Welttag der Hauswirtschaft: "Das bisschen?"

21.3.2021, 12:00 Uhr
Welttag der Hauswirtschaft:

© Foto: Esther Grebien

Klingt wie ein Witz, ist aber keiner. Um 1900 stand der Einsatz für die hauswirtschaftliche Bildung von Frauen nämlich ganz oben auf der Agenda früher Feministinnen: Lehrbücher wurden geschrieben, Haushaltsschulen gegründet und Gemeinschaftsküchen angedacht. Der Dreiklang "Kochen, Putzen, Waschen" tönte plötzlich professioneller – weil auch eine Note von Unabhängigkeit mitschwang.

Frau forderte mehr Anerkennung und Effektivität für ihr Tun, sodass sich in den 1920er Jahren die praktische Einbauküche aus diesem Postulat entwickelte. Ab den 50ern hielt schließlich der technische Fortschritt Einzug ins traute Heim – und mit ihm Staubsauger, Kühlschrank, Waschmaschine. Man(n) darf getrost annehmen, dass es vor allem emanzipierte Damen waren, die solche "Helferlein" für sich reklamiert hatten. Themen wie Vollwertkost, Energiesparen oder Abfallrecycling flankierten indes während der 1980er Jahre den Küchentisch.

Und heute? Habe sich nichts daran geändert, dass die Hauswirtschaft im gesellschaftspolitischen Diskurs ein wichtiges Wörtchen mitzureden habe. Aktuell vermittle dieser Sektor schließlich "elementare Verhaltensweisen, um zur Rettung unserer Erde beizutragen. Stichwort: Nachhaltigkeit".

Herzensangelegenheit

Die das im Brustton der Überzeugung sagt, heißt Hannelore Täufer. Am 7. November vergangenen Jahres ist die Rotherin relativ unbemerkt zur Landesvorsitzenden der – jetzt wird´s sperrig – "Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Haushaltsführungskräfte des Deutschen Evangelischen Frauenbundes e.V., Förderkreis Bayern" (kurz: AEH) gewählt worden. Weil ihr die Hauswirtschaft "mit all ihren Problemstellungen, aber vor allem ihren Chancen" am Herzen liege. Schon immer.

Und drum sei sie sauer. "Das bisschen Haushalt ist doch kein Problem?! Solche Sätze machen mich echt wütend", insistiert sie zum "Welttag der Hauswirtschaft", der seit 1982 – immer am 21. März – eher leise übers gebohnerte Parkett geht.

Obschon hauswirtschaftliche Arbeitsfelder das Zeug zu beruflicher Emanzipierung böten, würden sie seit Langem ein Nischendasein fristen, ja, als Profession gar belächelt werden. "Die meisten – und leider gerade junge Menschen – haben die attraktiven Berufsbilder der Hauswirtschaft überhaupt nicht auf dem Schirm", beklagt Hannelore Täufer. Ihr Appell: "Das muss sich ändern!"

Die 66-Jährige weiß, wovon sie spricht: Sie selbst hätte ehedem jung geheiratet, eine Familie gegründet. So sei´s früher üblich gewesen. Doch dann kam die Scheidung und mit ihr die Frage, "wie eine Mutter von zwei Kindern beruflich wieder Fuß fasst".

Täufer entschied sich für eine hauswirtschaftliche Qualifizierung, die sie in Teilzeit stemmte. Auf diese Weise erwarb sie den Gesellinnen-, anschließend den Meisterinnenbrief und schulte sich damit zur Fachlehrerin weiter. "Mein Traumberuf!", insistiert die Pensionärin noch heute. Deshalb rät sie vor allem Frauen, die nach der Familienphase lieber schwarz arbeiten gehen und damit ihre Rentenansprüche vom Tisch wischen, "sich das gut zu überlegen".

Denn der Zugang zur professionellen Hauswirtschaft sei prinzipiell niedrigschwellig. Konkret: Wer mindestens drei Jahre einen eigenen Haushalt geführt hat, kann bereits an den Qualifizierungskursen teilnehmen, wie sie etwa die Landwirtschaftsschulen bieten. Eine andere Marschroute sei´s, nach dem Schulabschluss die zweijährige Vollzeit-Ausbildung an einer Fachschule zu absolvieren.

So oder so. Wer auf dem Hauswirtschaftssektor tätig werden möchte, dem eröffneten sich viele Alternativen, untermauert Täufer: Ob in Privathaushalten oder in Einrichtungen wie Senioren- und Behindertenheimen – Hauswirtschafterinnen beziehungsweise Hauswirtschafter (auch die gebe es inzwischen) putzen, kochen, waschen. Das, ja. Aber sie organisieren auch das Versorgungsmanagement großer Firmen, bilden an Schulen aus oder beraten, beispielsweise als Diätassistentinnen. "Nur leider kommt das in der Gesellschaft kaum an."

Weg mit dem Negativ-Image!

Also will Hannelore Täufer mit dem Negativ-Image der Hauswirtschaft aufräumen. Zum Beispiel durch Impulse wie diesen: "Mein Zuhause – meine Nachbarn – unser Quartier". So lautet das Motto des Welthauswirtschaftstages 2021. Ein Motto, das die Allgegenwart hauswirtschaftlicher Tätigkeiten spiegle, aber auch ihre verbindende Kraft innerhalb der Gesellschaft und ihr Zukunftspotenzial, wie Hannelore Täufer erläutert.

Gerade in einer Ära, in der die Bevölkerung zunehmend ergraue und Familien- sowie Arbeitszeitmodelle individueller würden, liege es auf der Hand: "Die Nachfrage nach qualifizierter Unterstützung in privaten Haushalten oder in Betriebshaushalten wird noch größer werden".

Solche "haushaltsnahen Dienstleistungen" wären daher auch Gegenstand diverser Planspiele, wie sie aktuell auf Bundesebene angeste llt werden. Deren Ziel: junge Familien, Alleinerziehende und die ältere Generation dereinst zu Hause zu entlasten, indem ihnen der Staat ein Kontingent entsprechender Leistungen gewährt "für die Grundreinigung der Wohnung, fürs Waschen der Wäsche, die Nahrungszubereitung ..." – was auch immer: "Dafür braucht´s Personal! Das sind die krisenfesten Jobs von morgen", ist Hannelore Täufer überzeugt.

Sie selbst wolle nicht müde werden, all diese Aspekte als neue AEH-Vorsitzende in die Öffentlichkeit zu tragen. Mit Veranstaltungen und Vorträgen in ganz Bayern. Sobald Corona das zulasse. Aber auch Antworten auf drängende Fragen des Zeitgeists möchte sie dann aus hauswirtschaftlicher Perspektive geben: "Wie vermeide ich Plastik im Haushalt?", "Wie kann bewusster Fleischgenuss gelingen?" oder "Wie viel Reinigungsmittel verträgt die Umwelt?".

Das bisschen Haushalt? "Von wegen", meint eine selbst ernannte "Überzeugungstäterin". – "Hauswirtschaft! Das ist ein Berufsfeld mit ganz viel Potenzial ..."

https://aeh.def-bayern.de

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