Roth: Neuer Leiter im Gesundheitsamt

17.11.2018, 06:00 Uhr
Roth: Neuer Leiter im Gesundheitsamt

© Foto: Petra Bittner

Plakative Einstiegsfrage, Herr Dr. Schmitzer: Welche Schuhgröße haben Sie?

Dr. Stefan Schmitzer: 42, ähm ...?

 

Na ja, Sie müssen schließlich die großen Fußstapfen ausfüllen, die Ihr Vorgänger Dr. Fritz Oberparleiter hinterlassen hat. Der war 27 Jahre lang Chef des Rother Gesundheitsamtes. Kriegt man(n) da kein bisschen Bammel?

Schmitzer: Bammel nicht unbedingt. Das Rother Gesundheitsamt besitzt den Ruf, ein sehr gut geführtes Haus zu sein – fortschrittlich und fachlich top aufgestellt. Natürlich ist es eine Herausforderung, dort einzusteigen. Aber gleichzeitig empfand ich das auch als Motivation, weil man nicht alles von null aufbauen muss ...

 

Was haben Sie also gerne von Dr. Oberparleiter übernommen?

Schmitzer: Die intakten Strukturen und das fachlich hervorragend qualifizierte Personal — beste Voraussetzungen, um auf hohem Niveau weiter zu arbeiten. Mit dem Prinzip des ,papierlosen Büros`, das er eingeführt hat, kämpfe ich allerdings noch ein bisschen (lacht) ...

 

Man darf Sie als den "Neuen" auch mit neuen Räumlichkeiten in Verbindung bringen: Das Gesundheitsamt befindet sich jetzt in der ehemaligen Sparkassenfiliale an der Allersberger Straße. Wie werden Sie dieses Haus führen, welcher ,Typ Chef`sind Sie? Eigencharakteristik, bitte!

Schmitzer: Puh! Sagen wir so: Oberstes Gebot ist immer die fachliche Qualität. Um die zu gewährleisten, will ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern so viel Verantwortung wie möglich überlassen. Sie sollen in ihren jeweiligen Fachbereichen eigenständig arbeiten können und trotzdem wissen: Wenn´s Spitz auf Knopf kommt, haben sie den Rückhalt durch mich.

 

Wie viele Leute arbeiten eigentlich hier, wie ist Ihr Amt strukturiert?

Schmitzer: Da ist zum einen der amtsärztliche Dienst, dann die Umwelt- und Infektionshygiene, zu der auch die Tuberkulosefürsorgestelle zählt; weiter gibt es den schulärztlichen Dienst – bekannt vor allem durch die Schuleingangsuntersuchungen – und außerdem den sozialpädagogischen Bereich.

Die dortigen Fachkräfte arbeiten in der Schwangerenberatung und Gesundheitsförderung oder im sozialen Beratungsdienst, der bei seelischen Krisen hilft; zudem hätten wir da noch die Betreuungsstelle, in der ein Kollege Stellungnahmen fürs Gericht verfasst, und die "Gesundheitsregion plus" mit Geschäftsstellenleiter Günther Wittmann. Nicht zu vergessen unsere vielen Verwaltungsangestellten! Alles in allem zählt das Gesundheitsamt Roth-Schwabach knapp 30 Beschäftigte.

 

Und wie hat man sich dabei den Amtsleiter vorzustellen: Sitzen Sie mehr am Schreibtisch oder sind Sie viel im Außendienst unterwegs?

Schmitzer: Ich sitze leider sehr viel am Schreibtisch, weil ich ja der fachliche und organisatorische Leiter des Ganzen bin, der den Laden zusammenzuhalten hat. Ich muss wissen, wo´s Probleme gibt, damit ich im Zweifelsfall und bei Streitfragen die ultimative Entscheidung fällen kann.

 

Wie die Schließung des Springerbeckens im Allersberger Freibad?

Schmitzer: Ja, das war ich, ausgerechnet – als Allersberger! Aber angefeindet hat man mich bis jetzt noch nicht (lacht). Getroffen werden solche Entschlüsse natürlich rein fachlich und nicht aus dem Bauch heraus. Die Hygienekontrolleure haben geprüft und festgestellt, dass Grenzwerte nicht mehr einzuhalten waren. Also mussten wir handeln.

 

Beim Stichwort ,Amtsarzt` fallen mir unwillkürlich die Schluckimpfungen in den 1970er Jahren ein, an denen man als Kind teilnehmen musste. Dr. Oberparleiter hatte sich öffentlichen Aufregern wie Aids, BSE oder der Vogelgrippe zu stellen. Was, Herr Dr. Schmitzer, bringt die Zukunft für Sie wohl mit sich? Die Arbeitswelt verändert sich rasant schnell, psychische Erkrankungen nehmen zu, die Menschen sind sensibilisiert im Hinblick auf umweltbedingte Gesundheitsrisiken ...

Schmitzer: Die Impfungen übernimmt inzwischen ein gut ausgestaltetes Netz an Kinder- und Hausärzten, das funktioniert bestens. Aber Sie haben Recht, Druck und Leistungsverdichtung am Arbeitsplatz steigen kontinuierlich an und damit wächst die Zahl psychisch belasteter Arbeitnehmer. Uns erreichen insgesamt auch immer mehr Meldungen über psychisch auffällige Menschen – ob das nun vereinsamte und verwahrloste Senioren sind, die Hilfe brauchen, oder ob es um "Schulschwänzer" geht, die mit Mobbing und den Erwartungen der Schule beziehungsweise des Elternhauses nicht zurechtkommen. Das Spektrum ist groß!

Was umweltbedingte Gesundheitsrisiken anbelangt, so scheint die Diskrepanz zwischen Wahrnehmung und Realität oft erheblich zu sein. Handystrahlen, Windräder, Stromtrassen: Die subjektiv empfundene Gefahr wird nicht selten viel höher eingeschätzt, als sie in Wahrheit ist.

Ich sehe allerdings noch andere Problemfelder auf uns zukommen ...

 

Die da wären?

Schmitzer: Neue Infektionskrankheiten! Im Mittelalter hat die Pest für ihren Weg von Indien nach Europa ewig gebraucht, heute geht’s ganz schnell mit dem Flugzeug: Durch die Globalisierung und den Massenreiseverkehr können Infektionskrankheiten aus allen Kontinenten jederzeit bei uns auftauchen. Da spielt freilich auch der Klimawandel eine Rolle.

Sagt Ihnen das West-Nil-Fieber was? Die dafür verantwortliche Mücke kann inzwischen in Bereichen überleben, in denen sie das vor einigen Jahren nicht geschafft hätte: Italien, Spanien, Südfrankreich ...

Durch den Klimawandel entstehen Umweltfaktoren, die Gesundheit und Wohnqualität negativ beeinflussen. Das werden zunehmend unsere Aufgaben sein.

 

Hört sich alles in allem nicht unbedingt nach einer 40-Stunden-Woche an. Was hat Sie dennoch an der Stelle gereizt, warum haben Sie sich beworben,?

Schmitzer: Ich war von 2001 bis 2018 am Gesundheitsamt Weißenburg-Gunzenhausen tätig – man kennt die Leute, die Strukturen. Abgesehen davon, dass mich Dr. Oberparleiter dazu ermuntert hat, sehe ich die Leitungsposition als Anreiz, denn ich muss mich wieder neu in alles einfinden.

 

Wie gleichen Sie Stress in Ihrer Freizeit aus?

Schmitzer: Durch Klavierspielen – ich bin ja vor ein paar Jahren als Pianist zum Allersberger Torturmkabarett gestoßen – und Bergsteigen.

 

Zum Schluss Hand aufs Herz: Welche gesundeitsbeeinträchtigenden Laster haben Sie?

Schmitzer: Ich bin relativ perfektionistisch und schleppe viele Probleme im Kopf mit nach Hause. Das ist manchmal schon eine Last. Aber sonst hab´ ich eigentlich keine Laster.

 

Mit Dr. Stefan Schmitzer sprach:

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