Vergaben und Aufträge: Maulkorb für öffentliche Gremien

23.11.2019, 14:06 Uhr
Vergaben und Aufträge: Maulkorb für öffentliche Gremien

© Foto: Claudia Weinig

Wir fragten nach bei Alexander Wernard, der für den Landkreis Roth für das Facility Management zuständig ist. Wernard hat vor wenigen Tagen bei der Dienstbesprechung der Bürgermeister im Landkreis Roth das 13-seitige Schreiben des Innenministeriums an alle Verwaltungen vom September 2019 erläutert

Herr Wernard, handelt es sich bei den jüngsten Vorgaben für die Behandlung von Vergaben um eine ministerielle Anordnung oder um neue Rechtsprechung?

Wernard: Die Vorlage dafür bildet ein ministerielles Rundschreiben, das die geltende Rechtslage lediglich klarstellt: Dabei gibt es eine Differenzierung zwischen der unterschwelligen und der EU-weiten Vergabe. Die Schwelle liegt bei 221.000 Euro. Die Klarstellung bezieht sich in erster Linie auf die kostspieligeren EU-Vergaben: Diese müssen im Ergebnis nicht-öffentlich behandelt werden.

Der Grund sind "schutzwürdige Interessen des Bieters". Denn sonst könnten Konkurrenten, die selbst keine Lust zum Bieten haben, aber mehr über die Preise der Konkurrenz wissen wollen, Kenntnis über die Kalkulationsgrundlagen eines Unternehmens bekommen.

Aber damit ist doch der Mauschelei in den Gremien Tür und Tor geöffnet, wenn die Öffentlichkeit ausgeschlossen wird?

Wernard: Nein, das sehe ich nicht so. Denn in dem digitalisierten Vergabeverfahren ist alles bis ins Kleinste digitalisiert und dokumentiert. Selbst wir als Behörde können Daten nur zu bestimmten Zeitpunkten einsehen. Nur die Bieter, die das Leistungsverzeichnis komplett ausfüllen, haben dann Einblick in die Angebotssummen. Sie sehen dann also auch die anderen Gebote der Mitbieter. Und sollte am Schluss ein Bieter, bei gleichwertigen Angeboten, auch nur um beispielsweise 10 Cent teurer sein als ein anderer, dann fällt er halt raus.

Da gibt es keinerlei Einwirkungsmöglichkeit mehr – für niemanden. Insofern ist eine mögliche Mauschelei ausgeschlossen. Aber andererseits bedeutet das höchst aufwendige Verfahren auch eine hohe Hürde. Denn ein kleiner Handwerker mit drei Angestellten tut sich mit dem komplexen und teuren Bieterverfahren schon schwer.

Und wie sieht es mit der Veröffentlichung von Baukosten dann generell aus?

Wernard: Wir sind immer um Transparenz und Offenheit bemüht. Aber die öffentlichen Verwaltungen dürfen dann wirklich nur noch bekanntgeben, dass ein Auftrag vergeben wurde – weder an wen noch für welche Summe. Ob diese Geheimhaltungspflicht dann auch noch drei Jahre später gilt, wissen wir selbst noch nicht.

Wir werden aber natürlich weiterhin über die Kostenberechnung und das Budget für ein Projekt berichten, und Über- oder Unterschreitungen darstellen. Dies muss aber so passieren, dass kein Unternehmen ausfindig gemacht werden kann. Offen gesagt, sehen wir selbst in dieser Sache auch noch nicht ganz klar.


Hier geht es zum Auftakt für die Bauarbeiten an der Kreisklinik Roth


 

Keine Kommentare