Wahlkampf in Zeiten von Corona

20.3.2020, 16:34 Uhr
Wahlkampf in Zeiten von Corona

© Foto: Johann Schrenk

Noch einmal zwei Wochen lang Vollgas geben und zum Beispiel Brezen ans Wahlvolk verteilen? "Das haben wir vorher schon gemacht", sagt Bürgermeister Thomas Schneider. In der vergangenen Woche stand sein Team der Freien Wähler früh um 4.20 Uhr am Bahnhof von Mühlstetten und bedachte die Frühpendler mit frisch gebackenen Laugenbrezen.

Diese Idee hat Schneider noch rechtzeitig in die Tat umgesetzt, bevor die zwischenmenschlichen Abstandsregeln auf zwei Meter erhöht wurden. Und vom Vollgas hält er auch nicht viel: "Man muss bedenken, dass nach zwei Monaten Werbung ein gewisser Sättigungsgrad erreicht ist."

Wahlkampf in Zeiten von Corona

© Foto: Johann Schrenk

Schneider ist vom ersten Wahlergebnis – mit 45,1 Prozent lag er knapp ein Prozent hinter seinem Herausforderer Riedl – "ein wenig ernüchtert und auch etwas frustriert". Deshalb hoffe er, dass die Bürger in den nächsten Tagen "doch noch reflektieren", wie der Ort durch ihn, Schneider, in den letzten Jahren verändert worden sei und "wem sie das zu verdanken haben". Also fragt er: "Ergibt es Sinn, einen erfahrenen Kapitän auszutauschen gegen einen jungen, unerfahrenen?"

Über die Form der weiteren Werbung diskutiere man bei den Freien Wählern noch, "zu einem Infostand kommt ja niemand". Wahrscheinlich nutze man für die letzten Tage vorwiegend die sozialen Medien und drucke weitere Publikationen.

Trotzdem werde er bei den Wählern wohl nicht mehr korrigieren können, "dass manchmal nicht die ganze Geschichte erzählt wird". Ein Beispiel nennt Schneider: So hätten Gemeinderäte kritisiert, keine Informationen aus Sitzungen zu bekommen. "Aber wir informieren über unser digitales Portal, andere Infos gibt es nicht." Als ein Ratskollege beklagte, dass er in dem Portal keine Texte finde, habe Schneider ihm geraten, den Suchbegriff richtig zu schreiben – "und schon war der Text da".

Er aber sei Demokrat und werde es natürlich akzeptieren, wenn die Röttenbacher ihn in Pension schicken sollten. Allerdings, so ergänzt er nur halb belustigt, "müssen diejenigen, die mich in Pension schicken, sie dann auch bezahlen".

Christian Riedl, der gerade 31 Jahre junge Herausforderer von der CSU, hat bei der Wahl vor einer Woche im ersten Anlauf 46 Prozent Zustimmung eingefahren und liegt damit vor dem Amtsinhaber. "Vielleicht erträumt und erhofft" habe er das Ergebnis, aber erwartet? Nein.

"Trotzdem ist damit noch nichts gewonnen", das weiß Riedl natürlich auch. Eigentlich würden er und sein Team von der CSU noch Infostände anbieten und Hausbesuche machen. Doch daraus wird jetzt nichts mehr, Corona hat auch die Wahlkämpfer vor eine neue Situation gestellt. "Ein Flyer kommt auf jeden Fall noch", betont Riedl. Darüber hinaus setzt der junge Schreinermeister auf "Mund-zu-Mund-Propaganda" – nicht wörtlich natürlich, sondern über WhatsApp oder Facebook, über Gespräche in den Familien. Denn auch wenn "66 Prozent Wahlbeteiligung schon in Ordnung sind, hat doch ein Drittel der Leute nicht gewählt". Dieses Drittel zu erreichen, "wird sehr schwer", weiß er. Aber er wills versuchen. Einen Trumpf sieht er auf seiner Seite: "Ich hab nichts zu verlieren, ich kann nur gewinnen."