Salafisten in Franken: Die schlafende Gefahr

31.1.2014, 06:00 Uhr
Pierre Vogel ist der wohl in Deutschland bekannteste Salafist. Bei weitem aber nicht der Einzige.

© dpa Pierre Vogel ist der wohl in Deutschland bekannteste Salafist. Bei weitem aber nicht der Einzige.

Der Mann mit der Bombe hieß Cüneyt C., war ein Deutsch-Türke und lebte bis zu seinem Tod vor fünf Jahren in Ansbach. Sieht man von der Familie ab, die die Entwicklung des jungen Mannes zum hasserfüllten Gotteskrieger vielleicht hätte mitbekommen können, lebte er offenbar völlig unauffällig. Erst nach seinem Tod stellte sich heraus, dass er längst zu einer Terrorzelle der „Islamischen Dschihad Union“ gehörte, die zu den extremsten Islamistengruppen zählt. Gelegt wird die Saat auch in der Region um Nürnberg herum auf vielschichtige Weise.

Erst vor ein paar Tagen hat die NZ den Versuch von Izudin Jakupovic beschrieben, in der Moschee an der Hessestraße als Lehrer der besonderen Art tätig sein zu dürfen. Die Verantwortlichen der Islamischen Gemeinde hatten sein Ersuchen abgelehnt. Bekommen hätten sie den fundamentalen Hass eines Predigers, der zum Heiligen Krieg aufruft. Izudin Jakupovic lebte schon früher an mehreren Orten im Großraum, etwa in Treuchtlingen und Pappenheim.

Dazwischen schlug er sein Lager immer wieder in Ulm auf. Dieser Hassprediger mit Affinität zu Franken ist nur ein Rad im Getriebe eines undurchsichtigen Geflechts an Glaubensgruppen, Vereinen und Gemeinschaften, in denen die Rekrutierung des militanten Gotteskrieger-Nachwuchses beginnt.

Geheime Konferenzen in Nürnberg

Izudin Jakupovic ist Salafist. Nicht alle Salafisten predigen den Heiligen Krieg, aber ein erheblicher Teil bleibt im Raster der Gewalt hängen. Erkennbar wird dies durch die Welle an freiwilligen Kämpfern, die zur Zeit von Deutschland aus nach Syrien schwappt. Etwa 20 Extremisten davon stammen nach Behördeneinschätzung aus Franken.

Bei Salafisten genießt Nürnberg offenbar einen guten Ruf. Erst vor zwei Jahren fand in einer Nürnberger Moschee eine geheime Konferenz führender Salafisten statt. 80 Teilnehmer aus halb Europa versammelten sich. Die Brisanz dieses Treffens erschließt sich aus dem Verfassungsschutzbericht .

„Besonders auffällig“, steht dort, „war die radikale Ausrichtung der anwesenden Prediger und die Zusammensetzung des Teilnehmerkreises, der sich in hohem Maß aus Personen aus dem islamistisch-terroristischen Umfeld rekrutierte“. Mit zum Treffen der erlesenen Terror-Jünger zählte auch Denis Cuspert alias Abou Maleeq aus Berlin, einst der angesagte Gangster-Rapper „Deso Dogg“, inzwischen zum Islam konvertiert und Hardcore-Salafist. Er ruft zu Gewalt auf und transportiert mit seiner Musik und seinen Reden den Hass gegen die Ungläubigen, zielgruppenorientiert auf High-Tech-Level. Die Einschätzung durch die Behörden: „Die Verbreitung derartigen Gedankenguts durch prominente salafistische Akteure bietet Nährboden für eine islamistische Radikalisierung und die Teilnahme am Heiligen Krieg.“

Nach Informationen des Landesamts für Verfassungsschutz gehört auch Cuspert zu den Gotteskriegern, die nach Syrien reisten. „Er wurde nach unseren Erkenntnissen aber im letzten Jahr bei Kampfhandlungen schwer verletzt“, erklärt Markus Schäfert vom Bayerischen Landesamt.

"Die Zahl radikaler Anhänger ist ansteigend"

Seine Behörde beobachtet mit Sorge die wachsende Bedeutung der Salafisten. „Es wäre sicherlich falsch, jeden Islamisten als potenziellen Terroristen anzusehen“, sagt Schäfert, „aber von den 500 in Bayern lebenden Anhängern geht eine Gefahr aus. Ihr Gedankengut ist einfach zu extrem, nicht hinnehmbar“. Nach Erkenntnissen der Verfassungsschützer versucht derzeit der Imam der „Taquwa“-Moschee in Bayreuth eine Salafisten-Struktur im Nordosten Frankens aufzubauen. Schäfert: „Wir beobachten das mit Sorge und sehr aufmerksam.“ Das Ergebnis der langjährigen Beobachtung extremistischer Strukturen mit religiösem Hintergrund ist eindeutig. „Die Zahl der radikalen, zu Gewalt neigenden Salafisten ist deutlich ansteigend“, sagt der Sprecher der Verfassungsschutzbehörde.

Besonders intensiv fielen die Beobachtungen nach dem 11. September 2001 aus. Es gab Hinweise darauf, dass Mohammed Atta, der eine der beiden Passagiermaschinen in das World Trade Center gesteuert hatte und der als der Kopf der Teroristenbande galt, sich mindestens zweimal in Nürnberg aufgehalten hatte. Hatte er hier Unterstützer?

Ein Autohändler aus der Nordstadt bekommt noch jetzt Gänsehaut. „Als ich nach dem 11. September zum ersten Mal die Gesichter der Attentäter im Fernsehen sah, stockte mir der Atem“, erinnert er sich. Den Kaufvertrag für einen Mercedes, den Atta mit vollem Namen unterschrieb, übergab der Autohändler der Polizei. Später meldete sich auch noch ein Taxifahrer, der mehrere Männer nach Hamburg chauffiert hatte. Dort lebten Attah und seine Terror-Helfer, und der Taxifahrer ist sich ganz sicher, dass sie es waren. Auskünfte der Behörden dazu gibt es nicht. Die Akten gelten als Verschlusssache.

3 Kommentare