Japanisches "Familienmitglied" dank Challenge

5.7.2019, 16:30 Uhr
Japanisches

© Foto: Privat

Eine andere Bleibe komme für den 54-jährigen Sportler gar nicht mehr in Frage. Auch Ursula und Hans-Christian Fiegl würden ihren Gast aus dem fernen Osten nirgendwo anders einquartieren wollen.

Noch zu "TSV-Zeiten" seien händeringend Quartiere für die Athleten gesucht worden, erinnert sich Hans-Christian Fiegl. Bis dahin hatten die Fiegls kaum etwas mit dem Thema Triathlon "am Hut". Zusammen mit der Faustballabteilung habe Fiegl zwar dabei geholfen, die Lautsprecheranlagen für das Event aufzubauen – doch ein tieferes Interesse am sportlichen Treiben hielt sich noch stark in Grenzen. "Natürlich haben wir zugesehen, was da so alles los ist." Obwohl Fiegl die Leistungen der Athleten bewunderte, seien Triathleten für ihn damals nicht "ganz dicht" gewesen. Doch die Idee, in die Rolle einer Gastfamilie zu schlüpfen, gefiel den Fiegls. Einzige Bedingung: "Der Sportler sollte Englisch sprechen können. Wir wollten dadurch die Englischkenntnisse unserer Tochter aufpolieren." Es dauerte auch nicht lange, bis die Nachricht kam, dass ein Japaner nach Rothaurach kommen würde.

Viele Japaner am Bahnhof

"Bei seiner ersten Ankunft wussten wir nicht, wie unser Masanori aussieht; bestimmt jemand mit Krawatte", lacht Fiegl. Und überhaupt: Es könne gar nicht so schwer sein, einen Japaner zu erkennen. Doch weit gefehlt: Am Bahnhof wimmelte es nur so von Japanern. Erst als ein "kleines Männchen in Blue Jeans und Hemd" auf sich aufmerksam machte, war das "neue Familienmitglied" gefunden.

Danach durfte Masanori die fränkische Gastfreundlichkeit in vollen Zügen genießen: "Der Bub sollte erst einmal etwas Anständiges zu essen bekommen." Ein "Schäuferle" sollte es sein – selbstverständlich. Heute gibt Fiegl zu: "Das war ein großer Fehler." Völlig überfordert saß "der arme Kerl" vor seinem Teller und konnte weder mit dem Messer noch mit der Gabel etwas anfangen. "Wir vergaßen, dass in Japan mit Stäbchen gegessen wird."

Der erste Besuch in Roth sei für Masanori Takamura allerdings nur eine "Erfahrung" gewesen: "Er kam als Letzter durch das Ziel, aber er hat es geschafft. Wir waren sehr stolz." Trotz der "Schäuferle"-Problematik fand Masanori im Folgejahr wieder seinen Weg ins Fränkische. "Wir blieben in Kontakt und luden ihn wieder ein." Über die Jahre haben sich die Leistungen des Sportlers auch stetig verbessert.

Essiggurke zur Belohnung

Für die Familie Fiegl ist das Challenge-Wochenende jedenfalls immer ein besonderes Familienfest. "Wir stehen um 4 Uhr in der Früh auf und sind bis 2 Uhr auf den Beinen." Nach dem Wettkampf wünscht sich Masanori nur eines: Eine Essiggurke und eine Breze. "Die bekommt er dann auch. Danach knickt er immer ein", sagt Fiegl und lächelt. "Es ist wie Weihnachten für uns, wenn Masanori uns besuchen kommt", sagt Ursula Fiegl. Und: "Er liebt unsere Pfannkuchen. Das Rezept ist schon in Japan."

Für Takamura ist der 25. Besuch in Roth mit Ehrgeiz verbunden: "Ich möchte gerne nach 13 Stunden und 40 Minuten ins Ziel einlaufen." Doch das Ergebnis sei trotzdem zweitrangig: "Ich mache das nur zum Spaß – das ist mein Ziel und meine Politik." Der Challenge sei übrigens die einzige Triathlon-Veranstaltung, an der er teilnehme.

"Ich kann nur an den Wochenenden trainieren. Unter der Woche arbeite ich von 6 bis 20 Uhr." Zu seiner "deutschen Familie" komme er immer gerne: "Jeder behandelt mich sehr liebevoll, wie ein Familienmitglied. Ich konnte dadurch so viel über das Leben in Deutschland lernen." Auch die Veranstalter bewundert er: "Die sind absolut cool."

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