Poker für einen Startplatz ging nicht auf

8.7.2019, 08:56 Uhr
Poker für einen Startplatz ging nicht auf

© Foto: Micha Schneider

Freunde mussten sein künstliches Bein dann wieder einsammeln. "Das ist meine Geschichte mit Fußball." Durbal entdeckte stattdessen etwas anderes für sich: Das Laufen. Es war ein langer, harter Weg, aber gleichzeitig auch eine beeindruckende Entwicklung, die Durbal nahm. Mittlerweile hat der 41-Jährige sogar den Ironman auf Hawaii zweimal gefinisht, vergangenes Jahr startete er erstmals beim Challenge Roth. "Ich mag diese Langdistanzen."

Spontaner Entschluss

Doch vielleicht war sein Entschluss, auch in diesem Jahr anzureisen, ein wenig zu kurzfristig. Erst vor einer Woche hatte er sich spontan entschieden zu kommen. Statt als Läufer eines Staffel-Teams stand Durbal am Sonntag aber nur am Streckenrand. "Ich habe kein Team mehr für eine Staffel gefunden", sagt Durbal, der für die Teilnahme am Challenge extra aus seinem Heimatland Amerika eingeflogen war und am Donnerstagnachmittag bei seiner Gastfamilie Schlesinger in Roth eingetroffen war. "Ich bin echt genervt", sagt Durbal.

Ein Facebook-Posting des Veranstalters und ein Artikel dieser Zeitung wurden zwar vielfach geteilt, blieben allerdings erfolglos. "Wir hatten zwei Staffeln in Aussicht", sagt Schlesinger, "aber daraus wurde dann doch nichts". Die lange Reise über Toronto, Orlando über Frankfurt nach Roth hat sich für ihn also nur bedingt gelohnt. Die Atmosphäre des Challenge nahm er trotzdem mit, feuerte gemeinsam mit seiner Gastfamilie deren zweiten "Gast-Sportler" an.


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"Das ist schon selten, dass jemand so weit anreist und dann nicht starten kann. Rajesh bleibt aber auf jeden Fall noch ein paar Tage bei uns", sagt Schlesinger. Für Durbal ist die Nicht-Teilnahme natürlich enttäuschend, doch er blickt schon wieder nach vorne. Im Oktober will er erneut auf Hawaii finishen. Und außerdem hat Durbal in seinem Leben schon größere Rückschläge erlitten. Zwischen der aus heutiger Sicht lustigen Anekdote aus High-School-Zeiten und seinen Triathlon-Starts liegen nämlich viele Jahre. Und vor allem: viel Schweiß.

Handicap von Geburt an

Seine Geschichte ist ein kleines Märchen. Der 41-Jährige kam mit einem missgebildeten Arm und fehlenden Knochen in den Beinen zur Welt. Schon als Einjähriger waren ihm die Beine amputiert und Knochenstücke eingesetzt worden, sodass er mit Prothesen laufen lernte.

Als Heranwachsender war er deshalb auch oft mit Ablehnung und Rückschlägen konfrontiert. Durbal ging durch einige dunkle Täler. Doch er gab nicht auf, wollte sich und der Welt zeigen, wozu er fähig ist. 2009 fing er – unter Schmerzen – mit ersten Übungen an. Zunächst mit fünf Kilometern, die er im Gehen bewältigte, später begann er zu laufen und steigerte seine Distanzen immer weiter.

Die harte Arbeit hat sich gelohnt. Heute arbeitet er als Motivationstrainer, macht anderen Menschen mit seiner Geschichte Mut. Aber woher nimmt er diese Kraft? "Eine gute Frage", sagt er und ergänzt: "Die ist wohl hier drin." Durbal zeigt auf seinen Kopf. Sogar den Kilimandscharo hat der Amerikaner zwischenzeitlich bestiegen. "Das waren sechs Tage. Fünf zum Hochklettern und einen wieder zum Runterkommen."

Die Langdistanzen als Läufer ließen ihn aber nicht los. Beim Rother Challenge beeindruckte ihn im vergangenen Jahr die Atmosphäre, deshalb auch sein kurzfristiger Entschluss wieder anzureisen. "Ich konnte ja nicht nur rumsitzen und Bier trinken", scherzt Durbal.

Wie eine Familie

In der Marie-Curie-Straße in seiner Gastfamilie ist er auch in diesem Jahr ein gern gesehener Gast. "Es ist wie eine Familie für mich hier", sagt er am Freitagmorgen am Frühstückstisch bei Brötchen und Milch. Im vergangenen Jahr organisierte Schlesinger sogar eine Art Rahmenprogramm, von dem auch Schulklassen profitierten. Er nahm Kontakt zu Lehrkräften von Rother Schulen auf und organisierte Treffen mit dem Mann aus Orlando. Auch die Kinder und Jugendlichen sollten diese beeindruckende Geschichte hören.

"Ich habe den Schülern von mir erzählt und ich glaube, es hat ihnen gut gefallen", sagt Durbal. "Das ist schon wichtig. Sie haben durch mich gesehen, dass alles möglich ist. Dass man seine Träume verwirklichen kann." Auch mit Einschränkungen. Die Fußball-Anekdote aus seiner High-School-Zeit durfte da mit Sicherheit nicht fehlen.

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