Wissen macht den Frauen Mut

18.5.2016, 14:57 Uhr
Wissen macht den Frauen Mut

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Kein Freifahrtschein für einen neuen Job. Aber in jedem Fall das sichtbare Zeichen, wesentliche Grundlagen gelegt und damit den ersten wichtigen Schritt in die richtige Richtung gewagt zu haben. Darin waren sich die Projektträger bei der Abschlussfeier dieser dritten Seminar-Auflage einig.

Die einen hatten sich bewusst eine berufliche Auszeit genommen, um für die Kinder da zu sein; anderen war die Pflege der Eltern wichtiger als die eigene Karriere; manche haben genug davon, sich mit Aushilfsjobs ein Zubrot zu verdienen und wollen jetzt etwas „Vernünftiges“ machen; oder sind aus den unterschiedlichsten Gründen plötzlich finanziell auf sich selbst gestellt.

Vom PC-Neuling bis zur ehemaligen Software-Entwicklerin, mit den unterschiedlichsten Schulabschlüssen und Berufserfahrungen als Hintergrund, war es ein wirklich gemischter „Haufen“, der sich im Februar zur ersten Seminarstunde traf – und jetzt als geschlossenes Team das Seminar abschloss; jede Einzelne mit mehr Selbstbewusstsein und vor allem mit mehr Wirtschaftswissen für bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt.

Grübeln über Word- und Excel-Befehle, Bewerbungstraining und Zeitmanagement-Schulung, Informationen über Arbeitsrecht und Kommunikation – es war eine breite Themenpalette, die von den Frauen in den Theoriestunden unter fachkundiger Leitung „beackert“ wurde. Nicht zu vergessen das integrierte, vierwöchige Betriebspraktikum, das den Teilnehmerinnen ermöglichte, die Arbeitswelt kennenzulernen, wie sie heute tickt.

Nicht immer einfach, wenn man sich seit Jahren in erster Linie dem „Familienmanagement“ verschrieben hat. Aber „wertvoll und hilfreich“, um für sich selbst besser entscheiden zu können, was man künftig will. Oder eben nicht will, bestätigten die Seminaristinnen, die damit den Trägern und Trägerinnen von „Neuer Start für Frauen“ Recht geben.

Dahinter stehen neben dem Landkreis Roth (Gleichstellungsstelle/Kreisentwicklung) und der Volkshochschule Stadt und Landkreis Roth, die Arbeitsagentur sowie das Jobcenter Roth und als Fördermittelgeber das Bayerische Arbeits- und Sozialministerium.

Eigenen Weg finden

Bewusst ist diese Qualifizierungsmaßnahme als „Orientierungsseminar“ konzipiert und nicht explizit als reine berufliche Fortbildung. Weil es Frauen dabei unterstützen will, ihren eigenen Weg zu finden, wenn sie nach langer Pause wieder in den Beruf – vielleicht sogar in einen ganz anderen als den ursprünglich gelernten – zurückkehren wollen bzw. müssen.

Wie die 53-jährige ehemalige Krankenschwester, die einem Alltag mit Schicht- und Wochenenddienst den Rücken kehren möchte. Ein Praktikum in der Comenius-Schule Hilpoltstein („Ohne dieses Orientierungsseminar hätte ich mich dort nie anfragen trauen“) geriet zum Glücksfall. Ihr gefiel diese Form der Arbeit im sozialen Bereich – und bereits im Juni wird die Schule sie als Aushilfskraft beschäftigen.

Eine kleine Erfolgsgeschichte, die allerdings in dieser Form die Ausnahme ist. Auch das wurde bei der Zertifikatsübergabe deutlich. Eine „größere Bereitschaft der Firmen, Praktikantinnen im fortgeschrittenen Alter zu nehmen – und vielleicht später auch zu beschäftigen“, war ein Wunsch, der aus der Gruppe laut wurde. Und: „Es müsste einfach noch mehr Teilzeit-Stellen geben. Da schaut’s echt schlecht aus“, haben eine ganze Reihe der Frauen bereits erfahren müssen.

„Geben Sie nicht auf. Lassen Sie sich nicht entmutigen. Es wird nicht alles gleich von Anfang an klappen. Nicht bei den Bewerbungen und vielleicht auch später nicht, wenn Sie eine Stelle gefunden haben, gab Landrat Herbert Eckstein unumwunden zu. „Leicht ist es nicht. Das weiß ich. Aber bleiben Sie dran!“

Ähnlich sprachen auch die VHS-Leiter Arne Zielinski und Karin Duman-Geiß sowie die Vertreterin der Arbeitsagentur, Walburga Bauernfeind, den Frauen Mut zu. Gleichzeitig nutzten sie ebenso die Gelegenheit, an die Firmen und Betriebe zu appellieren, sich noch mehr als bisher für die „stille Reserve“ des Arbeitsmarktes – dazu zählen gerade die Frauen nach der Familienpause – zu öffnen.

Ob dieser Wunsch auf offene Ohren stößt, wird sich erst in den nächsten Wochen und Monaten zeigen. Dann nämlich, wenn der aktuelle Seminarjahrgang konkret auf Jobsuche geht. Auf „50 Prozent Vermittlungsquote in feste Stellen“ konnte Walburga Bauernfeind verweisen. „Ein guter Wert“, betonte sie, zumal nicht alle Seminarteilnehmerinnen unbedingt gleich voll in den Beruf einsteigen wollen.

Wie beispielsweise eine 54-jährige Hilpoltsteinerin, die erst für die Kinder da war und dann zehn Jahre ihre Eltern gepflegt hat. „Ich werde erst meine PC-Kenntnisse vertiefen. Da bin ich noch nicht sattelfest genug.“ Oder wie die frühere Software-Entwicklerin, die nun auf eine freie Stelle bei ihrem früheren, großen Nürnberger Arbeitgeber hofft. „Irgendwo in der EDV-Administration“.

Wünsche und Hoffnungen, Aufbruchstimmung und die Angst vor Enttäuschungen – am Ende von „Neuer Start für Frauen“ sind die Perspektiven der Seminaristinnen so unterschiedlich wie der bisherige Werdegang. Landrat Ecksteins Rat und Bitte: „Sie gehören zu denjenigen, die erkannt haben, dass sie selbst aktiv werden müssen, wenn sie etwas ändern wollen. Das haben Sie vielen Anderen schon voraus. Beißen Sie sich durch. Sie können das schaffen!“

Auch im nächsten Frühjahr wird es voraussichtlich ein weiteres Seminar „Neuer Start für Frauen“ geben. Weitere Informationen gibt es unter anderem bei Seminarleiterin Karin Duman-Geiß (VHS Stadt Roth), Tel. (0 91 71) 9 89 83-0, Mail: info@vhs-roth.de

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