Landkreis Roth: "Lasst die Kinder Kinder sein!"

24.11.2019, 06:07 Uhr
Landkreis Roth:

© Foto: Lev Dolgachov/Colourbox.de

Die Angst vieler Eltern ist groß, dass ihren Kindern draußen etwas zustoßen könnte. Spielen, das zeigen die Indoor-Spielplätze, ist längst kommerzialisiert und ein Riesengeschäft.

Dabei, so sieht es der KJR, muss Spielen nichts kosten. Und Kinder sind heutzutage auch nicht größeren Gefahren ausgesetzt als früher. Spielen sei das wichtigste Lerninstrument eines Kindes, da es von Haus aus kindgerecht sei und durch eigenen Antrieb passiere. Besonders förderlich sei dabei das freie Spiel, also unangeleitet und ohne feste Regeln. In der heutigen Zeit als Zeitverschwendung oder unnütz verschrien, sei es das genaue Gegenteil, nämlich das Urmedium des kindlichen Lernens.

Freiräume für Kinder

Mit seinem Jahresthema "Recht auf Spiel" hat es sich der KJR Roth zur Aufgabe gemacht, aufzuklären, Ängste zu reduzieren, Eltern und Kinder zuversichtlich zu stimmen. Basierend auf der UN-Kinderrechtskonvention von 1989 sollen hierzu verschiedene Aspekte ins Rampenlicht geführt werden. Zunächst geht es darum, dass Kinder Freiräume brauchen, zeitliche und räumliche Freiräume. "Wir müssen es schaffen, unserem Nachwuchs wieder freie Zeit einzuräumen, in der die Kinder machen können, worauf sie Lust haben, am Besten in einer anregenden, gestaltbaren Umgebung draußen in der Natur", so Geier. Dort könnten Kinder Dinge lernen, die sie nur ohne Erwachsene lernen: Respekt vor anderen, Durchsetzungsfähigkeit und Solidarität. Dies alles lerne man nur im Miteinander und nicht aus einem Buch. Um dies zu lernen, müssten Kinder es erfahren.


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"Fallen lernt man nur durch fallen", lautet der nächste Aspekt, der in der Entwicklung eines Kindes außerordentlich wichtig ist. Wer Kinder vor jeglichen Gefahren schützen wolle, der nehme ihnen die Chance zu lernen, wie man mit Gefahren umgeht. "Früher war es ganz normal, von den täglichen Entdeckungstouren mit Blessuren heimzukommen, heute gleicht es einer Katstrophe, wenn sich ein Kind das Knie aufschürft", klagte Geier. "Wir lernten mit Bedacht mit Feuer umzugehen, weil wir uns daran verbrannten. Wir kletterten aufmerksam auf Bäume, um nicht noch einmal herunterzufallen. Heute werden Kinder gehindert, solche Erfahrungen zu machen, da der Fokus zu sehr auf dem Sicherheitsaspekt liegt", so Geier.

Mit körperlichen Fähigkeiten, die Kinder im Spiel erwerben, seien sie auch geistigen Anforderungen besser gewachsen. Bewegung sei eines der Grundkennzeichen des Lebens, daher wäre es wichtig, Lebensräume wieder so zu einzurichten, dass die psychische und physische Entwicklung der Kinder gefördert wird.

Spielen überwindet Grenzen

Momentan sieht es aber ganz anders aus, so der Referent. Das Verhalten der Kinder werde zu stark vom Umfeld geformt, dabei habe schon Maria Montessori gesagt: "Die Aufgabe der Umgebung ist es nicht das Kind zu formen, sondern ihm zu erlauben, sich frei zu entfalten." Spielen sei auch ein ganzheitliches Lernmedium, so Geier weiter. Und: "Kinder wollen ihre Spuren hinterlassen. Ihre Unordnung ist ein Ausdruck für Leben, Phantasie und Kreativität. Sie tauchen dabei in eine Welt mit ganz eigenen Gesetzmäßigkeiten ab, was für Erwachsene oft schwer nachzuvollziehen ist. Sie erleben dabei die Magie von Offenheit, Unvoreingenommenheit, Spontanität, aber auch Ausdauer und Konzentration."

Außerdem überwinde das Spielen Grenzen zwischen Jung und Alt, arm und reich, verschiedenen Nationen. Das freie Spiel komme oft völlig ohne Worte aus und verbinde Kinder, die nicht dieselbe Sprache sprechen. Spielen sei direkt, ehrlich, emotional und mache neugierig.

Und welche Konsequenzen zieht der KJR aus dieser Erkenntnis? "Wir versuchen vermehrt Freiräume für Kinder zu schaffen und das in unsere Aktionen zu integrieren, weiterhin Eltern, Gruppenleiter*innen und alle Interessierten informieren und aufklären", so Geschäftsführer Bernhard Abt. "Der KJR will dazu beitragen, dass Kinder noch eine kindgerechte Kindheit erleben können."

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