Langstreckenläufer Reinwand bereit für Rekorde

11.1.2015, 20:31 Uhr
Langstreckenläufer Reinwand bereit für Rekorde

© Foto: Norbert Wilhelmi

Irgendwann würde es ihn freilich reizen, den etwa 20 Jahre alten Streckenrekord von 36:20 Minuten anzugreifen, doch zurzeit ist das Langstrecken-Ass des Team Memmert der TSG 08 Roth nicht in der dafür nötigen Verfassung. Verletzungsbedingt war Reinwands jüngstes Trainingslager nämlich eher ein Zwangsurlaub. Ein kleiner Muskelfaserriss im Oberschenkel wuchs sich zu einer Nervenentzündung aus, der jeden Schritt zur Qual machte. Inzwischen ist er aber wieder einigermaßen schmerzfrei – auch deshalb weil Trainingspartner Fraol Lencho Holjira seinem deutschen Sportfreund nach dessen Rückkehr eineinhalb Stunden lang pro Tag die lädierten Beine massiert hat.

„Dass haben wir ganz nebenbei erfahren, dass Fraol in seiner Heimat als Physiotherapeut arbeitete und die besten Läufer seines Landes behandelt hat“, erzählt Reinwand, der den schnellen Asylbewerber aus Äthiopien unter seine Fittiche genommen hat. Beide leben in Kammerstein nur „eine Gartenhecke auseinander“, denn Holjira hat das ehemalige Zimmer seines Freundes in dessen Elternhaus bezogen. Außerdem arbeitet der Äthiopier mittlerweile ebenfalls bei der Firma Memmert, die nun ja auch als Sponsor ein in Deutschland wohl einzigartiges Langstreckenteam auf die Beine gestellt hat.

„Da habe ich mir die Konkurrenz selbst ins Haus geholt, aber die belebt ja bekanntlich das Geschäft“, sagt Sebastian Reinwand und lacht. Zusammen mit Julian Flügel, Simon Stützel und Andreas Straßner will der 28-Jährige in diesem Jahr die Mannschaftswertungen bei Rennen wie dem Frankfurt-Marathon dominieren und mittelfristig sogar den deutschen Mannschaftsrekord über die 42,195 Kilometer brechen, doch zuallererst muss er seinen verletzungsbedingten Trainingsrückstand wieder aufholen. Dafür trainiert Reinwand morgens zwei Stunden. bevor er seinen Dienst als Projektmanager bei Memmert antritt, und abends nochmal zwei Stunden. Dazu kommen eine extra lange Trainingseinheit am Sonntag plus zweimal Schwimmen und zweimal Krafttraining pro Woche.

Der Sport gibt den Takt des Kammersteiners vor, der im vergangenen Jahr denn auch wieder einige spektakuläre Bestzeiten hinlegte. Unter anderem belegte er bei den deutschen Meisterschaften im 10 000-Meter-Bahnlauf den neunten Platz und knackte mit seiner Zeit von 29:37,9 Minuten den Landkreisrekord, den Klaus Sörgel 23 Jahre zuvor aufgestellt hatte. Und beim Internationalen Meeting in Oordegem/Belgien lieferte er innerhalb von zwei Stunden zwei neue persönliche Bestmarken ab, nämlich über 3000 und 1500 Meter, und mit seiner Zeit von 8:08,6 Minuten über die 3000 Meter löste er Sörgel in einer weiteren Disziplin in der Kreisbestenliste ab.

Nominiert für die Wahl zum Landkreis-Sportler wurde Sebastian Reinwand außerdem für seinen siebten Platz bei der deutschen Meisterschaft im Zehn-Kilometer-Straßenlauf. „Das war nicht überragend, geht aber angesichts der nicht gerade einfachen Strecke in Ordnung“, bilanziert das mittelfränkischen Langstrecken-Ass, das zudem noch dritter bayerischer Meister über die 1500 Meter wurde. Letzteres Rennen war für den 28-Jährigen freilich ausschließlich ein Testlauf, bei dem er seine Spritzigkeit im Endspurt überprüfen wollte. „Da konnte ich zumindest mit den Mittelstrecklern mithalten“, meint Sebastian Reinwand, für den 2014 vor allem ein Jahr der Umstellung auf die ganz langen Distanzen war.

Von Krämpfen ausgebremst

„Für mich wird es inzwischen erst ab 5000 Metern interessant“, erklärt er, und will in diesem Jahr deshalb auch seinen ersten Marathon finishen, nachdem sein Debüt vor eineinhalb Jahren ziemlich in die Hose gegangen war. Beim Frankfurt-Marathon 2013 war Reinwand bei Kilometer 30 noch eine Minute vor dem später schnellsten Deutschen gelegen, gab dann aber wegen Muskelkrämpfen bei Kilometer 38 auf.

Die Kompressionsstrümpfe, die er sich eigens für die lange Distanz angezogen hatte, waren wohl einen Tick zu eng, erzählt der 28-Jährige. „Da war ich eigentlich in Topform, und deshalb war es umso frustrierender.“ Es sei dann auch ein bisschen dumm gewesen, aufzugeben, denn unter die Top Ten wäre er vielleicht doch noch gekommen, meint Reinwand selbstkritisch.

Das wird ihm jetzt wohl nicht mehr passieren, doch die Konzentration auf die ganz langen Distanzen ist eben immer ein gewisses Risiko. „Man kann maximal zwei Marathonläufe pro Jahr in Topform bestreiten“, erklärt der Kammersteiner, für den die „Konkurrenz im eigenen Haus“ aber einen zusätzlichen Motivationsschub bedeutet. „Wir werden uns gegenseitig jagen“, verspricht Reinwand.

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