Nachhilfe nur online: "Alles andere als optimal"

22.2.2021, 07:00 Uhr
Nachhilfe nur online:

© Foto: Studienkreis

Wie erleben Kinder und Jugendliche das Lernen ohne Unterricht in der Schulklasse? Wie diszipliniert lernen Pubertierende, wenn sie von morgens bis nachmittags allein am Küchentisch sitzen? Und vielleicht nur Bahnhof verstehen?

Früher kam die Hilfe zum schnelleren oder besseren Begreifen zum Beispiel vom Nachhilfestudio. Wer den Satz des Pythagoras nicht verstand, dem erklärte der Nachhilfelehrer den Mathestoff nochmal in aller Ruhe zum Mitschreiben. Und für die AcI-Konstruktion im Lateinischen war eine Zusatzstunde auch oft hilfreich.


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Wie funktioniert Nachhilfe in Corona-Zeiten? "Nur online über Zoom. Unsere Schülerinnen und Schüler sind alle daheim", sagt Verena Schrödel von der Schülerhilfe in Roth. Und: "Natürlich ist das alles andere als optimal." Eigentlich würden sich die fünf Lehrkräfte gern mehr um einzelne Kinder und Jugendliche kümmern. "Sie wollen sich mal über den Tisch lehnen und sagen: Komm, lass uns die Aufgabe zusammen nochmal machen."

Leicht abzulenken

Aber das geht grad nicht, und manche Schüler leiden auch darunter: "Ihre Bereitschaft zur Konzentration ist deutlich geringer, und sie lassen sich ablenken", weiß Schrödel. Klar, das versteht sie auch: Wenn die Jungs und Mädchen schon den ganzen Tag am PC oder Laptop sitzen, fällt das weitere Stillsitzen während der Nachhilfestunde am späten Nachmittag umso schwerer.

Spürbar ist der lange Lockdown auch für die Nachhilfestudios selbst: "Die Schüler, die wir schon hatten, sind geblieben. Aber normalerweise kommen nach Schuljahresbeginn viele neue dazu. Diesmal gar nicht. Wir haben aktuell nur 60 bis 70 Schüler, eigentlich wären es 120 bis 130."

"Alles nur online", sagt auch Ulrike Dehner-Reimann zum Nachhilfeunterricht für Schüler. Sie betreibt in Schwabach das Schülerkolleg und bemüht sich, zusammen mit ihren Kolleg*innen, den Unterrichtsstoff in leicht verdauliche Portionen zu packen und Arbeitsmaterialien online oder per E-Mail zur Verfügung zu stellen. "Der Aufwand ist deutlich höher." Aber wenn all das nur online abläuft, "fällt vieles hinten runter".

"Gerade die Schüler, die eh nicht die Stärksten sind, haben durch den Lockdown große Probleme", weiß Ulrike Dehner-Reimann. Wo es mit der Disziplin sowieso schon hapert, bedeutet das Homeschooling, dass "vielfach gar nichts mehr passiert". Viele Eltern seien allein schon aus Zeitgründen gar nicht in der Lage, die Defizite ihrer Kinder aufzufangen. Dehner-Reimann: "Im Unterricht erkennt die Lehrkraft das und kann entsprechend agieren, aber im Homeschooling verstecken einige das natürlich."

Ihre Empfehlung an das Kultusministerium: "Sie sollten den Kindern das Jahr schenken." Allerdings dürfe das nicht zu früh publik werden, "damit trotzdem noch gelernt wird".

Andreas Mari hat sich erst im November mit seinem "Studienkreis" in Wendelstein selbstständig gemacht. Nach einer kurzen Zeit des Präsenzunterrichts müssen auch hier die Kinder und Jugendlichen derzeit alle online fit gemacht werden. Mathe, Physik, Englisch und Deutsch – gerade in den Abschlussklassen funktioniere die Online-Nachhilfe "sehr gut". Aber für die Kinder aus unteren Klassen oder für die, denen daheim die technische Ausstattung fehlt, laufe die Nachhilfe nicht optimal.

Und die Nachfrage nach Stunden sei auch noch ausbaufähig: Aber da schon der Schulunterricht für fast alle online stattfinde, würden viele Eltern nicht auch noch Nachhilfe online buchen. Mari: "Ich denke, viele warten jetzt ab."

Ob man aber den Schülern ein Jahr einfach schenken soll? Mari erzählt von einem Schüler: "Der durfte im vergangenen Jahr dann mit drei Fünfen und zwei Sechsen vorrücken. Ob das so sinnvoll ist?"

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