Was ist mit der Sozialbetreuung für Flüchtlinge?

1.10.2014, 17:19 Uhr
Was ist mit der Sozialbetreuung für Flüchtlinge?

Die Situation ist grotesk, findet Edgar Griese: „Keiner weiß was – und wir am allerwenigsten.“ Eigentlich müsste bei ihm und dem ehrenamtlichen Helferkreis ein Hilferuf nach dem nächsten eingehen, stattdessen muss er bei Regierung und Ministerium nachfragen – und bekommt unzureichende Antworten.

Griese hat die ersten sechs Wochen der Flüchtlingsgemeinschaftsunterkunft im Sieh-Dich-Für-Weg in Roth noch lebhaft in Erinnerung: „Da gab es — außer dem Hausmeister — noch keine soziale Betreuung.“ Denn die Regierung habe sich mit der Suche und Auswahl des sozialen Trägers „Zeit gelassen“. Sechs Wochen habe es gedauert, bis die Betreuung in Gang kam. „Für uns war das ein echter Durchhänger“, erinnert er sich an den Dauereinsatz der ehrenamtlichen Helfer.

„Genau das will und kann der Kreis nicht noch einmal durchmachen“, so Edgar Griese. Denn für die bis zu 150 Flüchtlinge, die am kommenden Montag in der Kaserne eintreffen werden, gelte: Gerade sind sie aus Bürgerkriegsgebieten über abenteuerliche, teils lebensgefährliche Fluchtwege erschöpft und übernächtigt hier angekommen, „da muss jemand für sie da sein“, sagt Griese, ihnen zuhören, ihnen die Wege zu Behörden und zu Ärzten zeigen, „und man muss sie vertraut machen mit der völlig neuen Umgebung“.

„Wir machen das ja“, sagt Griese, aber dass die Helfer erst keine Informationen bekommen, dass sie dann aber „auf Abruf“ und „auf ein Fingerschnippen hin Gewehr bei Fuß stehen sollen“, das „können wir nicht mehr leisten“.

Deshalb wandte Griese sich vor wenigen Tagen an die Regierung von Mittelfranken. Nicht sie, sondern das Sozialministerium sei für die soziale Betreuung zuständig, wurde ihm jedoch schriftlich mitgeteilt, allerdings mit dem Zusatz, dass „eine offizielle Betreuung nicht von Beginn an zur Verfügung stehen könne“. Daher sei das ehrenamtliche Engagement „in jedem Fall erwünscht, sogar erforderlich und keineswegs unangebracht“.

Grieses praktische Fragen vom Zugang der Ehrenamtlichen auf das Kasernengelände bis zu Lagermöglichkeiten für gespendete Kleidung wollte der Sachbearbeiter noch mit Griese selbst besprechen, bis gestern kam es aber nicht dazu, obwohl er den heutigen Donnerstag als Ankunft der ersten 100 bis 150 Flüchtlinge „realistisch“ nannte.

Was Griese noch erfuhr: Die Kaserne werde langfristig als Dependance von Zirndorf betrieben, solle aber wegen der aktuellen Ereignisse schon vor der Fertigstellung als Notunterkunft in Betrieb genommen werden.

Um die Bestätigung dieser Angaben bat dann auch unsere Redaktion bei der Regierung. Nachfragen dürfen seit Wochen nur in schriftlicher Form gestellt werden, schriftlich werden sie auch beantwortet, bislang allerdings wenig konkret. So wurde gestern nur der Montag als Ankunftstag der Flüchtlinge mitgeteilt — und für heute zum Pressegespräch geladen.

Über das CSU-Bürgerbüro in Roth hatte Griese sich noch an das bayerische Sozialministerium gewandt. Dort wurde seine Frage nach der Sozialbetreuung über das Büro von MdL Volker Bauer schriftlich beantwortet: Die Diakonie Roth-Schwabach werde die Sozialbetreuung nach dem ersten Ankommen der Asylbewerber „in der kommenden Woche“ übernehmen.

Und: Trotz der Zugangskontrollen auf dem Kasernengelände — das Offizierskasino und fünf Mannschaftsgebäude werden gerade mit einem einen Kilometer langen Zaun vom Rest des Areals abgegrenzt — solle es „Helfern grundsätzlich gestattet sein, in das Gelände zu gelangen“.

Der Helferkreis um Edgar Griese bleibt damit immer noch in Wartestellung. „Nach den Erfahrungen im Sieh-Dich-Für-Weg waren wir am Rand unserer Leistungsfähigkeit. Ich befürchte, dass es wieder so sein wird. Das aber kann nicht im Sinn der neuen Asylpolitik sein.“

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