Klimawandel: Bei Rohr wächst der Wald der Zukunft

6.4.2021, 14:00 Uhr
Klimawandel: Bei Rohr wächst der Wald der Zukunft

2011 haben sich im Rohrer Gemeindegebiet, be Gaulnhofen und darüber hinaus, 30 Waldbesitzer zusammengefunden, um gemeinsam auf 60 Hektar junge, klimatolerante Bäumchen zaunfrei nach oben sprießen zu lassen. 200 000 Buchen sowie einige Tannen wurden gepflanzt: Es schlug die Geburtsstunde des "Zukunftswald Rohr-Gaulnhofen" – eine Blaupause für viele weitere Nachbarschaftsprojekte dieser Art.

Nach zehn Jahren stand nun die erste Durchforstung an. Denn die Buchenbäumchen sind mittlerweile kräftig in die Höhe geschossen. Das sollen sie auch, nur ergibt sich damit ein Nachteil für eine weitere Laubbaumart, die hier ebenso gut gedeihen soll: die Eiche.

"Sie finden wir hier in zwei verschiedenen Wachstumsgraden vor", erläutert der zuständige Leiter des Forstreviers Abenberg, Peter Helmstetter, der einst den Zukunftswald initiierte. So gebe es vereinzelte große Exemplare, "die durchgekommen sind". Dazu aber gesellten sich unzählige viele kleine, die es nicht allein nach oben schaffen könnten.

Die Eiche braucht ihren Platz

Denn auf dem Weg dorthin behindert sie ausgerechnet die neue Buchenkonkurrenz. Deren Vertreter verdunkeln alles, was sich unter ihren Ästen tummelt. "Aber wir wollen keine reinen Buchenwälder", betont der Förster aus den Reihen des Amts für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) in Roth, "sondern eine gute Mischung". Und da gehöre die Eiche unzweifelhaft dazu.


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Außerdem sei sie "die bessere Klimabaumart", stellt er fest. "Wir machen Licht für die neue Generation", bringt es Forsträtin Elena Falk auf den Punkt, die sich an der Behörde unter anderem der Zukunftswaldthematik annimmt. An anderen Stellen würden die Eichen durch die Buchen unterstützt, wenn diese sie so "ummanteln", dass sie schlank nach oben wachsen können. Außerdem habe die "Verdunklungstaktik" der Buchen ihre guten Seiten. So ist es in den letzten Jahren durch sie gelungen, das Brombeergestrüpp in seine Schranken zu weisen.

Aber das Durchforsten hat nicht nur einen ökologischen, sondern zugleich einen ökonomischen Sinn. Denn diejenigen, die in fernen Zeiten einmal die großen, stämmigen Eichen ernten dürfen, werden sich wohl über recht gute Submissions-Erlöse freuen können.

Wertvolles Holz

Im Vergleich zur derzeit immer noch dominierenden Kiefer "bringen sie etwa achtmal so viel ein", unterstreicht Hans Stromberger, Geschäftsführer der Forstbetriebsgemeinschaft (FBG) Heideck-Schwabach. Gerade durch solche finanziellen Anreize erhoffe man sich, viele Waldbesitzer zum Engagement im Wald zu bewegen.

Doch selbst wenn sie sich aktiv für einen klimaverträglichen Waldumbau eingesetzt haben, vereinte sie dabei lange Zeit ein gemeinsames Problem: zu kleine Flächen, um Großes bewirken zu können. Deswegen vor gut zehn Jahren der Zusammenschluss. Nachdem er in Kraft getreten war, begann damals schon erst einmal eine große Durchforstungsaktion.

Kein Zwang, sondern Überzeugung

2012 ging es dann mit der Bepflanzung los. Doch galt schon zum Start: "Es entscheidet immer der Waldbesitzer, was passiert", so Stromberger. Zu etwas gezwungen werde niemand: "Nur wer aus Überzeugung handelt, kümmert sich auch wirklich", begründet Helmstetter.

Auf nunmehr großen, gemeinsamen Flächen gelang es, ein Überangebot an jungen Bäumchen zu schaffen, sodass das Einzäunen vermieden werden konnte – es gab mehr zu fressen, als die Rehe zu verbeißen vermochten. Gemeinsam mit Baumschulen und weiteren Dienstleistern kam das Nachbarschaftsprojekt immer mehr in die Erfolgsspur.

Größtes Einzelprojekt Bayerns

Und es fand mehr und mehr Nachahmer. Fünf solcher Projekte gibt es nun allein im Abenberger Revier, im Einzugsgebiet des AELF Roth existieren insgesamt ein Dutzend. "Der Zukunftswald Rohr-Gaulnhofen aber ist mit seinen mittlerweile auf 70 Hektar angewachsenen Umbauflächen das größte Einzelprojekt Bayerns", betont Forsträtin Falk. Rund 400 Hektar Wald seien hier schon umgebaut worden. Was die Anzahl und die Gesamtfläche der Umbauprojekte anbetrifft, "ist der nördliche Landkreis Roth im Freistaat damit einzigartig".

Ein beeindruckendes Zwischenfazit also, welches die Verantwortlichen just im Rahmen der Themenwoche "Privatwald" des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten ziehen konnten. Das hierfür gewählte Aktionsmotto "Gemeinsam für den Wald von morgen" steht schon seit jeher ebenso über den Nachbarschaftsprojekten im Rother Landkreis.


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Bei der jetzigen Durchforstung klingelt es dazu noch im Geldbeutel der Waldeigner. Der Berg an Kalamitätenholz werde immer stärker abgebaut, sodass sich eine "vorsichtig positive Entwicklung beim Holzpreis abzeichnet", so Stromberger. Etwa 1000 Euro pro durchforstetem Hektar sollte an Erlös machbar sein. "Mit den waldbaulich richtigen Maßnahmen darf auch Geld verdient werden", kommentiert Helmstetter.

Die glänzende Bilanz freut auch Felix Fröhlich, der Bürgermeister der Gemeinde Rohr. Für die stellt der Waldumbau einen Teil ihres Masterplans dar: "Viele Waldbesitzer wissen, dass sie etwas tun müssen, weil es mit Kiefer und Fichte kein Weiterkommen mehr gibt." Borkenkäfer und Mistel, Trockenheit und Stürme machten den Nadelbäumen immer mehr zu schaffen. Das Projekt stecke für den Waldumbau (für den zudem üppige Fördergelder bereitgestellt sind) den passenden Rahmen ab, die gute Resonanz sei nur folgerichtig.

"Guter Anfang"

Damit sie alle greifen, braucht es aber unbedingt die Kooperation mit den Jägern, ergänzt Benjamin Bußmann, der die "Initiative Zukunftswald" beim AELF betreut. Er schätzt die vorausschauende Gangart: "Lieber vorneweg gehen, als den Schäden hinterher zu laufen". Letztlich sei mit den zahlreichen Nachbarschaftsprojekten "ein guter Anfang gemacht – aber es liegt noch viel Arbeit vor uns".

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