Thalmässing: Sportlicher Pädagoge mit Weitblick

7.9.2020, 06:00 Uhr
Thalmässing: Sportlicher Pädagoge mit Weitblick

© Foto: Jürgen Leykamm

"Sie hat einfach einen sehr guten Ruf. Deswegen habe ich mich auch gleich beworben, als ich erfuhr, dass die Stelle des Schulleiters ausgeschrieben ist", erklärt Graf im Gespräch mit unserer Zeitung. "Mich hat das Konzept gereizt – genauso wie hier stelle ich mit Schule vor." Vor allem die Betonung auf das eigenverantwortliche Lernen hat es dem verheirateten, zweifachen Familienvater angetan. Kein Wunder, denn über genau dieses hat er viele Jahre lang selbst an schulischen Einrichtungen "gepredigt".

Auch heute noch ist er als Dozent an der Universität Eichstätt gefragt. "Jeder Schüler sollte in seinem eigenen Tempo lernen können", so Thalmässings neuer Schulchef. Und das möglichst interaktiv. "Wir müssen weg von einem Unterricht, bei dem der Lehrer vorne an der Tafel alles vorkaut."

Sein bisheriger Berufsweg habe ihn in diesem Ansinnen eigentlich nur bestätigt. Die meiste Zeit war er an einer Ingolstädter Mittelschule tätig – erst acht Jahre als Lehrer, dann weitere sieben als Konrektor. 2017 avancierte er zum Rektor an der Tittinger August-Horch-Grund- und Mittelschule. Nun also hat Graf die Regierungsbezirksgrenze übersprungen und sich mit vielem neu vertraut machen müssen, zum Beispiel einem anderen Schulamt als Ansprechpartner.

Die pädagogischen Herausforderungen seien aber überall ähnlich. "Wenn ein Kind zum Beispiel die Berechnung des Kreisumfangs nicht versteht, hilft es nichts, ihm 20 Aufgaben dazu machen zu lassen", wie er erklärt. Da müsse anders herangegangen werden. Und der Schulleiter will weg von der strikten Trennung der Lerninhalte. "Haben die Schüler den Umgang mit Gleichungen gelernt, kann man das beispielsweise in den Geometrie-Unterricht einstreuen."

Es dürfe nicht nur um Formeln gehen, von daher sei er auch ein Verfechter des neuen, kompetenzorientierten Lehrplans. Wie die Beispiele zeigen, lässt sich Grafs Affinität zur Mathematik nicht verleugnen. In Thalmässing wird er neben diesem Fach auch Wirtschaft und Sport unterrichten sowie Inklusionsstunden halten. Eine große Herausforderung stelle der personelle Umbruch dar. Neben seinem Vorgänger Ottmar Misoph seien ja auch noch die Lehrkräfte Erika Pfeffer und Karlheinz Seefeld in den Ruhestand verabschiedet worden. Alle drei "hinterlassen schon eine große Lücke". Deswegen will Graf auch erst einmal "keine neuen Fässer aufmachen, sondern an den Stellschrauben drehen, um das Schulleben hier und da noch etwas zu optimieren". Vieles aber laufe schon sehr gut.

Wie Misoph vor ihm legt aber auch der neue Rektor einen kritischen Geist gegenüber der Schulpolitik an den Tag. "Ich werde mir schon die Freiheit herausnehmen, gewisse Paragrafen anders als üblich auszulegen – vor Ort muss es passen!" Und genau dort bekommt er in diesen Tagen große Unterstützung von Konrektorin Karin Käser. Derweil füllt sich sein Schreibtisch im frisch gestrichenen Chefbüro immer mehr. Neben dem Möbel fällt ein Theodolit ins Auge: ein mit Zielfernrohr ausgestattetes Winkelmessinstrument, das Graf im Unterricht verstärkt einsetzen und so mathematische Zusammenhänge mit dem Umfeld der Schüler zusammenbringen will.

Apropos Umfeld: "Das passt hier sehr gut!" Graf meint damit nicht nur sein Kollegium, sondern unter anderem auch den Markt Thalmässing als Sachaufwandsträger. Bei ihren ersten Begegnungen habe er Bürgermeister Georg Küttinger als "sehr umgänglich, engagiert und der Schule gegenüber sehr wohlwollend" erlebt. Nun freue er sich darauf, seine Schüler kennen zu lernen, betont Graf.

Dabei erzählt er vielleicht auch von den beiden Leidenschaften, die bei dem jungen Klientel ihn wohl außerhalb des Schullebens interessant machen dürften. So ist er etwa Träger des dritten schwarzen Gürtels in Jiu Jitsu. In dieser Kampfkunst brachte er es sogar bis zum deutschen Vizemeister und ist zudem fürs Nationalteam auf der Matte gestanden. Die Sportart habe ihn unter anderem den Weitblick gelehrt, den er im übertragenen Sinne auch an der Schule an den Tag legen wolle. Seine zweite große Passion? "Ich bin leidenschaftlicher Motorradfahrer!" Mit seiner Harley Davidson ist er des Öfteren im Altmühltal oder im Fränkischen Seenland unterwegs: "Dabei fahre ich aber ganz gemütlich durch die Landschaft". Überhaupt habe er einen "großen Bewegungsdrang", wie beide Hobbys zeigen. Darüber hinaus mag er aber die Harmonie, wie sein Faible für A-Capella-Musik verdeutlicht. Etwa für eine Gruppe namens "Alte Bekannte". Und zu solchen dürften denn auch seine Lehrerkollegen werden, wenn er entsprechend lange an seiner Wirkungsstätte bleibt. Ob er dies vorhat? "Warum eigentlich nicht? Bis jetzt passt alles – aber mein erstes Schuljahr hier beginnt ja erst …".

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