Schlitterpartie mit Absatzreißern

19.1.2019, 06:00 Uhr
Schlitterpartie mit Absatzreißern

© Repro: Maximilian Peschke

Georg Hafner hatte eine ansehnliche Sammlung alter Skier, ausgedienter Eisstöcke, einen Schlitten und uralte Schlittschuhe mitgebracht. Beim Anblick all dieser Gegenstände erinnerten sich viele Besucher sofort an die Namen der regionalen "Cracks", die sich einst dem Wintersport widmeten.

Aus den Reihen der Eisstockschützen hätten sich stets ein paar mutige Männer aufs Eis gewagt, um die Tragfähigkeit zu testen, hieß es. "Dabei ist immer wieder mal einer eingebrochen", rief Karl Wechsler exemplarisch das "Vollbad" von Mike Gruner wach, der seinen Stock zu weit auf den Weiher hinausgeschoben hatte und beim Einholen einkrachte.

In diesem Kontext vergewisserte man sich auch, wer in den 1950er Jahren zur "Crème de la Crème" der Heidecker Stockschützen gezählt hatte: Georg Bauer, Josef Ramsenthaler, der Hubert "Boder", Josef Leitner, Sepp und Georg Forster, Franz und Hans Köstler, Otto Schmidt, Georg Nimmerichter, Sepp Mosberger, Willibald Kleesattl und Karl Wechsler.

Meist seien’s so viele Eisstockschützen gewesen, dass man zwei Bahnen brauchte, bemühte Karl Wechsler das Gedächtnis der Anwesenden. Er wusste auch noch, dass man nach der Währungsreform 1948 "um a Fünferla" spielte – was damals allerdings keine Münze, sondern ein Geldschein war.

Geschoben wurde ausschließlich mit handgedrechselten Stöcken aus Kirschholz, die vom Schwarzwanger-, Löw-, oder Tretterschmied mit einem Eisenring versehen wurden. Auch sobald ein Stock "geranzt" (gebremst) habe, hätte man ihn zum Schmied gebracht, der das Teil wieder geläufig machte. Nach einem verlorenen Spiel sei’s übrigens üblich gewesen, die Revanche zum doppelten Einsatz zu spielen.

Es wäre schon damals auch nachts geschoben worden, erklärte Wechsler. Dafür habe man sich im FürsichSchuppen den Strom besorgt.

Damit man wusste, wer zu welcher Mannschaft gehörte, sei über den Eisstockstiel ein handgestricktes oder gehäckeltes "Maschler" gestülpt worden. Man erzählte sich ferner, dass der Eisstock manchmal auch als Christbaumständer zweckentfremdet wurde, indem man den Stiel herausnahm und stattdessen den Christbaum reinsteckte.

Auf dem Wäschweiher waren im Winter aber auch Schlittschuhlaufen und Eishockey angesagt. Als Schlittschuhe dienten die als "Absatzreißer" titulierten Eisgleiter. Denn die wurden mittels "Orcherla" kurzerhand an die Winterschuhe angeschraubt, sodass mancher Absatz unter der Belastung nachgab. Großer Beliebtheit erfreute sich ferner das Schlittenfahren auf den angesagten Hängen rund um Heideck. So rauschten die Kinder per Ein- oder Doppelsitzer von Schloss Kreuth aus hinunter bis zum Anwesen Kleesattl. Auch am Abelesbuck und am Kapplesberg tummelten sich die Schlittenfahrer. Vor dem Bau der Volksschule war es zudem möglich, vom Mändelskeller aus bis zur Höfenerstraße zu gleiten.

Karl Wechsler rief außerdem die Gedanken daran wach, wie man mit den Skiern von der Rudletzholzer Straße aus hinunter ins Tal wedelte. Man sei dort um 1972, also noch geraume Zeit vor der Gründung des Skiclubs Heideck im Jahr 1978, Ski gefahren. Damals hätten Georg Krämer und sein Sohn Georg einen alten Traktor mit einer Seilwinde versehen. Damit ließen sich etwa acht Skifahrer nach oben ziehen. Und einer musste dann mit dem Seil wieder nach unten fahren, damit weitere Skifahrer nach oben gezogen werden konnten.

Als sich einmal mehr als ein Dutzend Skifahrer abschleppen ließen, sei das Seil gerissen und der Liftbetrieb wurde eingestellt. Damals, so Maximilian Peschke, wäre die Idee zum Bau eines Skilifts am Gegenhang aufgekommen.

Mit Gründung des Skiclubs Heideck sei schließlich ein Wintersportverein entstanden, dem einst mehr als 600 Mitglieder angehörten. Das erste Projekt dieses Clubs: ein "Rucksacklift", der vielen Kindern das Skifahren ermöglichte, bevor dann der Bau eines Skilifts mit Skihütte im Jahr 1985 realisiert wurde.

Karl Wechsler berichtete, dass der Heidecker Holzhändler Paul Ramsteck einmal einen riesigen Eschenstamm von ihm gekauft hätte. Aus diesem wurden Skier gefertigt. Er selbst habe davon ein Paar bekommen, die er noch heute besitze.

Richard Böhm erzählte von einem Gebirgsausflug mit Söhnchen Wilfried in den 1980er Jahren. Skiclubvorsitzender Jakob Buckenlei habe ihm damals geraten, neue Skier zu kaufen. Dank eines Skipflegekurses habe er jedoch Wilfrieds alte Skier so präpariert, dass der 1983 als 18-Jähriger Clubmeister im Skiclub geworden sei. Böhm erinnerte in diesem Zusammenhang auch an den Schulübungsleiter alpin, Franz Österreicher, der früher im ganzen Landkreis Roth Lehrkräften und Schülern das Skifahren beibrachte . . .

ZNächstes Erzählcafé: Donnerstag, 14. Februar, 15.30 Uhr. Thema "Faschingsbräuche". Teilnehmer sollen maskiert erscheinen.

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