Hochwasser und erbitterter Streit

Links und rechts der Roth: Die trennende Wirkung von Brücken

14.8.2021, 17:00 Uhr
So wurde in den Siebzigern eine Umleitung vermieden: Eine hölzerne Behelfsbrücke neben der Baustelle verband die Straßenabschnitte in der Ortsmitte.  

© Bildnachlass Fritz Schäff, NN So wurde in den Siebzigern eine Umleitung vermieden: Eine hölzerne Behelfsbrücke neben der Baustelle verband die Straßenabschnitte in der Ortsmitte.  

Die derzeitige laufende Brückensanierung in Eckersmühlen ist seit Beginn der Baumaßnahme Anfang Juni Stoff für die ein und andere emotionale Diskussion, die derzeit sowohl in den sozialen Netzwerken als auch in der Lokalpresse ihren Widerhall findet. Dabei stellt man als Lokalhistoriker fest, dass sich die Argumentationen für und wider, über tatsächliche und vermeintliche Planungs-, Organisations- und Informationsversäumnisse der zuständigen Behörden oder dem Tempo der Bauarbeiten im Grunde genommen, je nach Zeitkolorit, inhaltlich durchaus ähneln.

Breiter als heute

Zur Zeit des „Bamberger Lehens“ von zirka 1020 bis etwa 1100 konnte die Roth in Eckersmühlen lediglich an der Stelle des heutigen Fußgängersteges von der Ringstraße (Standort der überlieferten Motte) zur Jahnstraße (damaliger Handelsweg) hinüber trockenen Fußes überquert werden. Über die Konstruktion kann man natürlich nur mutmaßen. Der Übergang dürfte wohl wesentlich breiter gewesen sein als der heutige Steg, da der Übergang auch von dem ein und anderen Fuhrwerk überquert werden musste – es war ja auch eine entsprechende Einnahmequelle für die damaligen Bamberger Grundherren. Und wenn man die Höhe berücksichtigt, so kann man davon ausgehen, dass es sich um eine massive und stabile Holzkonstruktion von Leuten gehandelt haben muss, die ihr Handwerk verstanden.

Ich persönlich nenne diesen Steg daher historisch bedingt auch den „Bamberger Steg“ – vielleicht eine Anregung für eine offizielle Namensbenennung durch seitens der Stadtverwaltung bzw. des Stadtrates.

Dieser Übergang dürfte dann in dieser Form - jeweils der notwendigen baulichen Instandhaltung angepasst - sicherlich bis in die Zeit der Oegger, also bis etwa 1300 und vielleicht auch darüber hinaus bis in die Zeit der Grundherrschaft des Deutschen Ordens wahrscheinlich bis Ende des Dreißigjährigen Krieges bestanden haben. Das heutige Fundament sowie die Breite resultieren aus der Zeit des Hochwassers von 1845.

Der Brauereisteg

Ein zweiter Übergang ist später wenige hundert Meter flussaufwärts für das Grundstück der Oeggermühle, ab 1376 Deutschordenshammer und im seit Ende des 19. Jahrhunderts die Grimmsche Bronzefarbenfabrik, als Wehr überliefert. Jedoch als reiner Fußweg – der 1845 sogenannte „Brauerei-Steg“.

Direkt neben der Kirche, an heutiger Stelle dürfte eine breitere Brücke irgendwann nach dem Dreißigjährigen Krieg die Roth überspannt haben. Weshalb es an dieser höhenbedingt günstigeren Stelle nicht eher eine Brücke gab, lässt sich wohl daraus erklären, dass der damalige Friedhof bis direkt an das Deutschordensgrundstück heranreichte und es eben aus grundstücksrechtlichen Gründen bis jedenfalls zur Reformationszeit nicht möglich war, dort einen Übergang zu errichten. Erst als die Markgrafen als Kirchenpatrone und somit also „der Staat“ dann quasi die Hand auf das Grundstück des alten Friedhofes hatten, konnte man an der heutigen Stelle an einen Übergang denken.

Jedenfalls wurde der Friedhof verkleinert, denn für die Zeit vor 1843 ist eine Brücke überliefert. Denn diese wie auch der Steg des vormaligen Ordenshammers wurden bei einem Hochwasser vom Rothfluss weggerissen, sodass eine Notbrücke errichtet werden musste.

Diese wurde nach dem „Riesenhochwasser“ von 1845 durch eine massive Eichenbrücke ersetzt. Dieses Hochwasser muss verheerend gewesen sein. Der heutige Kupferhammer stand zwei Meter unter Wasser und der behelfsmäßge Fußgängersteg des Wehres der späteren „Bronze“ wurde ebenfalls abgerissen. Wegen dessen Wiedererrichtung entzündete sich 1845 ein heftiger Streit für und wider. Ein Teil der damaligen Dorfbewohner hielt diesen Steg mittlerweile durchaus für entbehrlich, während die Bewohner der Leithen, an ihrer Spitze der Wirtshausbesitzer Friedrich Mederer und sein Verwandter Ulrich Mederer, sich vehement für die Neuerrichtung aussprachen. Die Interessen Friedrichs Mederers ergaben sich aus den lokalen Verhältnissen: Dieser Steg stellte den Zugang zum damaligen „großen Felsenkeller“ dar, wo die Bierfässer gelagert wurden.

Die Streitigkeiten nahmen solche Ausmaße an, dass selbst der damalige Pfarrer Steuerer nicht mehr vermitteln konnte und sich für längere Zeit bis nach 1945 sogar ein Spottspruch über Ulrich Mederer, der sich wohl sehr nachdrücklich benommen haben musste, im Dorf hielt: „Und der Mederer spreizt seine Finger, dass der Steg wiederum errichtet würde!“

Chronologie der Auseinandersetzung

Aus den Unterlagen des damaligen Bezirksamtes Schwabach (StAN Rep 212 Nr. 4165) ist der Streit wie folgt überliefert:

„14. Juli bis 3. Dez. 1845 großer Meinungsstreit in vielen Einzelheiten, wo der Steg wieder errichtet werden soll. Großes Hochwasser 1843 hatte Brücke und Steg weggerissen. Eine Notbrücke wurde bei der Kirche errichtet. Der Steg bei der Mühle, seit 200 Jahren bestehend, war wieder gebaut worden, aber im Frühjahr 1845 wieder abgerissen. Stimmen gegen Neubau an der gleichen Stelle, dafür aber anstelle der alten Brücke, hauptsächlich von der Dorfstraße. Erbitterte Streitigkeiten durch die Leithen-Bauern unter Führung von Ulrich Mederer, dass die alte Stelle am günstigsten wäre.

Gegeneinwände: an der errichteten Schneidsäge müsse man unter der Dachtraufe gehen, früher war da mehr Platz, und der Treppenabstieg am Hang wäre denkbar ungünstig.
Am 20. Nov. versuchte Pfarrer Steuerer die streitenden Parteien ausgleichend zu überreden, doch vergebens.

Am 3. Dez. 1845 schrieb der Gemeindeausschuss unter Vorsteher Kalb, mit Bergmann, Ritter und Fuchs an das Landgericht Pleinfeld, dass man die Angelegenheit erstmal ruhen lassen sollte.“

Der Bau des als „Brauerei-Steg“ bekannten Streitobjektes ließ lange Zeit, bis in die 1860er Jahre, auf sich warten. Die Eichenbrücke bei der Kirche sowie der Übergang beim heutigen Eisenhammer wurden wiederum am 4. September 1849 bei einem schweren Unwetter durch Hochwasser hinweggerissen und danach wieder aufgebaut.

Diese Auseinandersetzung, so meine persönliche Einschätzung, hinterließ im Kollektivgedächtnis der Eckersmühlener bis in das späte 20. Jahrhundert seine Spuren. So war es der Fall, dass in meinen jungen Jahren, in den späten 1970er und frühen 1980er Jahren auf dem Bolzplatz die Mannschaften in diejenigen „links der Roth“ und denjenigen „rechts der Roth“ aufgeteilt wurden und sich gegeneinander wilde bis wüste Fußballgefechte lieferten.

Vorerst letztes Hochwasser

Nach 1849 herrschte bis heute Ruhe in Eckersmühlen, was derartige Hochwasser anging. Die Eichenbrücke bei der Kirche wurde 1914 durch eine Betonbrücke ersetzt, die bis 1972/73 Bestand hatte.

Der Neubau der Rothbrücke 1972/73, resultierend aus dem Neubau der Staatstraße zwischen Roth und Hilpoltstein, sorgte ebenfalls für Diskussionen und war das ein und andere Mal auch Schauplatz von Unfällen auf der errichteten Notbrücke, die allesamt glimpflich ohne Personenschaden ausgingen.

Damals war der Diskussionsgegenstand jener, dass eben eine Notbrücke direkt neben der Baustelle errichtet wurde, um eine große Umleitung zu vermeiden. Die heutige Diskussion dreht heute sich genau in die umgekehrte Richtung. Jedoch inhaltlich bleibt sie im Großen und Ganzen gleich – für und wider der Art und Weise der Durchführung der Baumaßnahme.