkelbach von der „Hundeschule Rothsee“ mit seinen drei Hunden „Bello“, „Hedwig“ und „Rico“ beim Spazierengehen im Wald bei Brunnau, für das er derzeit mehr Zeit hat, als ihm lieb ist.  

Sven Unkelbach von der „Hundeschule Rothsee“ mit seinen drei Hunden „Bello“, „Hedwig“ und „Rico“ beim Spazierengehen im Wald bei Brunnau, für das er derzeit mehr Zeit hat, als ihm lieb ist.   © Tobias Tschapka, NN

Warum die Hundeschulen, anders als etwa die Reitschulen, seit November dicht hatten ist keinem so recht klar. „Ich sehe ich keinen großen Unterschied“, findet Somann, der sich kürzlich zusammen mit seiner Familie und rund 70 anderen Hundeschulenbesitzer unter dem Motto „Lasst uns Trainer von der Leine!“ an einer Demonstration in München beteiligt hat.

Sven Unkelbach, der darauf verweist, dass die Hundeschulen in anderen Bundesländern wie im angrenzenden Hessen nie schließen mussten, hat null Verständnis für den bayerischen Weg. „Die Hundeschulen sind eigentlich sogar die Erfinder der Individualdistanz“, betont er. Mindestens zwei Meter Platz zwischen den Teilnehmern sei Standard bei kompetenten Hundeschulen, „denn auch Hunde haben das Recht darauf, nicht dauernd von anderen angeschnüffelt zu werden“. Der eine möge das mehr, der andere weniger, da seien Hunde nicht viel anders als Menschen.

Sogar in seinem hauseigenen Schulungsraum hätte Unkelbach die Abstandsregeln für bis zu zehn Teilnehmenden (die Höchstgrenze bei seinen Kursen) einhalten können, und auf seinem gepachteten, rund 3000 Quadratmeter großen Trainingsplatz in Allersberg hätte das ebenfalls kein Problem dargestellt.

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