Von Wernfels nach Madagaskar

6.1.2019, 14:47 Uhr
Von Wernfels nach Madagaskar

"Wasser und Meer haben mich schon immer interessiert", sagt der heute 75-Jährige. Die maritim eingerichteten Räume auf seinem Anwesen spiegeln diese Vorliebe trefflich wieder. Da tummeln sich Meeresbewohner verschiedener Art, ein echtes Haifischgebiss ist zu bestaunen, an dem man sich auch heute noch verletzen kann, falls man es unachtsam berührt – die Zähne haben nichts von ihrer Schärfe verloren.

Eine ganze U-Boot-Flotte, Flaschenschiffe oder originale Positionslampen lassen hier das Seemannsherz höher schlagen. Die "kann man in Hamburg kaufen wie bei uns Autoteile," weiß Dorschner. Das Geweih eines majestätischen Wasserbüffels prangt an der Wand der Werkstatt, die er akribisch durchsortiert hat. Als Seefahrer weiß er, wie wertvoll Platz ist und dass auch das kleinste Raumangebot gut genutzt werden will.

Reisepass nachgeschickt

Als Jugendlicher hat er Mechaniker gelernt, dann zog es ihn zur Bereitschaftspolizei. Eigentlich wollte er zur Bundeswehr, doch das blieb ihm verwehrt. Der Hausfrieden hing damals öfter schief, bis er im Alter von 26 Jahren einen folgenschweren Entschluss fasst. "Ich habe mich einfach in den Zug gesetzt und bin nach Hamburg gefahren", sagt er lächelnd. Durchaus überstürzt, den Reisepass lässt er sich nachschicken.

Von Wernfels nach Madagaskar

© Fotos: Jürgen Leykamm

Es folgt die klassische Matrosenkarriere: Als Hafenarbeiter verdingt sich der Franke seine Fischbrötchen. Dann der vermeintliche Absprung in die große weite Seefahrerfeld: "Ich hätte da einen Dampfer für Dich", bekommt er zu hören. Doch der Ozeanriese erweist sich als Küstenmotorschiff, zudem auch noch chronisch überbeladen. Mit Fracht an Bord "spitzten da bloß noch die Masten aus dem Wasser".

Dorschner geht noch einmal in sich, macht Urlaub zu Hause. Dann zieht es ihn wieder in die Ferne. Aber jetzt hat er einen dicken Fisch an der Angel. Unter der Flagge der Poseidon-Reederei geht es auf hohe See. Unter anderem mit der "Transpacific", bei deren letzter Fahrt nach Neufundland er dabei war. Ihr Schicksal? "Sie ist abgesoffen", so Dorschner lakonisch.

Als rechte Hand des Ingenieurs geht es von Schiff zu Schiff, vier Jahre ist er in der ganzen Welt unterwegs. Nur ins ganz ferne Asien schafft er es nicht. Er muss sich entscheiden – für die Liebe oder für den großen Auftrag aus dem Reich der Mitte. Der Seebär setzt die Segel nicht Richtung Shanghai und landet stattdessen im Ehehafen.

Von seiner ersten Frau ist er aber längst geschieden. Mit der jetzigen Ehefrau Grete hat er aber bereits elften Hochzeitstag gefeiert. Die Passion ihres Mannes ist ihr auch schon mal zu viel geworden. "Immer dann, wenn ich schwer bepackt von einem Trödelmarkt heimgekommen bin", so der Gatte.

Das Ergebnis beeindruckt. Der Hauptraum seiner Sammelleidenschaft zeugt nicht nur von Akribie und Liebe zum Detail, auch die Sinne werden bedient: Es blitzt, eine Schiffssirene ertönt, typische Hafenklänge sind zu hören, eine Schritt für Schritt sich aufbauende Beleuchtung sorgt für "Ah"- und "Oh"-Effekte. Hier ist eine andere Welt. Und hier gibt es einen Blick auf unerfüllte Träume. Ein Video zeigt Schwimmer bei den Bahamas, die sich zwischen Haien tummeln. "Ich würde da sofort hinunter tauchen." Sagt Dorschner, der sowohl an Parkinson wie an den Folgen einer Brustwirbelverletzung leidet.

Er ist dabei kein Sprücheklopfer. Erst vor wenigen Monaten hat er sich wieder mal aus dem Flugzeug gestürzt, um via Tandemsprung die Welt von oben zu betrachten, bevor der Fallschirm aktiviert wird. Es war sein 16. Erlebnis dieser Art! Ein bisschen Werbung fürs Spalter Bier und den amtierenden Bürgermeister mit CSU-Parteibuch hat er bei der Gelegenheit auch gemacht. Beim Rafting in der Türkei blühte er ebenfalls auf.

Doch all das kann die Seefahrt nicht ersetzen. Vom "Rost klopfen" auf seiner ersten Reise bis zum gefährlichen "Kolben ziehen auf hoher See". Der Karabinerhaken an den Hosenträgern hat dabei schon manchem Seemann das Leben gerettet. Und natürlich ging es in den vier Jahren auch gern mal nach Madagaskar: "Aber die Pest hatten wir nicht an Bord...".

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