Roth: Juwelier hört auf

6.6.2020, 14:00 Uhr
Roth: Juwelier hört auf

© Fotos: Yevheniia Frömter

Wann genau der 73-Jährige seine Ladentür endgültig absperrt, steht noch in den Sternen: "Wir machen zu, wenn alles verkauft ist." Bis dahin laufe auch die Werkstatt routiniert weiter. Garantieansprüche bei den Uhren wolle Bayerlein an einen Kollegen übertragen.

Seine treue Stammkundschaft solle bis zum Ende schließlich nicht enttäuscht werden – immerhin das höchste Gut der Familie Bayerlein: "Es war ein Privileg, in einer Kleinstadt so viele Kunden gehabt zu haben." Viele habe man persönlich gekannt. "Von Laufkundschaft und Touristen haben wir in all den Jahren allerdings nicht viel gemerkt", resümiert Bayerlein – "trotz der Bemühungen der Stadt Roth."

Zwar spüre Bayerlein derzeit einen Aufwind im Rother Einzelhandel, doch Alters- und gesundheitliche Gründe zwangen ihn letztendlich zur Aufgabe seines Unternehmens:

"Obwohl ich in diesen Laden mit ganz viel Herzblut führe, kann ich nicht mehr so, wie ich will und es die Kunden von mir gewohnt sind."

Ein großes Lob zollt er dem Stadtmarketing: "Hier wird mehr Einsatz eingebracht als man es von Kommunaldiensten gewohnt ist. Wir brauchen mehr Leute, die Ahnung von der Praxis haben."

Dabei erinnert sich der gelernte Handelsfachwirt an die Anfangszeiten als er Anfang 1987 sein Geschäft in Roth eröffnete: "Die Werbegemeinschaft war sehr aktiv, doch bei den Mitgliedern des Rother Stadtrates sind wir oft aufgelaufen." Es habe lange gedauert, bis die Stadtoberen verstanden hätten, dass es ohne einen funktionierenden Einzelhandel, der die Innenstadt lebendig macht, nicht ginge.

Für die Zukunft wünscht sich Bayerlein jedenfalls noch mehr aktive Händler, wie beispielsweise Florian Fischer (Edeka). "Service" kann seiner Meinung nach nur der örtliche Einzelhandel versprechen. "Die Kundschaft muss langfristig zufrieden sein." Der Internethandel könne dies nicht sicherstellen.

Sein Handwerk hat Bayerlein bereits bei seinem Vater im Unternehmen gelernt. Ein Uhrmachermeister sei er allerdings nie gewesen. Vielmehr lagen ihm Verkauf und der Umgang mit seinen Kunden im Blut. Durch mehrere Weiterbildungen – neben der Kaufmannsausbildung – wurde er auch Fachberater für Edelsteine und Perlen sowie für Uhren und Schmuck.

Die Kür: der Ausbildungslehrgang zum Diamantengutachter. Sein Fachwissen reichte so weit, dass Bayerlein über 30 Jahre als ‚Nichtmeister‘ in den Vorstand der Uhrmacherinnung Mittelfranken gewählt wurde.

Im Standort Roth sah Bayerlein die große Chance, sein Gelerntes auch richtig anzuwenden. "Im Betrieb meines Vaters fühlte ich mich damals nur als ausgebildeter ‚Lehrling‘ ohne Verantwortung." Die Anstellung als "Jungverkäufer" entsprach nicht der umfassenden Branchenausbildung. "Meine Eltern konnten damals noch nicht loslassen und Verantwortung abgeben."

 

Nochmal bei Null angefangen

 

In der Kreisstadt angekommen, bezog er zunächst ein kleines Ladengeschäft in der Hauptstraße, das in den 1990er Jahren um eine "Zweigstelle für Schmuck" nebenan im "Schlossparkcenter" erweitert wurde. Sieben Jahre später erfolgte 2002 der Umzug ins Nachbarhaus, nachdem das Geschäft "Samen Müller" dort schloss. "Wir haben noch einmal bei null angefangen, und es musste viel investiert werden. Es war aber der richtige Standort für uns."

Gerne hätten Lena und Hartmut Bayerlein das Geschäft weitergeben wollen: "Es gab zwei ernsthafte Interessenten, die inzwischen aber sehr unsicher sind." Für das Ehepaar verständlich: "In der augenblicklichen Situation weiß keiner, wie es weitergeht."

Ein großes Dankeschön spricht der "Juwelier am Schloss" seinen zahlreichen Kunden aus, die über mehr als drei Jahrzehnte zu ihm kamen. "Wir werden nicht sang- und klanglos verschwinden, sondern uns rechtzeitig von allen verabschieden", verspricht Bayerlein sichtlich gerührt.

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