Vortrag: Ist Esoterik immer "rechts"?

10.10.2020, 16:04 Uhr
Vortrag: Ist Esoterik immer

© Tschapka

Die drei Erwachsenenbildungsträger, VHS im Landkreis Roth, das Evangelische Bildungswerk Schwabach und die Katholische Erwachsenenbildung Roth-Schwabach veranstalten unter dem Motto "Drei für Demokratie" eine Vortragsreihe, um für die Demokratie, ihre Errungenschaften und deren Bewahrung zu werben. Petra Winterstein, die Leiterin der VHS im Landkreis Roth, begrüßte die Gäste in der Hilpoltsteiner Residenz zum ersten Vortrag "Rechte Tendenzen in der Esoterik".

Bevor der Referent, Dr. Matthias Pöhlmann, der Beauftragte für Sekten- und Weltanschauungsfragen der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern, ans Mikrofon trat, betonte auch Hilpoltsteins Bürgermeister Markus Mahl als Vorsitzender des Zweckverband Volkshochschule im Landkreis Roth, wie wichtig es sei, die Demokratie zu schätzen und zu schützen. "Denn im Rahmen der Coronakrise, die uns alle getroffen hat, wurden auch bei uns Stimmen laut, die mit zum Teil demokratiefeindlichen Thesen die Einschränkungen kritisieren."

Im Vortrag machte Pöhlmann zunächst klar, dass nicht jeder, der sich mit Esoterik beschäftigt, automatisch rechts sei. "Aber es gibt vermehrt inhaltliche Überschneidungen", gab er zu bedenken. Er zitierte den Schweizer "Esoterik-Star" Christina von Dreien (Jahrgang 2001), laut dem "die Wahrheit der heutigen Welt nicht im Außen, sondern in unserm Inneren zu finden" sei. Die Konsequenz daraus sei die Abkehr von wissenschaftlichen Fakten, die einen offen mache für Verschwörungstheorien. "Wobei mir das fast zu wissenschaftlich klingt, ich spreche lieber von Verschwörungsmythen oder -glaube", so Pöhlmann.

Krude Weltanschauungen

Diese Gefahr des Abrutschens in krude Weltanschauungen sollte man nicht unterschätzen, denn die Esoterik-Branche setzte im Jahr rund 15 bis 20 Milliarden Euro um. "Zum Vergleich: In Bayern liegt der Umsatz der Bierbrauereien gerade einmal bei acht Milliarden", so Pöhlmann. "Die Esoterik ist also längst zum Alltagsphänomen geworden."

Anschließend stellte er ein paar "Vordenker" der Esoterik-Branche vor, in deren Gedankenwelt die Besucher ein Stück eintauchen konnten. Dabei gibt es durchaus auch ein paar amüsante Vertreter, wie etwa den Kroaten Braco, durch dessen Blick alleine seine (zahlenden) Fans Ruhe, Frieden und Liebe finden sollen.

"Ein geniales Geschäftsmodell", findet Pöhlmann. Der Neo-Druide "Burgos von Buchonia" sieht in seinem keltischen Kostüm zwar ein bisschen aus wie Miraculix bei Asterix, doch bei einer Hausdurchsuchung habe man Schusswaffen sichergestellt, und da höre der Spaß auf. "Er soll der Kopf einer Reichsbürgerbewegung sein, die die Bundesrepublik nicht anerkennen. Seit den tödlichen Schüssen in Georgensgmünd auf einen Polizisten kann man nicht mehr von ein paar wenigen Spinnern sprechen."

"Digitale Echo-Kammern"

Zumal das Internet sein Übriges dazu tut. "Die sozialen Medien, in denen sich Gleichgesinnte zusammenfinden, funktionieren wie digitale Echo-Kammern", so der Experte. Als Beispiel nannte er den Internet-TV-Sender "Nuo-Viso", in dem auch rechtsgerichtete Ideologien eine Plattform finden. Inzwischen haben auch richtige Treffen immer mehr Zulauf, wie etwa der "Regentreff", bei dem regelmäßig Verschwörungsgläubige in Regen (Bayerischer Wald) zusammenkommen.

Begonnen im Jahr 1986 als eine Art Stammtisch für Ufo-Gläubige, habe sich die esoterisch inspirierte Teilnehmerschaft inzwischen deutlich nach rechts verschoben. So wird dort unter anderem auch über die "Germanische Neue Medizin" des bereits verstorbenen Arztes Ryke Geerd Hamer referiert, dem antisemitische Ansichten und sogar die Verleugnung des Holocaust vorgeworfen werden.

Ein weiteres Beispiel von solchen Zusammenkünften ist die "Anti-Zensur-Koalition" (AZK) des Schweizer Sektengründers Ivo Sasek von der "Organischen Christus-Generation" (OCG), bei der pseudowissenschaftliche oder völlig absurde Hypothesen verbreitet werden, die in normalen Medien (nicht ohne Grund) keine Beachtung finden, und deswegen angeblich "zensiert" werden.

Angst vor der Zukunft 

Was die großen Corona-Demos der jüngsten Vergangenheit angeht, betont Pöhlmann, dass dort natürlich nicht nur Verschwörungsgläubige unterwegs seien, sondern auch ganz normale Menschen, die einfach nur Angst vor der Zukunft haben. Trotzdem rät er dringend zu einer "Abstandsregel" zu den Veranstaltern.

So soll der Pressesprecher Stephan Bergmann von "Querdenken 711" wiederholt betont haben, dass man sich nicht spalten lasse, es gäbe weder links oder rechts. "Wer jedoch so argumentiert, kann sich nicht glaubhaft von rechtsextremistischen, antidemokratischen und antisemitischen Vorstellungen distanzieren", ist Pöhlmann überzeugt.

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