Station 196: Mit Schuh, Charme und mächtigen „Muckis“

22.3.2013, 17:40 Uhr
Station 196: Mit Schuh, Charme und mächtigen „Muckis“

© Tobias Tschapka

MÖRLACH — Wie bitte? 72 soll sie sein? Diese strahlende Carolin Reiber, die sich einem kalten Märzabend zum Trotz in ihr „kleines Schwarzes“ geworfen hat, das eigens für die Aufzeichnung der April-Sendung mit einem Hauch von Frühjahr kokettiert.

„72, wirklich?“ Da ist Hilpoltsteins Bürgermeister Markus Mahl erstmal baff. Aber es scheint zu stimmen. Denn wir schreiben 2013 und das Internet verbürgt‘s gleich mehrfach: Reibers Geburtstag ist der 2.November 1940.

Doch Daten sind offenbar Schall und Rauch, wenn der Power-Akku geladen ist. Denn Carolin Reiber hat‘s drauf. Noch immer. Ein TV-Vollblut-Profi ist sie seit Mitte der 1960er Jahre. Das wird auch sofort klar, als sie die urige Gaststube des Mörlacher Schlosses betritt: „Lauter scheene Leit!“, ruft sie den Tischreihen aufmunternd zu und sucht Bestätigung bei einem Kameramann, der ihr auf Schritt und Tritt folgt – „aber ned a so nah“, kriegt er auf oberbayrisch zu hören.

Bei so viel telegener Souveränität entfährt einem fränkischen Bewunderer doch glatt ein spontanes „Donnerwedder!“ Denn très charmant wie eh und je, rollt Bayerns Vorzeige-Moderatorin ihr bajuwarisches „Ärrrrrr“ vor sich her, um die Burgstadt Hilpoltstein ins rechte (Scheinwerfer-)Licht zu rücken.

Made in Hip

Dazu steht ihr ein 25-köpfiges Team zur Seite, das hier, in der voll verkabelten Gaststube von Schloss Mörlach, den Spot auch über 150 neugierige Hilpoltsteiner wandern lässt, die wissen wollen, wie „Fernsehmachen“ funktioniert. Einige von ihnen sind gar „erwählt“, um im Verlauf des Abends Außergewöhnliches zu berichten. Sowohl live als auch in kleinen Filmbeiträgen, die während der vergangenen Wochen gedreht wurden. Made in Hip.

Denn ja, selbst die Provinz hat ihre „Highlights“ zu bieten. Das ist schließlich das Konzept der „Bayerntour“, auf die sich Reiber seit 20 Jahren begibt. „Schöne Fleckerln“ will sie ausfindig machen und den BR-Zuschauern mithilfe unkonventioneller Zeitgenossen vor und vom Ort präsentieren. „Fleckerln“ in allen sieben bayerischen Regierungsbezirken. „Bürgersendungen“ nennen sich derlei Sendeformate, erklärt Redaktionsleiterin Margot Waltenberger-Walte einleitend.

Schwaben war gestern, jetzt ist also Mittelfranken dran - mit Station 196: der „Burgstadt“ am Rothsee. Denn, so heißt es in der ersten Einspielung, „egal, von wo man sich der Stadt nähert, immer bestimmt die Burg das Bild“.

Ein Wahrzeichen, das die „Heimatliebe“ des ehrenamtlich agierenden Heimatvereins in Wallung versetze. Ein Wahrzeichen, das Visionen bei Bürgern wie Stadtvätern gleichermaßen wecke. Und nicht zu vergessen: Ein Wahrzeichen, in dessen Namen alljährlich das Burgfest vonstatten geht und das „Hofnarr“ Josef Lang schon ein halbes Jahrhundert zum Possenreißen animiere.

Kurz: Im Verbund von Sandstein, Straßenpflaster und Fachwerk werde Hilpoltsteins „Altstadtwohnzimmer“ zur unwiderstehlichen Kulisse für Einheimische, Ausflügler und Urlauber. So resümiert es Beitragsautor Julius Kolb und lässt damit gleich zu Beginn der Aufzeichnung manch‘ stolze Brust schwellen.

Bürgernähe als Vehikel

Doch das ist auch so gewollt. Die Identifikation mit Heimat fungiert immerhin als Motor der Bayerntour, Bürgernähe als Vehikel. Also geht Carolin Reiber auf Tuchfühlung. Mit Eva und Clemens Helbach zum Beispiel, den Gastgebern und Schlossbesitzern. Zu ihnen gesellt sich die Folklore-Ikone lässig an den vorbereiteten Frühlingstisch, schwärmt vom hübschen Rokokobau und lässt sich die Historie des Guts erzählen. Eine kleine Geschichte des Adels.

Dass die Helbachs dennoch Bodenhaftung behalten haben, könnte glatt an den Fertigkeiten der Schusterfamilie Hackner liegen. Die rückt nämlich als nächstes ins Bild. Weil sie der Welt und vielen Promis das gibt, was diese brauchen: gesundes Schuhwerk, von Hand gemacht, zum stolzen Preis von 250 bis 8000 Euro. Auch wenn Otto Normalverbraucher das zuerst schlucken muss – „bitte jetzt gleich kräftig klatschen!“, fordert Regisseur Edi Baumgartner die Hilpoltsteiner auf, die seiner Bitte aber sogleich Folge leisten.

Bei Carrerabahn-Figuren-Spezialist Heinz-Jürgen Frömter geht‘s nicht so schnell. Da versagt erstmal das Mikro und der „lockere“ Talk mit Carolin Reiber muss zurück auf Anfang. Doch schließlich nimmt auch diese Sache Fahrt auf – inklusive Wettrennen an der aufgebockten Bahn. Das kostet natürlich Zeit. Zu viel Zeit. „Spui ‘mer später weiter“, vertröstet Reiber den Macher der in Sammlerkreisen begehrten FröHa-Miniatures.

Denn die Grande Dame des BR hat sich jetzt anderen Dingen zuzuwenden: den „stattlichen Oberarmen“ von „Absolut Andy“ alias Andreas Ullmann nämlich. Nicht von ungefähr ist er mehrfacher deutscher Meister, Europameister und 2007 auch Schwergewichtsweltmeister im Wrestling geworden. Ob er lieber den Guten oder den Bösen spiele, will Carolin Reiber wissen und setzt damit beinahe einen philosophischen Diskurs in Gang: „Ich bin der Überzeugung, dass in jedem von uns etwas Böses steckt“, kontert Ullmann und bringt die Moderatorin mit seiner schlagfertigen Art kurz aus dem Konzept. Da muss nochmal der „Spickzettel“ herhalten, der für alle Fälle unterm Tischtuch bereitliegt...

Den Triathlon und die Ironkids mit ihrem Trainer Peter Andrack, die Kleindenkmal-Forscher Irmgard Prommersberger und Dieter Popp sowie Bayerns Vogelschutz-Chef Ludwig Sothmann nebst einer leibhaftigen „Birderin“ kriegen die Zuschauer im Verlauf der Aufzeichnung noch zu sehen, bevor es schließlich auch was zu hören gibt. Denn im Reigen der Lokal-Prominenz darf sie schließlich nicht fehlen: Dorothea Müller, hoffnungsvolles Hilpoltsteiner Musical-Talent.

Die in Hamburg lebende Sängerin hat sich ihren Mentor Wayne Lempke mitgebracht, den Carolin Reiber gleich einmal „befördert“, indem sie ihn als „Leiter der Musikschule Hilpoltstein“ benennt. Lempke spielt den Fauxpas zwar souverän herunter, doch Regisseur Baumgartner will zwei Neustarts, bevor das Gespräch der Drei endlich Gnade vor seinen Kopfhörern findet.

Vokalisten setzen Schlusspunkt

Den Punkt setzt schließlich das Hilpoltsteiner Vokalensemble - dessen Leiter Wayne Lempke tatsächlich ist – mit dem Song „Down To The River“.

Doch den Bach runter sei diese Aufzeichnung keineswegs gegangen, versichern Regisseur und Moderatorin den Gästen unisono, nachdem der Schlussakkord verklungen ist. Ganz im Gegenteil. „Das hat alles wunderbar geklappt. Sie werden staunen, was Sie am 3.April zu sehen kriegen“, schmunzelt Carolin Reiber in Richtung Bürgermeister Markus Mahl.

Für ihn sei das heute Abend „ein einmaliges Erlebnis“ gewesen, beteuert der euphorisch — auch wenn er´s noch immer nicht recht glauben kann: „72...“

Die Bayerntour aus Hilpoltstein wird am Mittwoch, 3. April, 20.15 Uhr, im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt. Wiederholungen sind am Folgetag um 2.15 Uhr und um 14.15 Uhr zu sehen.

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