Trend Interior in Greding: Mit 59 Chefs aus der Krise

27.3.2021, 15:15 Uhr
Trend Interior in Greding: Mit 59 Chefs aus der Krise

© Foto: Jürgen Leykamm

Eine flache Hierarchie, ein erweitertes Portfolio und das Positionieren des Unternehmens auf drei Beinen, sodass es nicht mehr umfallen kann: Mit diesem Rezept hat es der Gredinger Betrieb Trend Interior geschafft, aus der Asche der insolventen Vorgängerfirma Trend Store (wir berichteten) als Phoenix emporzusteigen.

Den Standort zu erhalten ist das große Ziel, der beschrittene Weg dorthin scheint recht vielversprechend. Der große Trumpf: Menschlichkeit. Ein Wort, das beim Pressegespräch mit Geschäftsführer Christian Hilz und Werksleiter Markus Girg, der schon 32 Jahre Teil der Unternehmensgeschichte ist, immer wieder fällt. Und das im Zusammenhang mit wirtschaftlichem Erfolg.

Der jüngste Coup liefert ein gutes Beispiel, wie beides gut zusammen gehen kann. Die GmbH hat nämlich erst kürzlich einen ganz großen Fisch an Land gezogen: Der Laden- und Innenausbauer darf sich des neuen Verwaltungsgebäudes eines führenden Technologiekonzerns in München annehmen. Mit einem ehrlichen Angebot lag man zwar preislich oberhalb der Konkurrenz, die wurde gerade deswegen als unseriös eingestuft – und Trend Interior bekam den Auftrag.


Nach Insolvenz in Greding: Neuer Name, neues Glück?


"Wir legen Wert auf Unternehmenswerte", so Hilz – beim eigenen Betrieb sowie bei dem des Geschäftspartners. Was bedeutet: "Manchmal sagen wir auch Nein!" Der Fernsehsender Pro Sieben, dessen Eingangsbereich in der Unterföhringer Zentrale die Gredinger Firma gestaltet, sowie ein renommierter Holzmodulhausbauer – so lauten weitere aktuelle Referenzen. Intersport setzt mittlerweile nur noch auf Trend Interior als Ladenbauer, es gibt eine Kooperation mit der Max-Planck-Gesellschaft und ein Homeoffice-Möbel von Media Markt trägt gar den Namen des herstellenden Betriebs aus der Schwarzachstadt.

Der Spieß hat sich umgedreht

Nach der Rettung des Unternehmens "sprechen wir mit Leuten, die uns vorher gar nicht angesehen haben und bekommen auch noch Aufträge von ihnen", ist der Geschäftsführer zufrieden. Eigentlich aber sei das, was im vergangenen Jahr passiert ist, "eine Neugründung gewesen", ergänzt Girg. Ein Tauziehen begann nach der Insolvenz von Trend Store im Januar 2020. "Das Interesse an einem Kauf war bei den Investoren sehr groß", erinnert sich Hilz zurück. Doch dann kam Corona – "und nun werden uns die Interessenten von damals selbst zum Kauf angeboten".

Die Lösung fand sich vergangenes Jahr mit einer neuen Unternehmensstruktur. Aus Angestellten wurden stille Anteilseigner, die zusammen eine Säule namens MBO (Mitarbeiter Buy Out) bilden. Die anderen beiden gleichberechtigten Standbeine sind die Betriebe CGS (Christian Geyer System) aus Denkendorf sowie Möbel und Raum aus der Nähe von Fulda. Ein Dreigestirn also soll es seither richten.

Für die Leuchtkraft des Gredinger Sterns sorgt dabei laut den beiden Herren eine Unternehmenskultur, die verstärkt auf der Wertschätzung des Einzelnen fußt. Das meint aber nicht nur die produktive und kreative Leistung, sondern auch deren Meinung und sogar das kritische Hinterfragen. Gemeinsam sollen Lösungen erarbeitet werden. Ein Prozess, "in den wir nicht nur die Belegschaft, sondern auch den Kunden mit hineinnehmen", erläutert Girg.

Um Auftragsschwankungen auszugleichen, stellt sich der Betrieb breiter auf: Zum Ladenbau hat sich bereits der Innenausbau gesellt. In diesem März ist zudem das sogenannte Plattformgeschäft gestartet. Über eine Online-Plattform kann hier etwa ein Schreiner von ihm benötigte Produkte passend konfigurieren und dabei die Manpower sowie den hochtechnisierten Maschinenpark von Trend Interior in Anspruch nehmen. Es gibt also ordentlich zu tun, bei einer Auftragsspitze half auch gern mal die Verwaltung freiwillig mit. "Da war ich dann Hilfsarbeiter", sagt Geschäftsführer Hilz. Werksleiter Girg steht in solchen Fällen ohnehin in vorderster Linie.

Bonus statt Corona-Hilfen

Der Aufwärtstrend schlägt sich auch in Zahlen nieder. Hilz: "Wir haben eine schwarze Null als Jahresergebnis – und das ohne Coronahilfen!" Stattdessen gab es vom Unternehmen für die Beschäftigten einen 1500-Euro-Bonus – dank des Bundes steuerfrei. Schritt für Schritt hat man sich mit Unterstützung der Unternehmerfabrik aus dem Tal hochgearbeitet. Erst kam der radikale Einschnitt beim Personal, wobei das verbliebene das bisherige Gehalt bekam. Mit den Aufträgen wuchs auch die Zahl der Beschäftigten wieder, und es konnten einige Rückkehrer willkommen geheißen werden: "Derzeit haben wir 59 Mitarbeiter".

Gerade zur Festigung des Standorts werden Handwerker gesucht, die Firma will mittelfristig aber deutlich unter einer Zahl von 100 Mitarbeitern bleiben. Für diese soll ein Wohlfühlklima geschaffen werden. "Deswegen wird sich hier auch einiges ändern", betont Girg. Austausch, Offenheit, Transparenz, Gleichberechtigung – das stehe nun im Blickfeld. Baulich ist an die Einrichtung eines Workcafés gedacht sowie ein Heranrücken der Verwaltung an die Fertigung. Und damit "ein Ende der Zweiklassengesellschaft", so Hilz.

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