Werden die vielen Ausflügler zum Problem für die Natur?

18.1.2021, 09:29 Uhr
Freizeitsport im Wald ist „in“: Wild angelegte Trails für Mountainbiker nehmen auch im Landkreis Roth zu. Das führt zur Vertreibung von Wild und auch zur Bodenerosion. Förster schlagen Alarm und bitten Wanderer und Radfahrer darum, auf den Wegen zu bleiben.

© Pixabay Freizeitsport im Wald ist „in“: Wild angelegte Trails für Mountainbiker nehmen auch im Landkreis Roth zu. Das führt zur Vertreibung von Wild und auch zur Bodenerosion. Förster schlagen Alarm und bitten Wanderer und Radfahrer darum, auf den Wegen zu bleiben.

Vor allem die Menschen aus den Städten fühlen sich in ihrem Zuhause und ihrer näheren Umgebung eingeschränkt. Beim Spaziergang, beim Wandern oder beim Radeln in der Natur herrscht weder Maskenpflicht noch gibt es Probleme mit dem Abstandhalten. Man fühlt sich frei und kann endlich mal wieder richtig durchatmen. Dazu kommt, dass man zurzeit ja fast nichts anderes außerhalb der Wohnung machen kann als in die Natur zu gehen. Kinos, Tierparks, Fitnessstudios, Freizeitparks, Spaßbäder – alles zu.

Auftanken im Wald

Und so kommen viele Städter aus dem Ballungsraum Nürnberg-Fürth-Erlangen auch in die Wälder des Landkreises Roth, um dort aufzutanken. Was für die Menschen und ihr Wohlbefinden gut ist, bereitet Förstern mancherorts allerdings Sorgen.

Ein bei den Naherholungssuchenden beliebtes Gebiet ist der Heidenberg. "Dort ist mehr los als sonst", bestätigt Förster Peter Helmstetter, der für die Reviere Stadt Schwabach, Rohr und Kammerstein zuständig ist. "Solange die Leute aber auf den Wegen bleiben und nicht durchs Gebüsch gehen, ist es unproblematisch – wir sind ja nicht am Tegernsee, wo alles überrannt wird." Das Mehraufkommen an Besuchern stelle zumindest für das Rehwild noch kein Problem dar. Es gewöhne sich mit der Zeit dran, so der Waldexperte.

Hunde an die Leine

Was aber gar nicht gehe, ist, wenn man den Hund frei laufen lässt und der dann 50 Meter links und rechts vom Weg in den Wald hineinsprintet und die Tiere aufscheucht.

Auch der ein oder andere Jäger fühle sich teilweise von den Waldbesuchern gestört, weiß Helmstetter. Wenn Freizeitsportler in der Dämmerung unterwegs seien, werde der Zeitraum, in dem Wildtiere aktiv sind, eingeschränkt. Das erschwere wiederum die Jagd.


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Ein Beispiel, wo das Zusammenspiel Freizeit, Wild und Jagd allerdings gut funktioniere, sei der Schwabacher Stadtwald. Dort finde Tag und Nacht Erholungsverkehr statt. Das Wild habe sich daran gewöhnt. Und es könne trotz der vielen Besucher die Jagd ausgeübt werden – natürlich nur in den abgelegeneren Teilen.

Unerlaubte Trails

In die Kritik kommen aber immer mehr die Mountainbiker, die die bekannten Wege verlassen und eigene Trails quer durch die Wälder anlegen oder auf Wanderwegen fahren, wo viele Leute unterwegs sind. Mittlerweile sind die Radler sogar bei Eis und Schnee unterwegs.

Peter Helmstetter hat unlängst bei Gustenfelden einen selbst angelegten Trailpark entdeckt. In einem Tälchen wurden dort Hügel und Rampen aus Holzgestellen geschaffen – in einem Privatwald, ohne um Erlaubnis zu fragen. Wenn ein Waldbesitzer so eine Anlage zu lange dulde, könne er bei Unfällen in Haftung genommen werden. Das ist natürlich ein Unding. Außerdem werde durch solche Anlagen die Pflanzenwelt zerstört und es komme zu Bodenerosion.

Trails gezielt anlegen

Ähnliche Feststellungen hat auch der Spalter Revierförster Karl Engelhardt gemacht. Das Spalter Hügelland wird von den Mountainbikern gerne in Anspruch genommen. Und so gibt es auch rings um Spalt immer mehr Neuanlagen von Trails in unwegsames Gelände. "Es wäre wünschenswert, wenn eine gewisse Lenkungsfunktion entstehen würde", sagt Engelhardt und meint damit die gezielte Anlage von genehmigten Trails, wie es übrigens auch der Mountainbike-Verein "Rad Sport Hügelland" fordert (wir berichteten) und der bereits 2014 einen Bike-Park errichtet hat.


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Aber es gibt halt immer noch Biker, die lieber durch Wälder fahren. "Wenn ich dreimal mit dem Mountainbike über den Fuchsbau fahre, dann verlässt er ihn", nennt Engelhardt ein abschreckendes Beispiel.

Einzelne " Hot Spots"

Spaziergänger und Wanderer stellten im Hügelland an und für sich kein Problem dar, obwohl in der Massendorfer Schlucht, am Schnittlinger Loch und auf den Wegen der Hügellandtour oft reger Ausflugsverkehr herrsche. Engelhardt glaubt, dass viele Besucher die überfüllten Wege am Brombachsee meiden und so immer mehr auf die Idee kommen, die reizvolle Umgebung zu erkunden.

Freies Betretungsrecht

Das sei ja auch gut so. Für Spalt sei es eine gute Werbung. Und: "Der Wald soll Naherholungsgebiet sein. Die Menschen sollen die Schönheit des Waldes sehen. Besser so als wenn sie für eine Woche nach Mallorca fliegen." In Deutschland gebe es das Privileg des freien Betretungsrechts in der Natur. Das sei in anderen Ländern wie beispielsweise in Spanien nicht selbstverständlich, weiß der Spalter Förster.

Bedenklich werde es halt immer dann, wenn Jogger, Wanderer, Radfahrer und Geocacher von den Wegen abweichen. Dann werde das Wild gestört. Das sei, so Engelhardt, mit steigender Tendenz festzustellen, weil heute kaum noch jemand mit Wanderkarte unterwegs sei, sondern mit Google Maps und diversen Freizeit-Apps jeder immer wisse, wo er sich gerade befindet.

Das Abweichen vom Weg oder Missachten von Sperrungen könne schlimmstenfalls aber lebensgefährlich werden, mahnt der Förster, wenn zum Beispiel gerade Baumfällarbeiten stattfinden.

Fazit: Wer auf den Wegen bleibt und nicht gerade in der Dämmerung oder nachts unterwegs ist, kann den Wald mit allen Sinnen genießen und schadet dadurch niemandem.

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